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Mit Louis Fan relativ prominent und für den (ehemaligen?) Hongkong-Zuschauer auch zugkräftig, d.h. interessant besetzter Actionthriller als Ausweich- und Ersatzmöglichkeit für fehlende lokale Erzeugnisse, ist das einstmals blühende und gerade auch für das westliche Publikum interessante Genre mit all seinen Varianten und Variationen mittlerweile nahezu gänzlich in die Volksrepublik China abgewandert und wird innerstädtisch eher mit Erzeugnissen aus dem Bereich Drama oder Komödie gearbeitet, da mit Erfolg allerdings. Fan ist für beides nicht geeignet bzw. hat beides nicht oder kaum bedient, er gilt als Mann für die Taten, als Kraftprotz, als Martial Arts Recke, von klein auf durch den Vater Fan Mei-Sheng, einen Shaw Brothers (Neben)Darsteller mit dem Geschäft bekannt und vertraut, was dann beiderseitig, von der Leinwand oder der Mattscheibe zum Auditorium und zurück dann gilt. Frühzeitig auch mit dem B-Picture (oder dem C-Picture, wenn man sich die Filmografie einmal ansieht) Bekanntschaft gemacht, wird der Darsteller mit dem Streaming Only Titeln vielleicht sogar so etwas wie einen zweiten Höhenflug haben, mittlerweile wird auch dort (und in ihn) investiert und der Markt nach Qualität gefiltert, es zählt nicht mehr allein die Masse, man muss auch daraus herausstechen, um die Abonnenten langfristiger zu binden:

Der Kickboxer Lin Feng [ Louis Fan ] wird wegen Verweigerns von Wettbetrug von den Männern des Veranstalters und Gangsters Cha Cai [ Jeff Liu ] gejagt, und scheinbar totgeglaubt 'den Fischen übergeben'. Lin hat zwar überlebt, allerdings vorübergehend das Gedächtnis verloren, und wird von Fai Lai [ Liu Haoyan ], einem Bauunternehmer, der ebenso Ärger mit Cha hat, gefunden und aufgepäppelt. Währenddessen untersuchen auch die Polizisten um Sergeant Xi LiLa [ Li Mengmeng ] die Machenschaften des Gauners, der mit dem nächsten Boxer Da Jinya [ Yang Zheng ] das gleiche unlautere Prozedere vorhat und sich zudem des ehemaligen Champions Na Rong [ Xiong Xinxin ] und des kämpferisch begabten, allerdings auch gerne mit dem Springmesser hantierenden Sang Ni [ Liu Chuang ] als Verstärkung bemächtigt.

Die Einleitung hier tut so, als müsste es noch einen filmischen Vorgänger geben, an stellt gleich diverse Figuren vor, die eine Entwicklung hinter sich haben, man wird wie eine Erweiterung von bekannten Fakten und Faktoren aufgebaut, als Sequel zu etwas, oder als Adaption von einem anderen, einem vorausgesetzten Medium. Immerhin geht es hier mal nicht um den staatlich verordneten Kampf gegen die Drogen, und man ist nicht im Wald angesetzt, es wird von einem Sündenpfuhl bzw. einer Sin City gesprochen, von einem von der Finanzkrise gebeutelten Land, in dem verschiedene Kräfte aufeinander stoßen, jede durch eine Person vertreten, Gut gegen Böse. Zudem spielt man hier tatsächlich in Bangkok und nennt die Stadt auch so, man denkt sich keine Fantasienamen aus oder etwas Willkürliches wie "somewhere in Southeast Asia", man geht tatsächlich nach Thailand und bleibt auch dort.

Natürlich wird erstmal die Glocke geschlagen, der Gong ertönt, ein Kampf im Ring wird ausgerufen, es wird sich gegenseitig verdroschen, mit dem Knie und dem Ellenbogen dem Gegner Mores gelehrt. Vor dem Fight ist nach dem Fight, hat man sich nicht an die Regeln gehalten bzw. hat man sich zu sehr an die Regeln, der Wettbewerb nicht etwa manipuliert; was folglich zu Wettverlusten führte und zu einem Todeskommando, dass nach der Umkleidekabine auf die 'Rechnung' wartet und kassieren will. Im Ring ein Zweikampf, außerhalb des Ringes muss man sich der Übermacht stellen, mit Beintritten und Faustschlägen gegen die abgesandte Todesschwadron; fan ist immerhin versiert noch genug, sich zu verteidigen und zu wehren, die Einstellungen werden in der Montage eher abgehakt, zuweilen kommt eine Aufnahme aus einer anderen kameratechnischen Perspektive und vom Kick die mehrfache Wiederholung. Die Auseinandersetzung wird auf der Straße fortgeführt, Statisten zum Verdreschen und Verprügeln hat man genug, man arbeitet auch mit leichtem Wirework, das erinnert von den Bewegungsabläufen und der Inszenierung zuweilen an die Behandlung von Tony Jaa in HK-Werken, dessen unnötige Unterstützung durch Aushebeln der Schwerkraft, siehe Paradox (2017) oder SPL 2: A Time of Consequences (2015), Fan hat auch ein bisschen dessen Statur und Figur.

Der Dreh vor Ort im Ausland sorgt zumindest für etwas neue Bilder, landschaftlich, von Flora und Fauna, es wird trotzdem provinziell gegangen, das ist einfach billiger, ein Kostenfaktor. Ein rascher Start, eine kurze Laufzeit, einige Außenaufnahmen von Bangkok, dann wieder das Ringgeschehen, eher die Ereignisse im Untergrund, mit Illegalität, mit Wettbetrug. Später geht es auch um Grundstückserwerb und Landgewinnung, um versuchte Korruption der Polizei, Themen hat man theoretisch genug, für 80min sollte es reichen, möchte man meinen. Das Erzählen ist keine Wissenschaft hier, auch die Inszenierung ist eher schlichte Bebilderung, ein Abfilmen der Dialogarbeit, bei den körperlichen Aktionen wird sich etwas mehr ins Zeug gelegt; Glanztaten braucht man aber nicht zu erwarten, das sieht man schon in der Eröffnung, eher Gewöhnliches in Sachen Choreografie und Gestaltung, für Fan und seinen Fähigkeiten (erneut) eher eine Verschwendung.

Zumindest geht man hier öfters in den Clinch, selbst auf dem Polizeirevier, der Amnesieplot ist dann eher hinderlich, er sorgt für Verzögerung, und für eingestreute Albernheiten. Außerdem gibt es die Entwicklung einer Liebesgeschichte, man spielt nicht an wenigen Tagen, es geht eine Weile, eine Saga im Kleinen. Ab und zu gibt es Ärger, ein aufsässiger Krimineller, ein verwirrter Messerstecher auf dem Markt, auf der Baustelle mit ein paar angeheuerten Schergen, man bedient den Kampfsportfilm quantitativ, das muss oder kann man zugutehalten. Ein leicht eingeschränktes Werk, stets dieselben Orte, eine Handvoll an Locations und ebenso viele figürliche Komponenten, wenn denn überhaupt, wenn nicht gar weniger. Ein bisschen chargiert und gestiert wird auch, unnötigerweise, das Böse in Szene gesetzt, Schauspiel und Schauspielführung blockiert. Der Komponist weiß das Geschehen auch nicht zu bespielen, es erklingen ab und an dieselben Töne, die Eintönigkeit.

Erst, wenn irgendwann die Erinnerung wiederkommt, und eine dramaturgische Fallhöhe mittig geboten wird, kommt vermehrt Interesse in das Milieu, es gibt einen Toten und eine Entführung, es wird ein wenig der Polizeifilm eingestreut, das Drama installiert, die Muskeln vom Heroen breiter als der finanzielle Rahmen und die Inspiration, geboten wird die blanke Mittelmäßigkeit. Fan hat früher so etwas Ähnliches gar mal bespielt, The Boxing King (2002), den Power King (2002) bspw, ersteren mit Yu Rongguang, letzteren mit Xing Yu, die teilweise jetzt auch seine Konkurrenz im heißumkämpften Streamingmarkt sind und Kollegen manchmal auch mit Mitstreiter; eine Wiederholung der Historie, es wird nicht wirklich besser zu damals, es ist bloß digital statt analog, die einzige Erweiterung.







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