Rache auf dunklen Pfaden wiederbelebt!
Der fantastische Rachethriller erlebt eine Renaissance. Da wo einst Brandon Lee 1994 aufhörte, beginnt nun Bill Skarsgard von neuem, überspringt man ganz hurtig alle Fortsetzungen und das 2000er Remake. Man wollte diesen Phantast von Film neu interpretieren und in die Moderne, also 30 Jahre später verpflanzen. Leider erwies sich dies Projekt als sehr schwierig, betrachte man die Umstände der Realisierung, die aufgrund von Rechtsstreit, Insolvenz und anderen schwierigen Gegebenheiten begleitet war. Unter anderem war Jason Momoa als Eric Draven vorgesehen, sprang aber ab, genauso wie vorgesehene Produzenten und Regisseur. Ein Hickhack um die Neuinterpretation, bis endlich Klarheit geschaffen wurde. Neuer Hauptdarsteller, neues Drehbuch, neuer Regisseur. Das Ergebnis kann sich sehen lassen; das Erbe Lee' s schwer angetreten, bewahrt aber dessen Geist, ohne ihm nahe treten zu wollen.
Der psychisch labile Eric Draven lernt in der staatlichen Besserungsanstalt die junge Musikerin Shelly kennen, die vor den Handlangern des reichen Unternehmers Vincent Roeg geflohen ist, die sie killen sollen, da Shelly im Besitz einer Videoaufnahme ist, die zeigt ,das Roeg mittels dämonischer Stimme Menschen manipulieren kann, um Morde oder Suizide zu begehen. Beide fliehen aus der Anstalt auf der Flucht von Roeg. Nachdem beide eine Beziehung aufgebaut haben, gelangen sie in die Hände der Schergen, die kurzum Prozess machen und das Pärchen ins Jenseits befördern. Eric erwacht in einer Zwischenwelt und bekommt die Chance auf Befreiung Shelly's Seele aus der Hölle, wenn er zurück auf der Erde, Roeg und seine Bande auslöscht, die vor geraumer Zeit einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben, um Unsterblichkeit zu erlangen. Als Racheengel in schwarz und unsterblich gesalbt, kehrt Eric zur Erde zurück, um blutige Rache an Ihren Peinigern zu nehmen.
Selbe Comicvorlage, gleiche Story, andere Voraussetzungen? Mitnichten! Die ersten beiden Punkte entsprechen der gleichen Grundlage des 1994er Originals. Die Prämisse hat sich keinesfalls geändert, ausser das die Nebenfiguren abgeändert, der Plot in die Neuzeit gesetzt wurde und Bill Skarsgard den guten Sohn von Bruce Lee beerbt hat. Alles andere blieb gleichwertig erhalten. Die düster, kontrastarmen Designs, der brutale Racheplot und eine melancholische Lovestory.
Einige Mängel hat der dunkle Gothik-Punk-Thriller allerdings aufzuweisen, die aber durch das souveräne Schauspiel Skarsgards wettgemacht werden und über die man tröstend hinwegsehen kann. Da wäre zum einen der Schweremut des Erzähltempos, welches schlurfend beginnend sich Richtung eher substanzlosem Finale durchduckst, zwischendrin unnötige Umwege nimmt und ausbremst. Die Balance zwischen Geduldheit, Actionlast und Enthusiasmus scheint unproportioniert. Ebenso die lakonisch aufgezwungene wie abwegige Liebesgeschichte zwischen Eric und Shelly; eher abenteuerlich als gehalten. FKA twigs passt weniger ins Konvolut und leider werden den dämonischen Antagonisten zu wenig Substanz eingegossen, dienen lediglich als Abschlachtware en masse.
Nichtsdestotrotz zeugt der Neo Noir Fantasy-Rachestreifen von beschaffener wie stimmungsvoller Atmosphäre. Zwischen Unrat, dunklen Gossen, Graffitis und dem glitzernden Anblick der Grossstadt bei Nacht, darf die Gothik Kunstfigur Draven seine Vendetta blutig durchziehen. Untermalt mit abwechselnden Wummerbeats, blutdurstig brutalen Bildern, geht der Film zielstrebig und unbeirrt seinen kuriosen Weg. Das Handlungsgerüst im Groben ist insoweit in sich schlüssig, aber im Kern verflüssigt sich als die Grenze zwischen Geradlinigeit und unschlüssigem Surrealismus, seltsamer Mythologie und Nebenhandlungsfetzen.
Bill Skarsgard ist zwar nicht Brandon Lee, aber dennoch gute Wahl, der spätestens mit seiner Rolle als Pennywise in "ES" unlängst unter Beweis gestellt hat, das er wie geschaffen ist für freakig bizarre Rollen. Die Rolle des Untoten Rächers meistert er gekonnt; man stelle sich Jason Momoa in der Rolle vor: Wäre er wirklich das Gesicht dieses Filmes gewesen? Das Quasi Reboot wäre vielleicht nicht wirklich notwendig gewesen, eröffnet ebenso nicht neue Interpretationen, besitzt nicht den Sarkasmus, den Style des Originals, punktet aber dann immerhin mit okkultschwangerer Finsternis, darüber hinaus zum Ende hin mit saftigen Splattereinlagen, die in allerbester John Wick Manier abgeliefert werden.
Rundumerneuerung kaum geglückt, aber Skarsgard punktet und rettet das schwere Erbe vor dem Mittelmass. Sehr zähflüssig erzählt, in vielen Punkten zu minimiert, aber Gothlook, Flair und Design lassen aufhorchen. Dazu gibt's ein blutiges Final de Boeuf. Kein pures Unterhaltungskino, sondern bedrückt depressive Rom-Mel-Ballade ohne Spannung, für die halt kein Platz mehr war. Waren die Goldene Himbeere Nominierungen wirklich nötig?
Ist die FSK:18 Freigabe gerechtfertigt? Ja, nach fast trägem Start wechselt der Film gen Gemetzel. In frühen Jahren ein Indizierungskandidat, heute ab 18.