Der chinesische Streamingmarkt als heiß umkämpftes Geschäft, als Kundenbindung per Abonnement, teilweise gelingen auch Verkaufsrechte in das Ausland, werden dort aber vermehrt Creature Features oder die gute alte Soldatengeschichte in den Westen verkauft. In den letzten Jahren das Angebot deutlich steigend, sowohl von der Masse her, als teilweise auch der Klasse, werden zuweilen auch größere Erzeugnisse rein digital ausgewertet, die New Kung Fu Cult Master Zweiteiler bspw., zuvor aufgrund bekannter Einschränkungen des öffentlichen Lebens Lost in Russia oder Enter the Fat Dragon, selbst die kleiner angesiedelten Produktionen erreichen zuweilen eine Beliebtheit und einschneidende Bekanntheit, zudem gilt der Markt als Neubildung frischer Stars oder als Auffangbecken ehemaliger Kinoaspiranten. In Hunt the Wicked haben sich gleich beide Sorten getroffen, im Groben zumindest, trifft Xie Miao auf Andy On, Ersterer ist bereits seit Kindestagen im Geschäft, hat aber erst die letzten Jahre, also als Erwachsener die Popularität erreicht, die ihm aufgrund der Fähigkeiten doch gebiert. Zweiterer hat ein neues Leben in der VRC gefunden, und wird auch aufgrund ähnlicher Kompetenzen gerne als Hauptdarsteller kämpferischer Werke eingesetzt, zuletzt herausstechend in Blind War (2022) und The Comeback (2023), dessen Regisseur Huo Suiqiang ihn auch hier dirigiert:
Captain Huang Mingjin [ Xie Miao ] ist seit Jahren hinter dem Drogenhandel in seiner Stadt hinterher, dessen ausführenden Hintermann im für das Bürgermeisteramt kandidierenden Song Pa [ Andrew Lin ] vermutet. In letzter Zeit pfuscht beiden aber der mit allen Wassern gewaschene Wei Yunzhou [ Andy On ] in die Quere, der seine ganz eigene Agenda und scheinbar auch eine halbe Armee hinter sich stehend hat.
Einstellen muss man sich dabei auf etwas direkte Machart, gleich zum Punkt kommend, die Aufmerksamkeit erregend, muss aus der Konkurrenz hervorgestochen werden, größer, weiter, besser, spektakulärer, manchmal auch im Niedrigen wildernd. Einstellen muss man sich auch auf die Digitaloptik, sehen die Filme oftmals optisch etwas dünner aus als ihre Kollegen von der Leinwand, im Gesamtgefühl, nicht in den Dingen, die sie präsentieren. Gestemmt und vertrieben wird diese Arbeit hier von iQiyi, die mit führend im Geschäft sind und den Nachschub antreibend, die wie alle anderen On Demand - Anbieter auch ihren Algorithmus haben und ihre internen Vorgaben, die die Kundenwünsche wissen und bedienen. Mittlerweile wird im Mutterland auch nicht mehr so sehr mit Sex und Erotik gegeizt, dieser nicht offen, aber offensiv eingesetzt, also damit gespielt, verführt, angetäuscht, nicht wirklich etwas und schon gar nicht Details gezeigt, und es wird auch der Grad der Gewalt ab und an deutlich erhöht; ein Trend, der sich auch im aktuellen Kino durchaus durchdrückt und die Filme spekulativ bis abstoßend fast machen kann, in Überbietungsästhetik, ein innerer Zwang.
So wird hier mit einem Professor begonnen, der geheime Experimente durchführt und gegen entsprechende Versprechen auch bessere Noten gibt, oder zumindest so tut, und die Damenwelt zu 'Testzwecken' in sein streng bewachtes Labor einlädt; selbst die Universität ist nicht mehr rein und sicher, eine Verschmutzung der Bildungs- und Lehrwelt. Das Labor wird bald gestürmt, zweimal gar, von einem, der an die Formeln zur Bildung von Drogen heranwill und dafür eine Honigfalle, ein Trojanisches Pferd installiert hat, und von der Wachmannschaft, die die Erkenntnisse beschützen sollen und Eindringlinge abwehren; reichlich Munitionshagel ohne Ziel, Sinn und Verstand zerstört die Inneneinrichtung, dann geht es in den Nahkampf. Dabei leidet die Inszenierung oftmals an einer Durchschlagskraft, an einer wirklichen Effizienz, wird viel auf Schnelligkeit gegangen, aber Aktion und Reaktion, die Kausalität selten explizit eingefangen, zumal offenkundig auch Tricktechnik eingesetzt wird und viele 'Nebelkerzen' zur Verschleierung gelegt, außerdem hat man abseits einiger gelungener Zeitlupen eine manchmal ungünstige Schnittmontage, es geht um Geschwindigkeit und den schnellen Rausch, nicht um die Nachhaltigkeit.
Viel Hektik, viel Blut (aus dem Computer), viele Tote, dann die Ermittlungen, die Stadt hier nennt sich Wusuli City, es geht um Drogen. Die Orte sind meist kühl und steril, graue Wände, wenig Fenster, scharfe Kanten, auch graue Böden, ein wenig einladendes Milieu der Institutionen; eine Behelfsstätte, die später auch auseinander genommen wird. So wenig präsentabel wie das Revier, so imposanter der Fuhrpark, wird nach einigen Zufälligkeiten und Schlussfolgerungen schon ausgefahren im Konvoi zum Pier, eine Lieferung abfangen, eine Razzia mit Verlusten, das Empfangskomitee ist auch schon hier. Ein erster Beschuss durch Scharfschützen und die abgestellte Fußmannschaft, dann die schweren Kaliber, ein größeres Hafengelände im Kriegseinsatz, die Drohnenaufnahmen sprechen eine deutliche Sprache, sie sprechen Bände. Autos werden geschrottet und wirbeln explodierend durch die Lüfte, die erste Konfrontation von Protagonist und Gegenspieler beizeiten, der eine ein ausgebildeter Martial Arts Spezialist, der andere ein Screen Fighter.
Beide sind behände genug, einen Zweikampf glaubwürdig zu gestalten, das Ganze wird hier nur noch mit mehrerlei Unnötigen 'aufgemotzt', man vertraut den eigenen Bedingungen nicht gänzlich, man setzt Gimmicks wie eine Art dreidimensionale Visionalisierung oder eine aufgeputschte Kamera ein, die eher störend wirkt als unterstützend, viele 360° Schwenks und andere Ablenkungen des klaren Bildes, welches alleine für sich sprechen könnte. Auffällig ist auch die Vorgehensweise der Polizei, als Vertreter des Staates, wird sich um richterliche Beschlüsse etc. nicht gekümmert, es herrscht Notfall, die Legitimität werden später bereitgehalten oder sich überhaupt nicht darum gekümmert. Politik kommt später deutlicher zum Vorschein, neben dem Kampf gegen Drogen wird auch ein Umweltbemühung angesprochen, die Verschmutzung des Ökosystems in den letzten Jahren den Einwanderern zur Last gelegt und in die moralischen Schuhe geschoben.
Eine aufgeheizte Stimmung, ständig unter Anspannung, ein Hin und Her aus Nachforschungen der rechtlichen - und der illegalen, der Unterweltorganisationen, eine Verschwörung wird angeleiert und eine Annäherung der Gegenspieler aufgrund eines gemeinsamen Feindes versucht; die Erzählung mit womöglich Wichtigen aufgefüllt, nur das richtige Interesse daran fehlt. Produktionswerte selber sind durchaus in Ordnung, durch den '84 geborenen, seit '93 aktiven Xie wird auch etwas Klasse hereingebracht; Xie, der eingangs oft mit Jet Li als dessen Sohn gepaart wurde, hat sich gerade aktuell mit bspw. dem North East Police Story a.k.a. Fight Against Evil Zweiteiler (2021/23) eine Popularität beim Zuschauer geschaffen, außerdem wird er auch beim von Derek Kwok inszenierten Raging Fire - Sequel The Unleashed Blaze (mit u.a. Andy Lau, Nicholas Tse, Ray Lui, Michael Hui etc.) anwesend und damit auf dem nächsten Sprung nach vorne sein, ein Zeichen der fälligen Anerkennung, er trägt auch hauptsächlich diesen Film und strahlt eine gewisse Integrität aus, die das Produkt ein wenig höher hebt. Denn ansonsten ist nach etwa der Hälfte der Laufzeit der Sättigungsgrad an Lagerhaushallen, überzogenen Darstellern, der seltsamen Schmierigkeit des Geschehens irgendwie erreicht, ist der Film so trüb wie sein Trinkwasser - was ein bisschen aussieht wie Braunbier mit Spucke - und die versuchte Geheimniskrämerei ist auch eher mit dem ganz breiten Pinsel geschrieben, dem Film fehlt viel Gespür, er beweist dafür mehr Einfältigkeit. Final geht es standesgemäß in das Abwassersystem, in die Kanalisation, wo man die Funken sprühen und die Mauern brechen lässt.