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Filme wie Dennis Hoppers Out of the Blue verdeutlichen dem Zuschauer, weshalb das Medium Film in seiner Ausdruckstärke nur schwerlich von anderen Medien übertroffen werden kann.

Hopper "begrü?t" den Zuschauer in dieser Low-Budget-Produktion aus dem Jahre 1980 mit einem lauten, eindringlichen Knall, führt ihn durch gesellschaftliche Täler, bis er ihn letzten Endes mit einem fast noch lauteren Knall wieder in die knallharte Realität entlässt. Ebendiese Realität, die er dem Zuschauer zuvor gnadenlos dokumentiert hat; die vor 30 Jahren ebenso aufzufinden war, wie sie auch noch heute in verschiedensten gesellschaftlichen Schichten vorkommt.

Die 15jährige Cebe (Linda Manz) hat vor fünf Jahren verletzt überlebt, als ihr alkoholkranker Vater Don (Dennis Hopper) angetrunken mit seinem LKW in einen voll besetzten Schulbus raste. Seitdem sitzt ihr Vater im Gefängnis, Cebe lebt bei ihrer drogenabhängigen und (harmlos ausgedrückt) promiskuitiven Mutter Kathy (Sharon Farrell) in einem Umfeld, das alles andere als kindgerecht ist. Hin- und hergerissen zwischen einer kindlichen Welt mit Kuscheltieren und Daumenlutschen und der Erwachsenenwelt mit all ihren Verlockungen in Form von Sex, Drogen und (Punk-)Rock entwickelt sich Cebe zu einer Persönlichkeit, die nach aussen hin stark wirkt, im Inneren jedoch extrem zerbrechlich ist. Die Hoffnung auf ein geregeltes familiäres Umfeld keimt bei Cebe (und dem Zuschauer) in Erwartung der Haftentlassung des Vaters kurz auf, wird jedoch schon nach kurzer Zeit wieder erstickt...

Dennis Hopper hat mit Out of the Blue einen Film erschaffen, der zu Teilen Milieustudie, Jugend- und Familiendrama und Thriller ist. Dreckig, düster, angsteinflö?end, pessimistisch, intensiv. Umrahmt von einem hervorragenden Soundtrack, der geprägt ist durch Songs von Elvis Presley sowie Punk-Rock-Songs (bspw. von den Pointed Sisters, die einen kurzen Gastauftritt haben), entwickelt sich ein hoch interessanter und fesselnder Spannungsbogen, der nur den einen Ausweg kennt: nämlich keinen...

Der Film wirft die Frage auf, wie sich ein Leben zwischen Kindheit und Erwachsensein darstellt, wenn keine echte Kindheit vorhanden war und das Erwachsensein für den Betroffenen keine echte Option zu sein scheint... Ob diese Frage beantwortet wird, bleibt hier jedem selbst überlassen. Denn der Ausweg, den Cebe wählt, kann als einzig folgerichtige Option oder aber auch als absolut falsch gewählt ausgelegt werden. Fakt ist, dass das Finale die pessimistische Grundstimmung des Films auf den Höhepunkt treibt und den Zuschauer in seiner Fassungslosigkeit mit Beginn des Abspanns sich selbst überlässt.

Der gro?artige Dennis Hopper (, dessen zu jener Zeit offenkundigen Alkohol- und Drogenprobleme das "Method-Acting" mit Sicherheit unterstützten,) sowie die noch viel gro?artigere Linda Manz als Cebe intensivieren dieses unfassbar gute Filmerlebnis. Vergleiche mit Hoppers Erstling und grö?tem Erfolg Easy Rider sind insofern gestattet, als Easy Rider Freiheit propagierte, die in Out of the Blue der Hauptfigur vollkommen entzogen wird. Filmischer Antagonismus, über ein Jahrzehnt ausgedehnt.

Gut, Out of the Blue ist schwere Kost, die lange nachwirkt. Aber jeder, der sich für das Medium Film und die Macht, die das Zusammenspiel von Kamera, Musik und Darsteller entfalten kann, interessiert, kommt an diesem dreckigen Juwel von Dennis Hopper nicht vorbei.

Out of the Blue... and into the Black...

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