Mit großer Nostalgie und Tragik fängt man an, mit riesigen Emotionen, mit schwermütigen und sehnsuchtsvollen Ausdruck, mit “Let it be“. Ein Zitat wird dem vorangestellt, “Wenn eine Gruppe von Menschen, die in einem wütenden Meer umherwandert, immer noch ums Überleben auf der Welt kämpft, gibt es nur eine Antwort...Keine Wahl haben.“ Worte der Weisheit, gebrochene Seelen, schmerzende Herzen, historische Bilder des Krieges und seiner Auswirkungen und Nachwirkungen werden eingespielt, eine fiktive Geschichte erzählt:
Der ehemalige vietnamesische Soldat Annan [ Lau Ching-Wan ] ist selber unter Lebensgefahr aus dem Land nach Hongkong geflohen, wo er in einem Auffanglager seinen Bruder Anzai [ Jimmy Wong ] wieder trifft, der mit Pu [ Debbie Cheung Jing ] die Ausreise nach Frankreich plant. Die Zustände im Lager sind allerdings desolat und wortwörtlich brandgefährlich, haben sich doch die Gangs um Big Brother Ji [ Lee Siu-Kay ] und Big Brother Quan [ Alan Chui ] gegenseitig in der Wolle.
An der vietnamesisch-kambodschanischen Grenze spielt man, Soldaten marschieren durch das Feld, pirschen sich an ein friedliches Dorf heran, auf eine Mine wird getreten. Die Reaktion des Trupps demgegenüber ist Gleichgültigkeit, der Auftrag zählt, es wird gar nicht erst eine Entschärfung der Bombe versucht, es wird weitergegangen, eine Verschärfung und ein Angriff auf die Zivil- und Landbevölkerung ist das, was zur Mission gehört und zählt. Eine Explosion zerreißt die Stille, die erste von vielen mehreren, der Soldat in alle Einzelteile versprengt, die Bevölkerung aufgeschreckt und nun wachsam, ein tödliches Gefecht entbrennt, jeder gilt als Zielscheibe, ob nun Greis, Frau oder auch Kind. Ein Befehl wird verweigert, mit fatalen Folgen, die ganze Landschaft brennt, es wird vor den eigenen Taten und Untaten weggelaufen, hinter sich das Chaos aus Flammen und toten Leibern, aus Verwüstung und Zerstörung. “Let it be.“
Das Lied verfolgt den Überlebenden wie die Bilder, wie die Erinnerung an das Traumatische, an den Horror, das Grauen des Gesehenen. Mit Alkohol wird sich betäubt, erst die große Schlacht, dann der Griff zur Flasche, die Dunkelheit, die Dumpfheit, die Abstumpfung danach. Boat People (1982) hatte sich zuvor mit dem Thema beschäftigt, Don't Play with Fire a.k.a. Dangerous Encounter of the First Kind (1980), hier wird der Fernsehfilm dafür bemüht, Einzelschicksale porträtiert, eine Flucht aus dem Land und seinem ständigen Sterben gezeigt, in Rückblenden die Kausalität, die Aktualität, die Anklage und die Warnung vor einer Wiederholung aufgezeichnet. Die Waffengewalt erst vorherrschend, spritzendes Blut, Leichen im Gras und am Hafen, Albträume von herabrasenden Raketen. Angriffe vom Boden und aus der Luft.
Die Chronologie ist hier nicht so wichtig, es springt vor und zurück, wie im Fieberwahn, Aufgriff durch die Polizei, Überstellung ins Flüchtlingslager, Vorstellung der Bedingungen dort, Rekapitulieren der früheren Ereignisse. Regisseur Johnnie To hat am Drehbuch mitgewirkt, ein persönliches Interesse an der Umsetzung, eine Seltenheit. Die Zustände im Lager sind wie im Gefängnis, eine Variation von Behind Bars (1990), Streitigkeiten miteinander und untereinander, Schlägereien, Machtkampf, grobes Material für eine Fernsehsendung, viel Brutalität und Missetaten, keine Hoffnung. Die Kameraarbeit ist in den beengten Verhältnissen noch karger wirkend als sonst, die Schlachtfelder zuvor und danach, provinziell und urban, werden von Choreograf Yuen Bun beackert und detoniert, verbrannte Erde und auseinander gerissene Gebäude in Szene gesetzt, darstellerisch macht hier Tos späterer Stammspieler Lau Ching-Wan eine seiner frühen Aufwartungen, Bobby Au-Yeung wurde als Kommandant der Einheit gleich in der ersten Szene ins Jenseits befördert.
Im Gegensatz zu vielen weiteren TVB-Tätigkeiten von To ist hier die Recherche unnötig, da müßig, die Rollen bis ins Kleinste und die weitere Mitarbeit der Co-Autoren (Cheung Wah-Biu und Gary Tang) bspw. ausführlich aufgelistet, das Werk wurde u.a. auf Video-CD herausgebracht und war lange Zeit auch noch erhältlich. Die (wenigen) Vietnambilder sind interessanter als Ärgernis im Lager, stets wüstes Gekloppe bei der Essensausteilung, ein Gefängnis inmitten der Stadt, eine Barackenzentrale innerhalb der Metropole, ein Eingesperrtsein mit aggressiven Naturen, draußen die Hochhäuser, davor die Zäune und Gitter. Irgendwann darf man raus an die frische Luft, man bleibt Ausgestoßener und Vertriebener, Mensch zweiter Stelle, unbeliebt, nicht akzeptiert, mit großen Augen wird die neue Welt studiert, Reaktionen teilweise überschwänglich, schauspielerisch mit einigen Höhen und Tiefen.
Ein Zeitzeugnis der etwas anderen Art, 'The Peninsula' wird gezeigt, in den Kinos läuft Die Waffen der Frauen neben Raymond Leungs starbesetzten Gefängnisdrama The First Time is the Last Time, es wird durch eine florierende Stadt und ihre Gesellschaft flaniert. Dialogarbeit ist dabei weniger von Bewandtnis, das Gezeigte wichtiger als das Gesprochene, die Atmosphäre schwül und aufgeheizt, die Bedrohung stets und realistisch, vieles wirkt eher wie von Kollege Ringo Lam, die violente Ausrichtung und die gesamte sozialkritische Struktur, das permanente Drangsalieren bis zur Eruption, vom Kriegsdienstleistenden zum gedungenen Auftragsmörder. Das Gesetz ist dabei nur Beobachter, im allerhöchsten Notfall zuständig, man lässt die Dinge laufen, teilweise macht es sich die Geschichte auch einfach, man hat mit Alan Chui und seiner Gruppierung (u.a. Paco Yick) einen strikten Antagonisten, man hangelt sich von Repression zu Repression, ein Elendsfilm, viel Depression, final dann die Eskalation, Wasserwerfer, Tränengas, Brandanschläge, marodierende Banden, der Rettungsruf wird abgesetzt, die Eingreiftruppen, ein Großaufgebot inklusive Notarzthubschrauber einberufen, Übersetzung des Originaltitels: "Refugees Camp Storm".