Die Frage vorab: Wird mich Yorgos Lanthimos diesmal überzeugen können? Die Vorzeichen: das mit jeder Menge guter Werke bestückte Genre des Episodenfilms, räusper. Nein, eher eine Totengräber-Wahl. Ein Release aus dem Nichts, kurz nach seinen großen Kritikererfolg, welcher auch beim Endkunden aka Ottonormalverbraucher finanziell ordentlich abgeschnitten hat. Der Cast ähnelt auch augenscheinlich dem vorherigen, in den Drehpausen entstanden?
Wie auch immer, Episode Eins, Kapitalismus-Kritik. Die an der Leibeigenschaft des Proletariats gegenüber den König Arbeitgeber, dargestellt als Hyperbel, welcher einem absoluten Horror gleicht. Allerdings stehen hier eher die menschlichen Schwächen des Untergeben, als der Vorwurf an den Vorgesetzten, diese zu benutzen, im Zentrum. Auf den Punkt, viel mehr gibt es hier nicht zu sagen, bzw. zu entdecken.
Kapitel Zwei, sexuelle Befreiung trifft auf Verschwörungsszenario und Paranoia-Thriller, endend im absoluten Wahnsinn, buchstäblich. Letzterer begründet sich vor allem auf der dunklen Seite der Liebe. Das spitzt sich wie schon gesagt zu, in ein schwer verdauliches Finale mit großen Fragezeichen. Diesmal darf massiv sinniert werden, die Abhängigkeit eines Herzens ist auch eindeutig vielschichtiger, als eine finanzielle.
Nun gut, dass klingt bisher alles noch verhältnismäßig straight, was ist mit Lanthimos los? Nichts, zumindest nichts Normales, siehe Kapitel Drei. Hier geht er künstlerisch All-in, bzw. kehrt tendenziell zu seinen wilden kreativen Wurzeln zurück.
Eine, zumindest hinsichtlich Weirdo-Faktors, Steigerung von Teil zu Teil. Das Netflix-Publikum, welches aufgrund Medien-Hype auch bei Poor Things "Hurra" geschrien hat, könnte spätestens jetzt relativ verstört sein. Die allumfassende Bindung und Selbstaufgabe richten sich diesmal an ein sektenähnliches Konstrukt. Allerdings ist der Kern mittlerweile kaum noch greifbar, falls es hier überhaupt noch einen gibt. Linearer Plot ade. Ja, gut, wieder Kontrolle und Unterwerfung, aber das gern genommene schwarz-weiß ist völlig verschwommen.
In der Summe kann es zusätzlich verwirren, dass ein und derselbe Cast in jeweils unterschiedlichen Rollen auftritt, allerdings den Zuschauernerv auch positiv stimulieren. Das Anthologie-Konzept ist nicht meins, dennoch ist dies das Werk des Regisseurs, mit dem ich bisher am besten connecten kann, zumindest anteilig.
Last Words: Jesse Plemons manifestiert nochmal den Prototyp des Widerlings, eine Rolle, welcher er wohl kaum noch loswerden wird.