Review

Inhalt:

Die Beziehung von Vera (Kaiti Ibrohori) zu ihrem skrupellosen Freund Michalis (Kostas Prekas) ist geprägt von Demütigungen, Ausbeutung und Gewalt. Als sie ihn in flagranti mit einer seiner Liebschaften erwischt setzt er sie kaltblütig vor die Tür und treibt sie so aus Verzweiflung in den Selbstmord. Ihre Schwester Maria (Gisela Dali) gelangt in den Besitz ihres Tagebuchs, in welches sie all ihr Leid akribisch niedergeschrieben hatte. Marie schmiedet den Plan einer „heißen Rache“ (KAFTI EKDIKISIS, so der Originaltitel), bei dem Michalis angekettet in einem schalldichten Raum gefangen gehalten und über einen Einwegspiegel gezwungen wird Maria bei ihren Sexspielchen zuzuschauen. Diese sexuelle Peinigung ist aber nur „das Vorspiel zu einem finalen Akt“, der Michalis seiner Männlichkeit vollends entheben soll...

Hintergrund:

Wem der Inhalt dieser Story bekannt vorkommen mag, liegt goldrichtig. Sieben Jahre später, also 1975, hatte sich Joe D'Amato des Stoffes angenommen und mit EMANUELLE E FRANÇOISE LE SORELLINE (dt. Titel „Im Foltergarten der Sinnlichkeit“) ein Remake dieses frühen griechischen Exploitationfilms inszeniert.

Auch wenn D'Amato den Sleazegehalt in seinem Film „naturgemäß“ deutlich höher ansetzte (und immerhin war er ja auch einige Jahre später dran), so ist eine Sichtung des Originals absolut empfehlenswert, weil auch dieses für seine Zeit und vielleicht auch für „griechische Verhältnisse“ eine Landmarke des kontroversen Films darstellen dürfte. Allerdings muß ich zugeben, daß mein Wissen darum sehr limitiert ist (ich kenne keinen vergleichbaren griechischen Genrefilm aus jener Zeit), aber wenn man sich die politische Situation in Griechenland zu jener Zeit vergegenwärtigt (1967 gab es einen Putsch rechtsradikaler Offiziere [der sog. Obristenputsch], was zu einer Militärdiktatur führte, die erst 1974 beendet wurde), so kann man sicher nicht von einem liberalen gesellschaftlichem Klima ausgehen. Es sei noch angemerkt, daß der Film auch erst 1972 zu seiner offiziellen Veröffentlichung fand.

Und dann muß dabei noch berücksichtigen werden, daß von dem Film zwei unterschiedliche Schnittfassungen angefertigt wurden. Denn obwohl die griechische Fassung sogar über eine Minute mehr Laufzeit aufweist (85:59 Min.) als die Exportfassung (84:41), so wurde sie doch weitestgehend von allen expliziten Nackt- und Sexszenen bereinigt, was zu einer Differenz von ca. 25 Minuten führte, die dann wieder mit einer blödsinnigen, neu konstruierten Nebenhandlung um einen Drogenring, in den Michalis involviert ist, aufgestockt wurde. In diesem Zusammenhang sei auf die akribische Vergleichsführung bei den Kollegen von schnittberichte.com verwiesen!

Die Blu-ray des US-Kultlabels „Mondo Macabro“ präsentiert beide Versionen in ausgezeichneter Bildqualität, wobei der griechischen Fassung das Negativ zugrunde lag, für die Exportfassung gilt dieses als verschollen, weshalb diese Szenen von einer raren, stark mitgenommenen Kinorolle gezogen werden mußten, wodurch sich einige Defekte nicht beheben ließen, was aber den geneigten Filmfreund kaum stören dürfte.

Meinung:

THE WILD PUSSYCAT ist nicht nur für den filmhistorisch Interessierten eine spektakuläre Entdeckung, sondern bietet auch Exploitationfreuden der Extraklasse. Denn der in schwarz/weiß gedrehte Streifen ist handwerklich souverän inszeniert und m. E. in formaler Hinsicht sogar besser gelungen als D'Amatos Remake. So gibt es immer wieder sorgfältig gestaltete Licht/Schatten-Kontraste zu bewundern und selbst simple Schuß/Gegenschuß-Montagen werden aufgrund des hervorragenden Schnitts und dem ausgezeichneten mimischen Schauspiel der Darsteller zu einem echten Erlebnis.

So sitzt Gisela Dali (die seinerzeit als griechische Brigitte Bardot gehandelt wurde) bspw. in einer Szene an einer Bar und der von ihr ins Visier genommene Kostas Prekas einige Meter entfernt mit seiner Geliebten am Tisch. Es fallen keine Worte, sondern es werden nur Blicke ausgetauscht (und der Rauch der Zigaretten ausgestoßen), die sich vermutlich auch nicht in Worte fassen lassen würden. Ein Feuerwerk an Verführung und Begehren. Die Dali spielt ihre Femme fatale dabei mit einer solch vollendeten Laszivität, unterstützt von ihrem famosen Augen-Make-up, daß einem allein beim Zuschauen schwummerig wird.

Eine weitere Szene finde ich ebenfalls deutlich origineller inszeniert im Vergleich zu D'Amatos Arbeit. Und zwar jene, in welcher der Unhold (dargestellt von George Eastman) seine Freundin vor den Augen von zwei Zockerkumpanen vergewaltigt. Während D'Amato den Voyeurismus der geilen Böcke kompromißlos vulgär inszeniert, arrangiert Regisseur Dimis Dadiras diese Situation indirekter, aber keinesfalls weniger perfide, indem er den sadistischen Spanner mit dem Rücken zur Tat sitzend über einen Spiegel teilhaben läßt, den Michalis zuvor entsprechend ausgerichtet hatte.

Und dann gibt es halt auch, wie es sich für einen zünftigen Exploiter geziemt, eine Menge freizügiger Szenen (wohlgemerkt 25 Minuten, die später in der hellenischen Fassung der Schere zum Opfer fielen), sowohl bei den Damen, als auch bei den Herren (sehr schön bspw. der Close-up auf eine prall gefüllte Unterhose!). Am ausgeprägtesten wird eine lesbische Szene zwischen Maria und der Geliebten von Michalis zelebriert, die in der griechischen Fassung lediglich angedeutet wird, und von jeglicher Nudität befreit ist.

Nicht wenige Szenen kommen ganz ohne Dialoge aus (s.o.) und erzielen ihre Wirkung nur über die Macht der Bilder. Und über die Musik von Nikos Ignatiadis. Meist handelt es sich dabei um zeitgemäßen Swing/Jazz, der aber manches Mal auch experimentelle Töne anstimmt. An zwei Stellen wurde ich regelrecht hellhörig, denn ich meine hier deutliche Anklänge eines Peter Thomas Arrangement erkannt zu haben...?!

Fazit:

Ich bin ein großer Fan von D'Amatos Sleazegranate und im Vergleich zum Original fällt das Remake natürlich deutlich expliziter aus, aber in formaler Hinsicht gebe ich dem Film von Dadiras den Vorzug. Und auch in filmhistorischer Hinsicht halte ich es für bedeutsamer. In der Quintessenz eine großartige Entdeckung der Spezialisten von Mondo Macabro und im Bereich des frühen Exploitationfilms ein echtes Meisterwerk!

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