Review

Mein wunderschöner Antiwitz

Lachen und Weinen liegen oft nah beisammen, einerseits ja schön, dass Misserfolg und Schadenfreude Warner ein gutes Stück die eigene Gier in den Schlund rammen.

Der erste "Joker" hätte alleinstehen können, fast müssen, und dennoch kam man bei einer Milliarde mit den völlig falschen Schlüssen.

Was jedoch wiederum nichts daran ändert, dass "Joker 2" für meinen Geschmack in seinem ganz eigenen Parallelkosmos zurechtkommt und schlendert.

Er singt schief, er spielt überzeichnet, er gibt den Leuten selten bis nie was sie wollen, fast als wollte Todd Phillips uns alle ein gehöriges Stück trollen.

Er ist nichts für Musicalfans, nichts für Comicfans, nichts für Fans des Ersten, er ist jetzt auch nicht wirklich flott oder vor Energie am bersten.

Ganz im Gegenteil, lethargisch und charakterzentriert, oft dermaßen off beat und leer, kratzbürstig und ungeschminkt, lustlos und weird, dass es einen fast durchgängig nervt, fröstelt und friert.

Doch gerade diese "Fick alles!"-Attitüde hat seine Reize, gerade wenn ich noch dazu nicht mit tollen Darstellern (Phoenix/Gaga), feinen Bildkompositionen und ein paar Jukebox-Ohrwürmern geize.

Ich denke unter Filmnerds wird "Joker 2" in den kommenden Jahren eher wachsen, zumindest stur und sicher zu einem interessanten Kompagnon des Originals kraxeln.

Er hinterlässt mich aber auch ohne Frage ein wenig ausgebrannt und müde, doch keine Delle meinen Respekt vor diesem Querschläger insgesamt allzu sehr trübe.

"Joker 2" hätte es also nicht geben müssen, trotzdem könnte ich manchmal seine Füße küssen.

Er steppt wie ein liebestrunkener Bär, als ob sich Gotham befindet im ständigen Selbstverzehr.

Das verschreckt so viele, das stößt sich fast selbst ab, da fallen aber Identifizierung und Charakterisierung aus nicht allzu knapp.

Knastdrama, Covermusical, Gerichtsshow und weirdes Kopfkino, das wirkt schon wenige Monate nach seinem Release wie ein zeitloser Dino.

Doch genau diese Sperrigkeit und Verweigerung jeglicher Vernunft und Tempoverschärfung, da hätte man doch eigentlich in der heutigen, alles safe herunterspielenden Zeit gerne mehr von.

Daher komme ich zum waghalsigen Entschluss, ich bin in der Minderheit, die entlässt "Joker: Folie a Deux" mit 'nem Kuss.

Keinem dicken Schmatzer, nichts mit Zunge oder Passion, dennoch sehe ich ihn gerne unperfekt und fehlerbehaftet in Aktion.

Fazit: schon jetzt einer der missverstanderen und mutigsten Blockbuster des Jahrzehnts... "Joker: Folie a Deux" ist nicht einfach, gerade oder klar. Er ist eckig, dreckig, gegenstromlinienförmig, persönlich und spricht seine eigene Sprache in Sachen Humor, Musik, Charakterentwicklung... Definitiv nicht your average Joker.

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