Dieser Film ist eher ungewöhnlich und ruhig.
Er spielt im Italien der 50er Jahre und ist im Prinzip ein Krimi.
Allerdings wird hier die Handlung und Spannung nur sehr langsam aufgebaut sowie auf schockende Morde verzichtet, sodass Krimi-Fans enttäuscht sein könnten. Überhaupt scheint der Film keine bevorzugte Zielgruppe zu haben. Man muss ihn sich einfach anschauen, um herauszufinden, ob man ihn gut, mittelmäßig oder schlecht findet. Und ich finde ihn sehr gut.
Matt Damon zählt für mich neben Leonardo Di Caprio zum Besten, was der Hollywood-Nachwuchs seit Jahren zu bieten hat. Ich denke, dass Beide in 20 – 30 Jahren dort stehen werden, wo Robert De Niro, Jack Nicholson und Al Pacino heute sind, aber das nur am Rande. Jedenfalls legt er hier nach "Good Will Hunting" mal wieder eine Spitzenleistung hin, die anscheinend auch auf seine Schauspielkollegen abgefärbt hat, denn die zeigen deutlich mehr als in vielen ihrer anderen Filme.
Erzählt wird die Geschichte vom armen Imitationskünstler Tom Ripley, der den dekadenten Sprössling eines reichen Schnösels zur Heimkehr bewegen soll. Jedoch lernt er während dieses Auftrages das Leben dieser Person zu schätzen und findet sofort Gefallen daran. Folglich hat er auch keine Lust, in sein altes Dasein zurückzukehren. Also trifft er – nachdem sich sein Urlaub vom Alltagsgeschehen nicht wunschgemäß entwickelt – eine schwerwiegende und äußerst fatale Entscheidung, die sein restliches Leben für immer verändern wird...
Ich will hier nicht zuviel verraten, da der Film ab dieser Stelle noch ca. eine Stunde dauert, in der wir Tom Ripley näher kennenlernen und seine Beweggründe eventuell besser verstehen werden. Dieser Mensch scheint über keine eigene Persönlichkeit zu verfügen, und wenn jemand etwas Besonderes in ihm entdeckt, leugnet er diese ihm zugeschriebene Identität (über die er aufgrund seines selbstfinderischen Unvermögens eigentlich dankbar sein sollte), weil er selbst nicht weiß, wer er ist.
All dies wird in auffallend hellen, freundlichen und unaufdringlichen Bildern dargestellt, sodass sich die Handlung zunächst voll entfalten kann, um den Zuschauer bei entsprechender Bereitschaft und fortlaufender Filmzeit vollends in ihren Bann zu ziehen. Man muss dafür nur etwas Geduld aufbringen und sich von den Erwartungen in Bezug auf das herkömmliche Krimi-Genre befreien. Wer das schafft, wird hier womöglich einen kleinen, modernen Klassiker entdecken.
9 / 10