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"Anyone who comes in the Walled City is goddamn trouble."

Ursprünglich bereits 2013 unter der Regie von Derek Kwok mit Donnie Yen als Produzent und Star angekündigtes Projekt, damals noch unter dem Titel Dragon City; wobei in der Zeit sich gleich mehrere Veröffentlichungen zerschlagen haben und Yen die Szenerie selber in Chasing the Dragon (2017) benutzt hat, in einer ausufernden Actionszene dort, fast wie ein Vorspiel hier. Auch Twilight of the Warriors: Walled In hat eine lange Entstehungsgeschichte mit entsprechenden Kosten hinter sich, er gilt (zusammen mit Warriors of Future, 2022, ebenfalls mit dem auch hiesig anwesenden Louis Koo) mit als teuerstes HK-Werk, sodass man die Vermarktung und die Rentabilität in der Volksrepublik China zusätzlich dringend brauchte, und sich trotz aller viel beschworenen Lokalität – der Film selber spielt in der berüchtigten 'Festung der Dunkelheit', die ehedem als Unratsort und Hort des Verbrechens galt, Jahrzehnte nach dem Abriss des Viertels, ein Moloch von fast wie organisch zusammengewachsenen Gebäuden, was jetzt im Nachhinein allerdings fast nostalgische Empfindungen selbst bei jüngeren, nicht damit aufgewachsenen Personen schürt– den unbedingten Publikumserfolg auf dem Festland erspielen musste, um überhaupt in die Rentabilität zu kommen. Dies wurde zum Glück für die Produzenten aufgrund Zuspruch des Publikums trotz lange Zeit erbitterter Konkurrenz mit dem propagandistischen Militärfilm Formed Police Unit (2024) in der VRC ebenso erreicht wie in HK selber, wo man hinter (dem wesentlich kostengünstigeren, satirischen Justizdrama) A Guilty Conscience (2023) bislang den zweiten Platz als ertragreichster Film innehält. Logische Folge dessen sind natürlich rasch angekündigte Prequels und Sequels, zudem stehen auch andere Überlegungen der weiteren kommerziellen Nutzung, wie der Beibehaltung und Freigabe des Sets als Art Freiluftmuseum und Aussichtsort an, und auch schnelle westliche Distribution:

Als der illegale Migrant Chan Lok-Kwun [ Raymond Lam ] auf der Flucht vor Mr. Big [ Sammo Hung ] und dessen Ausputzer King [ Philip Ng ] in die Kowloon Walled City spurtet, ahnt er noch nicht, in welche Schwierigkeiten er sich und seine nähere Umgebung bringen sollte. Trotz Anfangsschwierigkeiten wird er von Cyclone [ Louis Koo ], dem offiziellen Barbier, aber heimlichen Führer der 'Wohneinheit' und dessen Schützlingen Shin [ Terrance Lau ], Twelfth Master [ Tony Wu ] und AV [ German Cheung ] unter die Fittiche genommen; das ändert sich auch nicht, als Chau [ Richie Jen ], der offizielle Vermieter und engste Freund von Cyclone, und Triadenhäuptling Tiger [ Kenny Wong ] sich aus ganz bestimmten Gründen an dem Neuankömmling stören, und erbitterte Jagd auf ihn machen, wozu sie auch Mr. Big einspannen.

Basieren tut man dabei auf einer grafischen Vorlage, auf Andy Setos "City of Darkness", was auch der Spitzname des Viertels war und ist, es ist kein reales Abbild der Zeit ("The battle raged for 7 days, 7 nights." - "It was 1 day, 1 night."); wenn man einen Blick auf die Örtlichkeit und die Umstände selber werfen will, empfiehlt sich eher eine Aufarbeitung oder Wiederholung von Brothers from the Walled City (1982, der aber einen sehr unterschiedlichen Tonfall hat), vor allem der Showdown von Long Arm of the Law (1984), ein wenig Crime Story (1993), selbst Bloodsport (1988) wurde vor Ort gedreht. Die nicht mehr vorhandene, da eben aufgrund der ab 1987 eingeleiteten und 1994 abgeschlossenen Räumung des Stadtteils und dem Erdboden gleich gemachten Location wurde teilweise aufwändig als Set, als Art nostalgisches bis sentimentales Museum, teilweise per CGI (für die Außenaufnahmen) nachgestellt. Als Darsteller hat man ein Konglomerat aus Jung und Alt genommen, mit Louis Koo und Sammo Hung sicherlich die bekanntesten Namen, ansonsten gilt der Blick auf vor allem auf den bei Koo unter Vertrag genommenen Raymond Lam, der in den letzten Jahren vom Fernsehstar zum Kinomagneten aufgebaut werden soll, andere Namhafte sind bspw. Richie Jen und es gibt von Aaron Kwok ein Cameo; was im Grunde schon das Prequel darstellt, auch ein Sequel ergibt außerhalb der Kommerzialität keinen Sinn.

Als Regisseur des Ganzen hat sich nunmehr Soi Cheang in den Dienst der Verpflichtung gestellt, Cheang arbeitet mal kommerzieller, mal künstlerischer, in den letzten Jahren teilt er sich die Tätigkeit mit Wilson Yip, welcher hier als Produzent fungiert und dessen Dragon Tiger Gate (2006) am Ende fast durchscheint; ab und an ist es umgekehrt, Cheang produziert, Yip dirigiert. Hier mit zusätzlicher Unterstützung des Stemmens gleich mehrerer Großstudios um bspw. Sil-Metropole Organisation Ltd., Media Asia Film Production Limited, One Cool Film Production Co. Ltd., plus mindestens drei chinesische Firmen , eine große Verantwortung, ein großer Kuchen, der später geteilt werden soll, zumal Cheang mit den letzten Erzeugnissen wie Limbo (2021) und Mad Fate (2023) nicht bloß sperrig gedreht hat, sondern auch an der Masse vorbei; dies passiert hier nicht, man geht auf Nummer sicher, "Bet more, win more!" heißt es bloß im Film. Es gibt etwas Einleitung, es gibt einen zentralen Raum, ansonsten ein Machtkampf um die Herrschaft, nichts allzu Kompliziertes. Das Migrantenproblem wird angesprochen, das Drogenproblem, die Stadt voll Gewalt und Korruption und dies speziell auf ein eingezäuntes Fleckchen Erde gegossen, verdient wird der Lebensunterhalt weniger mit ehrlicher Arbeit als vielmehr Gewalt, Skrupellosigkeit und Immoralität.

Großzügig in der Ausstattung, erkennbar offensiv in der Dekoration, mal langgestreckte Areale, dann Begrenzungen, Verzweigungen, Hindernisse und Abkürzungen, das alles über verschiedene Ebenen, ein logistisches Problem und eines der Verortung. Orientiert wird sich an einem Neuankömmling, der vor Gangstern quer durch die Stadt, mit einem erbitterten Kampf an und in einem Bus letztlich zu in die Kowloon Walled City, in ein fremdbestimmtes territoriales Gebiet (zum Schutz) fliehen muss; anhand der Figur entwickelt sich die Geschichte und der folgende Krieg. Das Set ist imposant, die ganzen Ecken und Verengungen, die Überbevölkerung, die vielfältige Nutzung von Stromkabeln, von Drahtzäunen, von Stacheldraht, sowie Schmutz und Unrat als Material der Verwendung. Es gibt Ärger hier und da und überall, einer wird mit dem Kopf voran durch die Decke geschlagen, der Rest unter Bauteilen und Mobiliar begraben, es wird jedes Werkzeug, jede Möglichkeit der Verteidigung und des Angriffes genutzt, ein schlichter, erbitterter Kampf ums Überleben, ein ständiger Verdruss. Flirrende Schnitte, fließende Bewegungen, Sprünge durch die Fenster verschiedener Stockwerke, Körper werden durch die Außenwand gestoßen; eine fulminante, auch ausufernde Tätigkeit des Choreografen Tanigaki Kenji, der den meisten (abseits Philip Ng und German Cheung) nicht vollkommen in Martial Arts ausgebildeten Darstellern ein ausführliches Training und ausdauernde Körperlichkeit abverlangt hat, eine Fortführung seiner üblichen Tätigkeit für und mit Donnie Yen, an dessen Seite er seit mehreren Jahren steht und teilweise (wie teilweise in Raging Fire, 2021, oder Enter the Fat Dragon, 2020) auch delegiert. Es wird aufgestiegen, es wird heruntergefallen, es wird über brüchige Ebenen manövriert, zwischendurch blitzt mal etwas Menschlichkeit auf, ein Geben statt nur Drohen und Nehmen, eine dramatische Emotionalität, ein Beistand in der Gesellschaft, in der zuweilen auch Gemeinschaft und Verbundenheit herrscht.

Gut eine Dreiviertelstunde ist die Milieubeschreibung, dann geht es wieder in den Triadenfilm, in das Gangsterkino, in die Mystifizierung und Überhöhung, ein moderner Wuxia, eine lang wartende Rache, eine erbitterte Konkurrenz, ein Aufteilen von Kräften und von Kondition. Die Kampfszenen selber sind dabei relativ robust, sie sind leicht überzogen, der Schwerelosigkeit oder der 'Normalität' entzogen, sind aber stuntaffin dennoch gehalten und erwarten eine Flexibilität und Behändigkeit der Akteure, vor allem sind sie auch abwechslungsreich und bemühen sich um ergiebige Zerstörung; sie setzen dramaturgische Schwerpunkte, sie bereichern die Erzählung.

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