Review

Männer über Männer auf Männern

Keiner macht Filme wie Luca Guadagnino. Stilvoll, schwul, selbstbewusst, sinnlich, surreal. Vielleicht noch Tom Ford, wenn er sich denn mehr dem Medium Film widmen würde. Vielleicht Refn wenn er sich menschlicher und sexueller aufstellen würde. Aber im Grunde ist Guadagnino one of a kind, love or hate, trotz seiner klaren Stilmittel und Bildsprache eine Überraschungstüte. Und das ist verdammt gut so! Mit „Queer“ setzt er seinen schwulen und sexuellen und provokanten Themen die bisherige Krone auf - und lässt keinen Geringeren als Daniel „007“ Craig u.a. in Mexiko-Stadt in einen Strudel aus Erotik, Bettgeschichten, Tequila, härteren Drogen und männlicher Eitelkeit wie Einsamkeit geraten… 

Ficken, Fernweh, Fleischeslust

„Queer“ ist ein weirder Film. Selbst für Guadagnino. Daniel Craig dominiert jede Szene, jeden Mann, jedes Bild. Das Ding hat wieder einen abartig guten Soundtrack, wie man es von L.G. gewohnt ist und mittlerweile fast erwartet. Zuerst wird viel getrunken, philosophiert und gepoppt. Doch wenn man meint, es würde auf über zwei Stunden schwulen Matratzensport hinauslaufen, schlägt „Queer“ noch ein paar ganz eigene Haken und Psychotrips zwischen Sizilien, Miniaturbauten und Urwald. Alles kreucht und fleucht, dröhnt und stöhnt und frönt der Melancholie. Besonders in diesen Tagen kommt man um die unverkennbar lynchesken Vibes wohl kaum bei der Rezeption herum. Und insgesamt ist „Queer“ höchst schwitzig, männlich und menschlich. Ein bisschen ein i-Tüpfelchen auf Guadagninos bisherigem Schaffen. Sicher nicht sein Bester. Nicht für mich. Für viele sicher zu viel. Aber bei weitem auch nicht nur Provokation oder reine Popopoppplaudertasche. Ich liebe die Songs, ich liebe das Zirpen des Dschungels, ich liebe Craig, ich liebe Guadagninos dicke Eier, ich liebe seine sensible Art voller Sekrete und Schweiß. Und „Queer“ ist schon ein mutiges Experiment. Für manche aber eventuell sogar eher ein Exkrement. Doch vor solchen Mutmaßungen und vorschnellen Meinungen bildet sich hoffentlich zuerst jeder selbst ein Bild. Momentan z.B. auf MUBI bei drei nahezu kostenfreien Monaten. 

Telepathie und Trunkenbolde 

Fazit: Guadagnino goes full Guadagnino… und Daniel Craig mit der mutigsten und befreiendsten Performance seines Lebens. Ziemlich schwul, ziemlich bonkers, ziemlich gewagt, ziemlich provokativ. Und erstaunlich surreal. Und für meinen Geschmack ziemlich brillant. Burroughs und barfly. Vor allem im letzten Drittel haben mich ein paar sagenhafte „WTF?!“-Momente nochmal richtig aufgeweckt und abgeholt, staunen und raunen lassen. Zwischen Schwanzlutschen und Froschlecken. 

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