“Did you stop writing novels and start making movies?'
Anders als seine Kollegen wie Andy On, Xing Yu oder Louis Fan scheint der kämpferisch ebenso, wenn nicht gar mehr begabte Collin Chou, früher länger als Ngai Sing an der Seite vor allem auch um Yuen Biao oder Sammo Hung bekannt, in den letzten Wochen und Monaten sich eher zurückgezogen zu haben, er ist weder im Kino oder im aufkeimenden Streamingmarkt großartig zu sehen; trotz eben physischer Attribute, die ihn für Actionerzeugnisse geradezu prädestinieren, und auch einer entsprechenden Reputation dafür:
Bei einer versuchten Befreiung der von Ausländern als Geisel genommenen Wissenschaftlerin Nancy [ Xu Shendong ] wird die extra gesandte Thunder Security Company unter Führung von Lin Sen [ Collin Chou ] bis auf den Neuling Yu Wei [ Fu Ziming ] komplett aufgerieben. Yu schreibt zur Verarbeitung der Ereignisse an einem Roman namens "Ghost Sniper", wird bei der Arbeit allerdings auch erschossen. Währenddessen taucht er im Körper von Lin Sen auf, vor der entscheidenden Mission, und erlebt die Ereignisse immer wieder.
Die erste Mission noch im Vorspann, ein leitender Text, Action Code lautet "Ghost", im Sprint und fliegenden Start auf ins Gefecht. Eine Schießerei in einer Kirche, in ihr und vor ihr, gegen Entführer einer Biotechnologin, Explosionen, Zeitlupen, Blutspritzende Schießereien, durch die Gegend und von der Brüstung geschleuderte Gesellen. Ein erstes schnelles Massaker, die Spezialisten gegen die Söldner, mit dem Moment der Überraschung, auf deren Terrain. Laut die Schusswechsel, lärmig der Score, ein überdrehtes Effektfeuerwerk, manchmal mit Wirkung, manchmal ohne Überzeugung. Gliedmaßen werden abgetrennt, abgerissen von den Schüssen, die Opferzahl reichlich, auf beiden Seiten.
Ein Team ging verloren, noch kurz vor dem Gelingen der Mission und vor dem Entkommen, ein Albtraum in der Eröffnung, alles bloß in den PC getippt, in den Editor geschrieben. Ein Ausleben der Fantasie, "your novel is well written.", "You'd better write down the truth.", ein Korrigieren dieser. Es geht um echte Helden und um falsche Wahrheiten, um ein Verdrehen von Fakten, das erinnert etwas an Tang Qiaojias One More Shot a.k.a. VR Fighter (2021), ein gedankliches Experiment in Sachen Brutalität und Aktion, in Science Fiction und persönlichkeitsakzentuierter Realität. Mit Internationalität wird hier auch etwas gearbeitet, mit ausländischen Darsteller, mit ein wenig englischen Dialogen, der Schauplatz nicht genannt, die Zeit, in der es spielt. Was ist dran an der Sache, "What's going on?", was stimmt an dem Gesehen, wie weit kann man dem trauen? Tote sind lebendig und andersherum, das bleibt laut und lärmig, nun selbst in den Dialogen. Aus einer Perspektive wechselt man in die andere, man ändert die Persönlichkeit, man ist nicht sich selber, man stellt jemand anderen dar. Das ist mal ein neuer Ansatz im Erzählen, man hättet lieber die Einleitung selber und das übliche Prozedere der chinesischen Actionfilme, deren strikte, wenn auch simple Struktur, den narrativen Minimalismus gesehen.
Chou, der hier trotz körperlich Gestähltem das Alter nicht verhehlen kann, und ein wenig aussieht wie Jackie Chan, nur fünfzehn Jahre jünger, was also der Wahrheit dann entspricht (Chou ist Jahrgang '67, Chan '54 geboren), und leider auch so spielt, demnach eher weniger als 'Meister aller Klassen', viel mehr als unfreiwillig involvierter, als großer Clown, als Hasenfuß, ist dabei leider fehl besetzt; er spielt buchstäblich die falsche Person. Die Handlung hier als Wiederholung von Informationen, die technische Handhabe geht durchaus in Ordnung, gedämpfte Farben, Waffenaffinität, viel Blutpäckchen, etwas handgreifliche Konfrontation. Inhaltlich großes Chaos, eine Wiederholung der sowieso gescheiterten Mission, der eben gesichteten schlechten Dialoge, ein Katastrophenfilm als Und ewig grüßt das Murmeltier, stets der gleiche selbe gruselige Traum, wie Boss Level, nur in schlecht.
Eine Art Paralleluniversum, ohne Sinn und ohne Verstand, ohne Reflexion, mit denselben Blutspritzenden Szenen wie zuvor, ein Kommen und ein Gehen, kein Weiterführen der Narration. Kopfschüsse gibt es vielerlei zu sehen, später auch polizeiliche Ermittlungen, ein Durcheinander im Geschehen, wie ein Videospiel mit Restart und Verlängerung, gedreht von einem Duo, einem verhältnismäßig erfahrenen, jetzt nicht wirklich positiv auffällig gewordenen Mann und seinem Drehbuchautor, beide schreiben auch das Drehbuch, hat man die Schuldigen demnach schon entdeckt, im Übrigen wird Edge of Tomorrow und Source Code selber als Quelle der Inspiration benannt. None the wiser quasi das Motto, eine oder zwei Szenerien, das Hauptquartier der Truppe, dann der Einsatzort, eine zerbombte Straße und die Kirche, übersichtlich vom Set her, nicht allzu viel an Location und Aufwand nötig. Spätestens nach ca. einem Drittel ist die Luft raus aus dem Ganzen, der Film nur 75min, in der Kürze liegt die Würze eigentlich, hier ist selbst der Weg zu lang.
Als psychologisches Konsil mit Traumaverarbeitung und dem Stellen von Ängsten hat es zuweilen Potenzial, gerade durch einen Parallelplot, ist zu dumpf gehalten, zu aufgedreht, fast als Komödie zuweilen, dazwischen all das Sterben, eine seltsame Mischung, mit Freude an der Brutalität, mit wenig Attraktivität. 200x wird das dargeboten, dann bekommt man wieder die Szenen aus der Eröffnung, das bis dato einzige Positive zu sehen, das Durchmarschieren gegen die feindliche Partei in der umgebauten Kirche, Folge vom andauernden Praktizieren, alles andere ist eher frustrierend und deprimierend, es ist teilweise gefährlich (Suizid als Ausweg aus einer Persönlichkeitsstörung?!), ein Live Die Repeat im Delieren.