Review

Dieses Werk ist ohne Frage ein Crossover bekannter filmischer Vorlagen, den Copy-Paste-Vorwurf muss sich Regisseur Robert Eggers definitiv gefallen lassen. Dennoch versucht er natürlich, durch diese Mischung plus vieler eigener Ideen, ein eigenständiges Werk zu präsentieren. An vielen Stellen ein Best Of, an wenigen eine missglückte Hommage. Der schaurige Murnau, der melancholische Herzog, die gotischen Hammer-Streifen, der fantasievolle Coppola. Betreffend der Bildsprache würde ich vor allem erstes und letztes als stärkste Inspiration betrachten. Hinsetzen und berauschen lassen, fast jede Momentaufnahme ist ein wunderschönes Gemälde. Die Reise nach und der Aufenthalt in Transsilvanien sind ein absoluter Leinwand-Genuss. Neben dem Fokus auf die Augen des Zuschauers, liegt ein weiterer auf dessen Herz, wenn er denn eins hat. Stumpfe Gore-Hounds und Popcorn-mampfende Jump-Scare-Jünger seien gewarnt, hier könnte es zäh werden.  Ausgerechnet der Namensgeber, der Inbegriff des Horrors, ist kaum greifbar, entsprechend entfremdet sogar mit einem mäßigen Darsteller und personifizierten Maskeraden-Fetisch wie Bill Skarsgård besetzbar. Er wirkt weniger wie das dramaturgische Zentrum, „er wird kommen“, denn als ein handlungsbedingtes Beiwerk. Graf Orlok ist entweder als bestialische Urgewalt oder surrealer Schatten im Hintergrund inszeniert, ein figürlicher Motor zur Ausarbeitung des Mittelpunktes der Geschichte: einer tiefen Liebe! An der Stelle polarisiert definitiv Lilly Rose Depp. Ein intensives Dauer-Delirium, ein jämmerlicher Haufen Gefühle, Schwermut, Wahnsinn, Hingabe. Ich habe es geliebt, sie ist der Star des Films, ideell und konzeptionell. Ihr Puzzleteil Nicholas Hoult, wie immer eine sichere Bank und damit stabilisierender Gegenpart. Reeves / Ryder ruhet in Frieden. Auch der Rest des Cast ist durchweg stimmig, die allgemeine Kritik an Dafoe und Aaron Taylor-Johnson zum Beispiel kann ich nicht teilen. Der eine in der Rolle des überdrehten Wissenschaftlers mit durchwirbeltem Verstand, der andere als neureicher Schönling mit einfachen Standpunkten, wenn das nicht passt. Nosferatu ist insgesamt wie seine Titelfigur, von düsterer Stimmung und traurigem Gemüt, hoffnungslos und gemächlich, von schöner Hässlichkeit. Ein gern gesehener Kontrast zum sonstigen Filmstandard unserer Zeit.
 

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