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Ein sympathischer Familienvater mit Iranischen Wurzeln und ein Professor für Islamwissenschaft. Der eine bittet den anderen zu einem  Gespräch über Glauben und Unglauben, Gut und Böse und über die Frage, ob die Gebote des Korans mit Gewalt vereinbar ist. Was scheinbar harmlos beginnt, entwickelt sich zu einem mentalen Kräftemessen, als dem Professor klar wird, dass sein Besucher einen Anschlag plant – und die Bombe bereits scharf macht. Nichts steht fest, nichts ist so, wie es scheint in diesem Kammerspiel, das drängende Fragen nach Hass und Versöhnung, den Ursachen der Radikalisierung, gegenseitiger Achtsamkeit und einer Welt mit und ohne Gott stellt…

Der Ansatz klingt interessant und im Endeffekt hatte der Regisseur zwei Möglichkeiten. Er präsentiert seinen Streifen als Thriller oder als Drama – leider hat er sich für letzteres entschieden und so gestaltet sich der Streifen doch sehr dialoglastig.

Das ist im Grunde nicht schlimm, denn auch da kann eine gewisse Spannung entstehen, die man allerdings über weite Strecken des Films sucht. Das liegt vor allem daran, dass die Erklärungsversuche des Professors nicht wirklich überzeugend sind bzw. dass man eben den Koran vielseitig auslegen kann – und so wird das Ganze mit der Zeit etwas mühselig, denn die Argumente die Tukur in seiner Rolle vorbringt sind im Endeffekt dann doch immer die gleichen - nämlich Gesetze und Nächstenliebe.

Anscheinend hat Regisseur Jurijs Saule selbst gemerkt, dass die Geschichte eine so lange Laufzeit nicht trägt und garniert das ganze mit jeder Menge Kameraspielereien. Das ist nett, erschöpft sich irgendwann aber genauso wie die Dialoge.

Über die beiden Schauspieler die den Streifen (von wenigen Ausnahmen abgesehen) im Alleingang tragen, kann man nichts wirklich negatives sagen. Tukur ist eh über jeden Zweifel erhaben, bleibt aber insgesamt doch etwas eindimensional gezeichnet, während der mir völlig unbekannte Zejhun Demirov eine absolut tadellose Leistung anbietet.

Trotzdem hätte man aus dem Thema mehr herausholen können und ich bleibe dabei – als Thriller hätte MARTIN LIEST DEN KORAN deutlich besser funktionieren können – das war aber Saule anscheinend zu banal, also wollte er das ganze künstlerisch angehen, so dass das Feuilleton mit Sicherheit wieder aus allen Rohren „Kunst, Kunst“ schreit, während der durchschnittliche Konsument mit einem Fragezeichen zurückbleibt.

Ich schaue gerne ARTHOUSE, auch deutschen, aber insgesamt wirkt das ganze auf mich nicht zwingend genug, um den „normalen“ Zuschauer, bei der Stange zu halten und dem eigentlichen Anspruch, nämlich den durch den Koran, in Teilen vermittelten Extremismus zu belegen bzw. zu widerlegen, wird der Streifen dann doch nicht gerecht

Einer Bewertung enthalte ich mich, da ich mir vorstellen könnte, dass Menschen, die eben aus dem Feuilleton kommen, diesen Streifen hier ganz anders sehen als ich.








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