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Als ehemaliger Kriegsberichterstatter aus dem Vietnamkrieg war Regisseur John Irvin natürlich prädestiniert „Hamburger Hill“ filmisch umzusetzen.
Im Mittelpunkt des Geschehens steht hier eine Einheit junger Soldaten, die frisch nach Vietnam gekommen schnell ihre Lektionen lernen müssen: Der Feind lauert überall, gesundheitliche Hygiene wird vorschriftlich verordnet und Gehorsam bedeutet überleben. Teilweise ist das Ganze etwas holprig gemacht (das Pseudoanschleichen des Pseudovietcong), die meiste Zeit über liefert „Hamburger Hill“ aber ein stimmiges Bild des G.I.-Lebens in Vietnam, wenngleich den Genrevorgaben nicht viel neues hinzufügt.
Genau jene Einheit gehört dann zu der Truppe von Soldaten, die den Hügel Nr. 937 erstürmen soll. Da er gut verteidigt wird und die Soldaten massenweise zu Hackfleisch verarbeitet werden, heißt er bald nur Hamburger Hill...

Man merkt „Hamburger Hill“ die Erfahrung Irvins als Kriegsberichterstatter schnell an, denn das Feeling von mittendrin statt nur dabei stellt sich schnell ein. Mit der Kamera bleibt Irvin immer nah am Geschehen und konzentriert sich auf die Perspektive des kleinen Soldaten, der sinnlosen Befehlen ergeben folgen muss – auch wenn von den 600 Soldaten, die den Hügel bestürmen, mehr als zwei Drittel niedergemetzelt werden und der Sinn der Aktion nie so wirklich klar für die Einheit wird. Man tut halt, was einem befohlen wird.
Irvins Erfahrung dürfte dann auch der Grund sein, warum die Gefechte so wuchtig-realistisch rüberkommen, denn hier muss „Hamburger Hill“ den Vergleich mit Genregrößen wie „Platoon“ oder „Full Metal Jacket“ nicht scheuen: Die Gefechte erschüttern den Zuschauer, präsentieren ein sukzessives Nachlassen von Menschlichkeit, denn dem Gegner gegenüber wird immer weniger Gnade gezeigt. Als gewollte Irritation streut „Hamburger Hill“ dann immer wieder fast malerische Bilder der Zerstörung ein, z.B. wenn Sergeant Frantz (Dylan McDermott) auf einer Lichtung sitzt und raucht, während hinter ihm ein bombastischer Napalmangriff geflogen wird.

Den ganz großen Genrefilmen ist „Hamburger Hill“ dann im Endeffekt aber nicht ebenbürtig, was zwei Gründe hat. Zum einen hält sich der Innovationsfaktor in Grenzen, viele Gegebenheit und Klischees kennt man aus zig artverwandten Werken: Der Soldat, der von einem Auto als Lohn für seine Taten träumt, der Soldat, der einen Trennungsbrief von seiner Freundin im Feld erhält, der schwarze Soldat, der wegen seiner Hautfarbe diskriminiert wird. Der wesentlich größere Nachteil ist allerdings die etwas holprige Dramaturgie. Das Fehlen eines Überblicks ist als Stilmittel sicher recht interessant, aber gelegentlich sind die Szenenwechsel sehr abrupt, z.B. wenn vom Kampfgeschehen zur Gefechtspause gewechselt wird. Ähnlich wirkt dann auch das Ende, wenn nach einem Potpourri von Gefechtsszenen und dialogreichen Gefechtspausen auf einmal der Abspann rollt.
Schauspielerisch kann man dafür nichts bemäkeln, vor allem Dylan McDermott als fürsorglicher Anführer der Truppe ist eine echte Bank: Seine Figur folgt den Befehlen, hetzt mit den Männern den Hügel hinauf, obwohl ihm die Sinnlosigkeit der Aktion bewusst ist. Einen Gefechtsreporter kann er nur anraunzen – eine selbstironische Darstellung John Irvins? Ein junger Don Cheadle und ein junger Michael Boatman sind in weiteren Rollen zu sehen sowie eine Handvoll weniger bekannter, aber dennoch talentierter Jungdarsteller, die ihren Kanonenfuttersoldaten genug Persönlichkeit aufdrücken, um jeden Verlust tragisch wirken zu lassen.

Insofern mag es an der Dramaturgie hapern, ein sehenswerter Vietnamfilm ist „Hamburger Hill“ aber dennoch, denn gerade John Irvins nahe am Geschehen operierende Inszenierung weiß zu gefallen, ebenso die durchweg überzeugenden Darstellerleistungen.

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