Das erste Aufeinandertreffen mit den potenziellen Schwiegereltern. Da ist man im Schnitt 18 bis 20 Jahre alt, meistens noch etwas grün hinter den Ohren und steht massiv unter Druck. Diese Ausgangssituation nahm der griechische Autor und Regisseur Dennis Iliadis als Ausgangslage für einen nicht uninteressanten Psycho-Thriller.
Athen 1995: Im Massagesalon lernt der 18jährige Argiris die attraktive Mary kennen und verknallt sich umgehend in sie. Mary bittet den jungen Mann um ein Wochenende bei ihren Eltern im abgelegenen Landhaus. Doch Sandra und Yorgos entpuppen sich als übergriffig und unterziehen Argiris einigen Tests, die seine Liebe zu Mary unter Beweis stellen sollen. Doch wann wird für den jungen Mann eine Grenze überschritten sein?...
Deutliche Parallelen zu Jordan Peeles „Get Out“ sind nicht von der Hand zu weisen, wobei hier die Geschichte von Verhaltensforschungen in auffälliger Form beigemengt wird. Gleich zum Einstieg gibt es Archivaufnahmen mit fragwürdigen Tierexperimenten, die primär in den 1960ern und 70ern durchgeführt wurden und am Ende kaum Rückschlüsse auf menschliches Verhalten schließen ließen. Augenscheinlich gibt es eine Verbindung mit jenen Forschungen und Marys Eltern.
Mit Ankunft im Landhaus herrscht umgehend eine bedrückende Stimmung. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass Eltern nach der Situation des Kennenlernens fragen, doch hier ist es die Tatsache, wie sie dies tun. Bereits zu diesem Zeitpunkt würden einige an Rückzug denken und man fragt sich schon, wie blauäugig und schockverliebt Argiris wohl sein muss.
Jene Tests nehmen zuweilen absurde Züge an und es durchzieht sich ein pechschwarzer humoriger Faden durch die Angelegenheit, die meistens von Yorgos ausgeht. Zuweilen deutet dieser nicht gerade schlanke Typ eine einschneidende Aktion auch in körperlicher Form an und man weiß nie, was dem folgen mag. Es herrscht latente Unberechenbarkeit, wobei die Rolle von Mary nicht so recht klar wird, da sie sich oft passiv verhält.
Entsprechend driftet das Geschehen mitunter ins leicht Surreale ab, wobei auf Visionen oder gar Fieberträume verzichtet wird. Eher ist es das Ambiente in einem Kellerraum des Hauses und die teils weltfremd anmutenden Verhaltensmaßnahmen der Eltern in bestimmten Situationen. Irgendwie wartet man schließlich doch auf eine Art Eskalation.
Sonderlich blutig wird es bei alledem nicht und auch Extremsituationen (sofern man nicht die komplette Chose als solche betrachtet) bleiben eher aus. Zwar offenbaren sich im finalen Akt noch einige Twists, doch bei all den Andeutungen hätte sich eventuell eine etwas nachhaltigere Pointe ergeben können, was den positiven Gesamteindruck deutlich mindert.
Dennoch punkten neben dem passablen Handwerk die treffend besetzten Mimen und ihre ansprechenden Leistungen. Die Geschichte baut ordentlich Spannung auf und lässt im Verlauf einige Fragen entstehen, die am Ende nicht alle zufrieden stellend beantwortet werden, zumal der Ausgang ebenfalls Zweifel aufkommen lässt. Trotz dieser Mankos ein durchaus ansprechendes Werk, welches jedoch nicht ganz seinem Potenzial gerecht wird.
6 von 10