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Dass ein Tony Jaa eines Tages seinen neuen Film auf bzw. für einen chinesischen Streamingdienst, in diesem Fall für das in Peking ansässige Videoportal Youku anbieten würde, war sicherlich bei Verkündigung eine kleine Überraschung, mit ein wenig Recherche aber absehbar. A) wird demnächst auch Expendables 4 Kollege Iko Uwais unter Führung des erfahrenen Qin Pengfei dort auflaufen, b) sind bereits andere auch aus dem HK-Kino bekannte Namen wie Simon Yam, Francis Ng, Richie Jen oder Nick Cheung in den letzten Monaten und Jahren vermehrt in rein digital angebotenen Werken unterwegs, und c) bedient Jaa auch seit längeren (Skin Trade, 2014 bspw.) schon den DtV-Bereich, nichts anderes also als dieses Werk hier. Zudem ist der Film Teil an einer angekündigten Offensive, sich auch vermehrt dem westlichen Ausland zuzuwenden und dieses zu bedienen, neue Zuschauer abzufangen, prompte Marktkäufe bspw. in den USA waren entsprechend die Folge, dort auch mit einer Auswertung in den Kinos, natürlich im Limited Release. Striking Rescue dabei von Regisseur Cheng Siyu von Jemanden gedreht, der zuletzt in Desperado a.k.a. Thug in a Suit (2024) von sich reden machte, in entsprechenden noch kleineren Kreisen natürlich, der aber auch darüber hinaus kampfsportaffine Werke wie The Tai Chi Master (2022), Fist of Fury (2021) oder dem Debüt The Grandmaster of Kung Fu (2019) im Genre probierte:

Nach dem gewaltsamen Tod von Frau und Tochter hat es Bai An [ Tony Jaa, welcher die meiste Zeit wirkt wie ein Gestörter ] auf einen Rachefeldzug abgesehen, mutmaßlich gegen den nach außen hin integer wirkenden, allerdings mit illegaler Logistik hantierenden Geschäftsmann He Yinghao [ Philip Keung ]. Als dieser selber durch die Konkurrenz um Clay [ Michael Mao ] und dessen rechter Hand Long Tai [ Xing Yu ] angegriffen wird, und Hes Tochter He Ting [ Chen Duoyi ] gekidnappt wird, rettet Bai An das junge Mädchen, die wiederum von ihrem Bodyguard Wu Zheng [ Hong Junjia ] und Lu Ping [ Peng Bo ], der Geschäftsführerin und neuen Frau von He, sowie von der für die Gegenseite tätigen Kämpferin Meya [ Sherry Wang ] 'verfolgt' wird.

Mit Furiosität, Seriosität und Wut und Blut beginnt es gleich, geht es gleich los, eine Übernahme des Beginns vom durchaus gewalttätig gehaltenen Desperado, dort auch die Selbstjustiznummer, das harte Los. Ein Gangster hier involviert, eine Lokalgröße, von Philip Keung im Gastauftritt gespielt, der Film selber tatsächlich von Youku Pictures in Verbindung mit Tmeng initiiert; während auch in Thailand eine neue Generation heranwächst, die sich an Panna Rittikrai und Tom Yum Goong und Co. orientiert.

Ein Autounfall ist passiert und ein Mord, eine Familie wurde ausgelöscht, der Ehemann und Vater sinnt auf Rache, er nimmt das ganze Syndikat ins Visier; eine flotte Einleitung, die ersten Minuten zählen, die ersten Bilder sind meist umsonst und als Anreiz für die Kunden bereitgehalten, sie müssen wirken. Ein Hauptquartier der Gauner wird gestürmt, das Erste, was man sieht, ist ein Kniestoß, der Gegner durch den Raum katapultiert, vorher das Training, die Bandagen triefend vor Blut, nun wird am lebenden Objekt der Kampf weitergeführt. Die Gegner zahlreich, die Beintritte treffsicher, die Bewegungen flink und die Kombinationen zuweilen auf Schnelligkeit prononciert, dann wieder in Zeitlupen festgehalten, in Wiederholungen, eine bessere Montage als üblich, die Stuntmen einiges auszuhalten. Knochenbrüche, Stürze ins Holz hinein oder durch Glas, eine versuchte Gegenwehr nur, das Meiste ist eine Sache von Sekunden, dann liegen ganze Herrscharen am Boden, gebrochen und ausgeknockt, reif für das Krankenhaus. Eine rasche Aufräumaktion, ein Appetizer, eine Art Teaser, dann die Geschichte, das Verfolgen der Spuren von A nach B, die Konkurrenz ist im Übrigen überschaubar, die Messlatte wurde zuletzt zumeist nur durch Yang Bingjia und Qin Pengfei und deren Arbeiten mit Tommy Sik und Xie Miao, durch Black Storm, Curbing Violence, oder die beiden North East Police Story, dann und dort aber auch höher, auch edler gelegt.

Der Schauplatz fürs Austoben ist auch sichtlich Thailand, ein Auswandern aus China hinaus, zuweilen im englischen Dialog, dann wieder Mandarin, die Bilder versuchen sich etwas besser zu stellen, Farbe in das Geschehen zu bringen, sich dem Zuschauer anzubiedern. Um Drogen geht es auch, am Rande, um Familienprobleme, Generationenkonflikte, Patchwork-Situationen, interessieren tut der narrative Aufbau natürlich nur die Wenigsten der Klientel, Keung gibt dem Ganzen etwas darstellerische Würde. Lehren werden gezogen und Lektionen verteilt, eine Observation im Geheimen, ein Vollzug geplant. Mehr als die Narrative mit damals dem entführten Elefanten ist die Geschichte hier auch nicht, ein Vorwand zum Agieren, schauspielerisch oft überzogen, inhaltlich dünn, eine gängige Mischung, die oft dargeboten wird, hier mit einem (ehemaligen?) Star in der Hauptrolle, dazu auch mit Xing Yu ein würdiger Gegner. Etwas mehr Aufwand als üblich wird auch investiert, dafür bleibt das Drama egal, es dient nun mal der Unterhaltung, der Anziehungskraft, nicht der Feinfühligkeit, es ist auch kein Kino, es soll Kunden akquirieren. Mancherlei Überblendungen funktionieren, ansonsten Jaa hier mit einem Gesichtsausdruck, das war in höhergestellten Arbeiten wie SPL 2: A Time of Consequences oder der auch als SPL 3 bekannte Paradox schon mal geringfügig anders, dort wurde mehr verlangt, eine gewisse Dramaturgie und Schauspielführung.

Ein Überfall von einer gegnerischen Partei macht den Rachefeldzug erstmal zunichte, die Waffen sprechen, Macheten und Pistolen, ein Eingreifen in einen Gangsterkrieg, mittendrin statt nur dabei, eine Entscheidung muss getroffen werden. Eine Entführung, ein größeres Massaker, Leichenberge auf den Straßen, mit körperlicher Kraft agiert, mit Schlag- und Stichwaffen, dazu eine Arbeit auch vor der Rückprojektion oder mit Explosionen aus dem Computer, ein gespaltenes Vergnügen, handwerklich unsauber, man kann halt nur die Choreografie selber, diese (hier durch Guo Yulong) aber wirklich. Die Örtlichkeiten eher schäbig, ein Elendsviertel, eine Süchtigen- und Prostituiertenhölle, das Gehabe genauso, viele mäßige bis schlechte Darsteller, dazu Rückblenden, um die Zeit zu füllen; wie man damit ausländisches Publikum erreichen will, ist eher fraglich, auch wenn das Genre des DtV-Actionfilmes in der längeren Krise steckt. Ein Fantasieort, dazu allgegenwärtige Korruption und Verschwörung, auch im Verhalten der Behörde, nur außerhalb der VRC möglich, ein gängiges Prozedere hier, keine Chance, die ergriffen wird, die Hauptrolle hätte auch von den Erwähnten oder bspw. Andy On bzw. Louis Fan gespielt werden können. Zumindest ist das Zusammenwirken mit der jüngeren Actrice in Ordnung, diese spielt die Männer an die Wand, sie hilft der Handlung, sie bringt den Fortgang bis zum massiveren Finale mit der Erstürmung einer im Wald gelegenen Gangsterhochburg voran; und die Einzelkämpfe wirken, die Massenszenen sind allesamt zu vernachlässigen, 100 Mann mit Macheten im engen Hotelgang.

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