Streaminghit-Duty Free
„Carry-On“ ist in die klassische 90s-Actionschule gegangen und liefert mit guter Besetzung, guter Inszenierung, gutem Tempo und guter Spannung einen festlichen Hit für Netflix und die Massen - über den aber sicher nicht nur John McClane nur müde geschmunzelt hätte… Erzählt wird von einem jungen, werdenden Vater und Flughafensicherheitsmitarbeiter, der am Weihnachtsabend von Terroristen erpresst und unter Beschlag genommen wird…
Dienst nach Vorschrift
Jaume Collet-Serra kann Spannung, er kann Energie und hat sogar schon Flugzeugthrillererfahrung („Non-Stop“). Egerton versucht schon eine Weile Mann oder gar Leading Man zu werden. Dean „Hank aus Breaking Bad“ Norris ist ein mehr als tauglicher Nebendarsteller. Und Jason Bateman kämpft sich auch schon länger aus seinem Saubermannimage mit einigen fieseren Bad Guy-Rollen. Dazu der Flughafen, die Weihnachtszeit, eine Prämisse wie vor 30 Jahren angesagt und damals schon funktionierend. Durch Netflix ohne Umwege einem Millionenpublikum zugänglich. Da kann nichts schief gehen, ein Selbstläufer - zumindest was die Anzahl an weltweit Play drückenden Leuten betrifft. Ein kleiner gemeinsamer Nenner. Aber ist dabei auch ein wirklich sehenswerter Film herausgekommen? Oder nur Malen-nach-Erfolgszahlen? Eine Mischung aus beidem, würde ich behaupten. „Carry-On“ funktioniert. Er rollt und poltert los und hört damit allzu schnell auch nicht mehr auf. Er sieht hochwertig aus, er baut auf ein „Was würdest du tun?“-Flair und weicht nie von seinem klaren Ziel, Weg, berechenbaren Klischees ab. Mainstream done right schon irgendwie. Und dennoch bleibt Mainstream eben Mainstream. Ohne Überraschungen, ohne Härten, ohne Kanten, ohne Zunge, Zähne oder echtem Zunder. Zaghaft und zu safe. Deswegen bin ich sicher nicht begeistert - wurde aber immerhin durchgängig bei der Stange gehalten und habe bekommen, was ich an Mindestanforderungen erwartet habe. Mehr zu keinem Zeitpunkt. Alles nach Flugplan. Niemand Wichtiges stirbt zu früh oder zu hart. Niemand wirft ein rotes Auge hoch in die Luft, der Terminal ist nie zu gefährlich bedroht, der Passagier auf dem 57. Platz hält still und räumt nicht auf. Es ist der glatte Krimi für die Mimi von heute, ohne den sie noch immer nicht ins Bett geht…
Fazit: an „Carry-On“ ist alles routiniert und solide - aber nie mehr als das… Trotzdem ein sicherer, massentauglicher Weihnachtsthrillerhit für Netflix. Kurzweilige, fast oldschoolige zwei Spannungsstunden. Da ist Collet-Sara 'ne Bank. Umgehauen hat er mich aber noch nie - hier ebenso wenig. Am nächsten kamen echter Klasse noch seine frühen Horrorfilme, vor allem „Orphan“.