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Für die meisten Zuschauer außerhalb der Stadtgrenze von Hongkong eher ein unbeschriebenes Blatt, also unbekannt, es sei denn man hat aus Neugierde den Caged Beauties (1993) konsumiert oder erinnert sich an den (blassen) Antagonisten aus Corey Yuen Kwais So Close (2002), hat Deric Wan lokal durchaus eine diverse Karriere hingelegt. Bekannt geworden mehr als Sänger, als Balladenbarde, mit wirklich lieblichen Cantopop und Mandopop, sowie einer Fernsehlaufbahn, die auch einige Serienhöhepunkte umfasst, war Wan gerade Anfang der Neunziger und dies auch länger anhaltend durch gutes (Schwiegermutter)Aussehen und ebensolchen adretten Benimm durchaus beliebt und gefragt, folgerichtig wurde auch er und dies zweimal und zu vollkommen unterschiedlichen Zeiten als Star für die Telemovies von TVB (Television Broadcasts Limited) auserwählt. Double Crossing (2003) stellt sich als Thriller mit Hakenschlagen dar, The Wild Lovers funktioniert etwas wilder, und wirft Erinnerungen an Legendary Couple (1995) oder The Wild Couple (1996) auf; ob die Verbindung stimmt, muss und wird man sehen:

Hua Mengmeng [ Deric Wan ] wurde zu Unrecht inhaftiert, verhält sich im Gefängnis auch ruhig, wird aber eines Tages in einen Ausbruch von Gangster Dong [ Lee Siu-Kay ] hineingezogen, der ihn buchstäblich an den Handschellen aus dem Knast schleift. Dabei wird auch er von der Polizei für einen der Übeltäter gehalten, einzig Wei [ Yvonne Yung Hung ], die Tochter eines schwerreichen Magnaten [ Wong Wai ], weiß um die Wahrheit und nimmt den Flüchtigen auf, der bald neben den Gesetzeshütern auch die Gangster und die (seine Mutter) belästigende Presse auf den Fersen hat.

Laut HKMDB gar mit dem Category III (Güte)Siegel versehen, trotz der Herkunft als Fernsehfilm, was sich eigentlich widerspricht, und nicht sein kann, was nicht ist; eine Eröffnung im Gefängnis, vom Ende oder doch vom Anfang her an? Eine Erinnerung, Zeit genug zum Nachdenken hat man in seiner Einzelzelle, etwas blässlich das Geschehen, dafür eine erste Bedrohung, eine erste unerwartete Hilfestellung, eine ausufernde Prügelei im Essensraum, selbst die Wachen werden angegriffen, eine gewaltsame Meuterei, ein Aufstand der Insassen, aggressiv gefilmt auch, mit Zwischenschnitten, mit dem Abfeuern von Tränengasgranaten, viel Schlägerei mit dem Schlagstock und anderen unmodifizierten Waffen, dazu eine unfreiwillige Flucht, eine Flucht in Ketten, mitgefangen, mitgegangen.

Gedreht von Lin Chi-Fan, der zuvor u.a. für den groben Malevolent Mate (1993) zuständig war, wird hier zu Beginn viele Eindrücke einer Wildheit bis zur Verrohung geboten, gar nicht bloß nur den Prison Break, sondern die wirbelnde Kamera, und das Parallelgeschehen in einem Nachtclub, eine Frau aufreizend tanzend in der Lederkluft, auch dort 'abgetastet' von den Bildern, obsessiv bis obszön fast, auch dort violente Aktionen, ob nun gegen Mensch (einen Verehrer, der sich angesprochen fühlt und die Glasflasche über den Schädel gezogen und einen Tritt in den Unterleib bekommt) oder gegen Objekte, die Zerstörung des nachtclubeigenen Fernsehers; nur der Anfang von mehr.

Eine düstere Stimmung, alles auf Krawall gebürstet, auf Stress und Ärger, schnell auch die Planung eines Überfalls, mit Schusswaffen und roh gehalten. Schusswechsel mit der Polizei sind flink, Glas splittert, Funken sprühen, ein Feuern aus allen Rohren und von allen Seiten, eine hektische bis chaotische Autoverfolgungsjagd, selbst die RPG wird gezückt, ein Polizeiwagen explodiert. Viele Schlagzeilen für die Presse, viel Aufregung für den Zuschauer, eine flotte Berichterstattung, in der Anlage und Ausführung atemlos. Das On the Run - Geschehen hat man schon mehrfach in den Telemovies behandelt, hier ohne groß Einleitung, ohne Vorrede und Nachzudenken, optisch weiterhin farblos, dafür schräge Einstellungen, Wan selber eher als Mitläufer, als Spielball der Geschichte, nicht als Treiber; er wirkt eher immer etwas schwächlich, wie ein Leon Lai bspw., das ist so sein Naturell, die Besetzung dahingehend passend, vielleicht etwas zu passiv auch, eher die Bremse, nicht mithaltend mit dem Inferno um ihn herum.

Es ist nicht sein Umfeld, dazu verbreitet die Yellow Press zur Erzielung höherer Einschaltquoten Lügen, plus die Gangstertruppe will Rache, und die Polizei ist natürlich auch noch, viel Material zum Erzählen, viel an Abgründe zu zeigen. Ordentlich Druck von oben und von außen bekommt hier jeder, das wird entsprechend weitergegeben, der Film eine Art Katalysator, ein Ventil nach dem Anderen, ein Angriff der Spitzbuben mit Großkalibrigen auf die vorübergehende Wohnung, die Frau mehr verärgert als der Mann, es wird mit einem in Brand gesetzten Auto vergolten. Überhaupt ist die Figur schillernder und interessanter, sie hat auch Erfahrungen mit Waffen, und ein gewisses Trauma, sie verhält sich impulsiver, spontaner, gibt der Handlung ihre Wendungen und die Bedeutung.

Mittendrin dann geht der Plot abwechselnd auf Verschwörungstheorien und Aufdeckung, auf Nachforschungen und Fahndung, auf Konfrontationskurs und Ausdiskutieren von Konflikten, auf Recherche per Computer und Verfolgung per Monitoring; alles irgendwie nicht wirklich wichtig. Das Umfeld bleibt eher karg und kalt und schmierig, eine Entfremdung und Entgrenzung der Menschen hier, dazu arg beengte Wohnbereiche und Lebensverhältnisse, ein Einblick in die Gesellschaft, das Leben im Verschlag, auf wenigen Quadratmetern. Ein glanzloses Erlebnis, ein bisschen Elend, selbst die Fernsehleute sind wie ein Einsatz- und Überfallkommando hier, nur die erste und lauteste Nachricht zählt.

Zwischen Actionthriller mit Drameneinschlag, zwischen Fakt und Fiktion, zwischen zuweilen Aufwand in der Produktion und dem allgemeinen optischen Niedergang gefangen, eine seltsame Mischung, wie aus verschiedenen Filmen zusammengestellt, nur mit den gleichen Darstellern; oder gespart mal am richtigen und mal am falschen Ende, wer weiß das schon. Geschönt wird jedenfalls nichts, entsprechend sind die zunehmend kriminellen Szenen, der Kreislauf des Verbrechens, es wirkt wie eine DtV-Produktion, auf Video für schmales Geld gedreht. Zum richtigen Zeitpunkt dann wieder die Sturmtruppen im blutigen Kommando, in den graffitiverschmierten Ruinen vor der Stadt, choreografiert von Routinier Choi Chung-Wing, tätig zu Beginn der Karriere bei den Shaw Brothers, ein kleiner Unterschied, ein Absturz zu hier, ein Manövrieren mit den zur Verfügung stehenden Mitteln, der effektiven Nutzung der wenigen Möglichkeiten hier.







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