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In den letzten Tagen und Wochen der TVB Telemovies waren die Filme anführenden Stars teilweise noch dieselben wie zu Beginn der Phase, Bobby Au-Yeung zum Beispiel, aber auch Deric Wan, welcher hier allerdings mit Moses Chan gepaart wird, der nun, zwei Dekaden später mehr oder minder die Spitzenführung bei den männlichen Stars, gehaltsmäßig zumindest ist. Wan selber, der ursprünglich (wie viele andere Leute auch) als Sänger bekannt geworden ist und dahingehend eine durchaus erfolgreiche Karriere und eine spezielle, vor allem für Balladen geeignete Stimme und Erscheinung auch hatte, war um die Zeit von Double Crossing herum sogar, sonst aber (anders als damals noch Moses Chan) im Kino zu sehen. In So Close - Nichts ist so, wie es scheint (2002) nämlich, völlig gegensätzlich zu üblichen Repertoire und auch weitgehend fruchtlos als Antagonist nämlich eingesetzt, eine äußerst merkwürdige Casting-Entscheidung, die den Film dort nicht besser machte, als der er sowieso nicht ist:

Der schwerreiche Cheng Fuquan [ Lau Kong ] ist aufgrund seines abschätzigen Verhaltens mehr oder minder von Freunden und Familie allein gelassen, allerdings steht er kurz vor der Heirat mit der jungen Wan Shahua [ Sheren Tang ], der er bevor dem Ehevertrag und dem Einsetzen in das Testament vorsichtshalber überprüfen möchte. Er engagiert den Privatdetektiv Shun Langchang [ Deric Wan ].

Eine schwierige Situation kündigt sich an, eine Beziehungsgeschichte mit mehreren Problemen und mehreren Beteiligten, ein Geschlechterkrieg zwischen Frau und Mann. Die Gegend zuerst ist nicht die beste, der Putz aufgeplatzt, die Gebäude am Bröckeln, die Straßen bräuchten Ausbesserung, windschief und löchrig sieht die Umgebung aus. Die Polizei wurde vor Ort gerufen, vier Mann in Bereitschaft zum möglichen Verdächtigen gerufen, eine Interrogation steht an. Beobachtung wird das Ganze, von Kameras aufgezeichnet, auch aus der Reserve in Augenschein genommen, es gibt einen Zeugen. Was passiert ist, wo und wann, wird im Nachhinein geklärt und für später aufgehoben, der Tod eines Geschäftsmannes, eine offizielle Untersuchung. Wan ist hier durchaus präsent, in vertrauter Umgebung wieder, zudem sieht man weitere auch heute noch bekannte Gesichter, Raymond Tso, Lee Shing-Cheong und Timothy Cheng zum Beispiel; die orchestrale Musik ist eher ungewöhnlich, eine akustische Erhöhung. Die Videooptik ist hier deutlicher als noch in den Neunzigern, die Räumlichkeiten zuweilen ärmlich, zuweilen wird mit Geld geprotzt, es wird ausgespitzelt, es wird spioniert. Der Zeitablauf sprunghaft, mal vor und mal zurück, eine Detektivarbeit, ein Puzzlespiel. Eine Informationsbeschaffung, zwischendurch eine Rückblende einer wilden Schießerei im Hausflur, die Zusammenhänge noch unklar, die Zusammenarbeit widerstrebend, eine Frage-und-Antwortspiel, eine Morduntersuchung mit vielerlei Hinweisen, mit fehlender Gewissheit, mit einem falschen Spiel.

In den höchsten Kreisen treibt man sich zuweilen herum, die Luft wird dünn, später wird die Luft dick, eine fortwährende Veränderung. Viele Ortswechsel, viele verschiedene Dialoge, Wan offensiv im Bilde, im Gespräch mit gänzlich unterschiedlichen Personen. Quer durch die Gesellschaft spielt die Geschichte, trotz überschaubarer Anzahl entscheidender Faktoren. Die Regie von Wong Wai-Sing, der damals zum Produzenten promotet wurde und mittlerweile der am längsten aktive seiner Zunft auch ist, bemüht sich um Übersicht, um Wechsel der Situationen, um unterschiedliches Tempo, um mal mehr und mal weniger Druck, um eine agile Kameraarbeit, um Schwung trotz der vielen Kommunikationen. Manche der Darsteller spielen damals wie heute, gleiche Rollen, gleiche Mechanismen, manche haben sich selbst optisch nur unwesentlich verändert; eine souveräne Beständigkeit, eine Vertragserfüllung. Zwischenzeitlich wird der Altersunterschied zwischen den Charakteren offensichtlich und in Augenschein genommen, eine Mai-Dezember-Beziehung, die musikalische Umrahmung bleibt esoterisch. Viel findet in Innenräumen statt, in Büros, in Wohnhäusern, eine Studioproduktion, Außenaufnahmen sind durchaus vorhanden, aber eher spärlich. Eine Handlung voller geografischer Begrenzung, voller emotionaler Belastung, voller eher schlechter als guter Erinnerung.

Ein Krimi mit Polizeibeteiligung, mit offizieller Rätselei, ein Polizeifilm mit Thrilleraspekten, mit der fatalen Schießerei, ein ausdrücklich visualisiertes Massaker im Hotelflur. Das psychologische Duell zwischen Wan und Chan, zwei früheren Partnern, hält die Geschichte aufrecht, zwei gänzlich unterschiedliche Charaktere, der Altersunterschied, die Arbeitsweise deutlich, aus verschiedenen Zeiten stammend, aus unterschiedlicher Herkunft; im Film und vom Film, bei dem Einen der Stern sinkend, bei dem Anderen am Starten, trotz des Wechsels zum Fernsehen, eine Wachablösung, eine neue Heimat. Chan hat heute Narrenfreiheit, er hat 2023 drei Groß- und Prestigeprojekte veröffentlicht, er ist regelmäßig in den Schlagzeilen, er mag hier die zweite Hauptrolle sein, die Fähigkeiten und Ambitionen aber deutlich. Leider verliert der Film ab dem dritten Drittel etwas an Energie, es wird ein kleines persönliches Drama mit ebensolchen Gesprächen, es gibt Andeutungen von Bettszenen, die Andeutungen bleiben, es wird etwas an negativen Gefühlen freigesetzt, Eifersucht vor allem, der Umgang mit Verrat und Betrug, dem titelgebenden Double Crossing. Eine vertane Chance etwas, wenn man an die außer Kontrolle geratene Polizeiaktion denkt, andere Filme um die Zeit wie The Final Shot (2003) oder The Deadly Sting (2002) hatten ab und an schlechtere Actionszenen und sich dennoch darauf konzentriert.





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