Diesen Schuh muss sie sich nicht anziehen!
Haben wir die „hässliche“ Stiefschwester(n) im berühmten Märchen nur falsch verstanden? Erst recht in einer längst zum Standard gewordenen disneyfizierten Prinzessinnenwelt? Das fragt massiv augenzwinkernd und bitterböse „The Ugly Stepsister“, in dem sich Aschenputtels (gar nicht so?!) gemeiner und nicht ganz perfekter Gegenpart einigen fiesen körperlichen Torturen unterzieht, um endlich dem Schönheitsideal und der gehobenen Gesellschaft zu entsprechen - und ultimativ den Prinzen zu erobern…
Von Hakennasen und Bandwürmern
Body Horror ist wieder klipp und klar in, war glaube ich nie wirklich weg. Jetzt ist jedoch eine deutliche Welle in dieser Richtung am hin- und herschwappen. Kritik am aktuellen, oberflächlichen und eindeutig wahnsinnigen Zeitgeist samt Schönheitsidealen ist mehr als angebracht und passt gut zu dem Subgenre (wie z.B. „The Substance“ mit Nachdruck gezeigt hat). Und in diese fleischlich-(nicht nur-)feminine Kerbe schlägt nun auch „The Ugly Stepsister“. Märchenhaft gut? Nicht ganz. Aber nah genug dran. Das Ding ist höllisch, attraktiv und macht Spaß. Das Ding ist spürbar europäisch, elektrisiert und nicht anspruchslos. Es hat etwas zu sagen ohne nur plump mit dem Meißel draufzuhauen und es hat etwas zu zeigen ohne allein auf Ekel und (Anti-)Erotik zu setzen. Chic. Richtig schmerzhaft. Nie zu flach. Alle Ladies gehen an die Schmerzgrenze. Tolle Klamotten. Schwarzer Humor. Kein Erbarmen. Treibende Synthiebeats. Das trifft sicher nicht nur (m)einen empfindlichen Nerv… „The Ugly Stepsister“ kann was! Und wenn man überlegt, dass das deutlich näher am Originalmaterial als an Disney ist, dann weiß man wieder, wie düster diese Märchen eigentlich wirklich waren/sind… Und spätestens wenn im Finale Fulci zitiert wird, komme ich um ein hüpfendes Herz nicht umher.
Modrig, madig, modisch
Fazit: schön, fies, aktuell und akut. Dazu höchst stylisch und gut getimed, gepaced, getaktet und ausgestattet. Mutig gespielt. Und mit europäischer Kante, die Hollywood so nicht liefern kann. Die Schattenseiten eines Märchens - und der aktuellen Moderscheinungen und Promivorbilder! - ganz nach meinem Geschmack. Diabolisch delikat.