Ein unbekannter Killer hat am Tatort seines letzten Mordes den Namen des alten Mr. Bava an einer Wand hinterlassen... geschrieben mit dem Blut des Opfers! Doch was hat der greise Kauz, der seit fünf Jahren kein Wort mehr gesprochen hat und seine Tage damit verbringt, apathisch und geistesabwesend in seinem Schaukelstuhl zu sitzen und ins Leere vor sich hinzustieren, mit der Sache zu tun? Als der Polizist Lenzi bei Bava aufkreuzt und dessen Neffen Lucio sowie die Pflegerin Daria über die Geschehnisse in Kenntnis setzt, erleben alle Anwesenden ihr blaues Wunder... Bereits seine knappe 2020er-Fulci-Verbeugung "The Los Angeles Ripper" war ja schon mehr als ansehnlich, aber "The Old Man in the Rocking Chair" ist nun Eric Yoders Loveletter an den Italo-Horror der 70er Jahre schlechthin, bei dem auch die letzten technischen Schnitzer (insbesonders die Verständlichkeit der Dialoge auf der Tonspur) und Kinks in der Inszenierung ausgebügelt wurden. Was das Formale anbelangt verlässt man nun fast schon den Amateurfilm-Bereich, denn der damalige mediterrane Regie-Stil voller Zooms und Kunstblut-Gespritze in Zeitlupe wird haarklein emuliert und dann ist das alles sogar noch sehr viel liebevoller und überzeugender auf alt gemacht, als es damals bei dem Hollywood'schen "Grindhouse"-Double-Feature der Fall gewesen ist, während der à la Tarantino geklaute Score (von Morricone, Donaggio und Goblin) zu den präsentierten Bilder natürlich passt wie der Arsch auf den Eimer. So wirklich erstaunt ist man dann aber, wie viele kleine Anspielungen und Verweise auf das frühe Schaffenswerk eines Dario Argento sich in der kurzen Laufzeit haben unterbringen lassen, die von dem übernatürlichen Spuk von "Suspiria" und "Inferno" über den Auftritt einer gruseligen Puppe wie in "Rosso - Die Farbe des Todes" bis hin zu "Tenebre - Der kalte Hauch des Todes" reichen, welchem da in einer besonders blutigen Mord-Szene hofiert wird. Dass das Ganze zum Schluss in einen vollkommen irrealen Reigen voller Blut und Schocks abdriftet, der sich um Sinn und Verstand wirklich keinen Deut mehr schert und auch inhaltlich mit Erklärungen geizt, aber dafür abrupt endet, dürfte da ganz im Sinne der damaligen Vorbilder sein. Bemerkenswert ist da auch das Auge des Machers für die kleinen Details, denn hier verrät wirklich nichts das wahre Entstehungsjahr und auch die Darsteller-Leistungen und Effekte sind exakt so "schlecht" wie sie sein müssen, um authentisch zu wirken. Das Einzige, was hier fehlt, um die Sache perfekt zu machen, ist 'ne Flasche J&B Whisky irgendwo im Hintergrund, die das Set-Dressing so richtig abgerundet hätte. Kurzum, Eric Yonder lässt mit den zwanzig Minuten von "The Old Man in the Rocking Chair" die bisherigen Versuche von Giallo-Throwbacks der Gebrüder Onetti ("Francesca", "Abrakadabra") ganz schön alt aussehen und vermittelt wunderbar die Faszination, die auch heutzutage immer noch von solchen alten Genre-Schoten ausgeht. Fazit: Als kleine Fingerübung - die übrigens für lau auf YouTube geguckt werden kann - für jeden Fan ein absolutes Muss! Da bleibt jetzt wirklich nur noch der Sprung zum Langfilm...
8/10