Review

The Capturian Candidate

„Captain America: Brave New World“ tut mir etwas leid und muss einen teils schmerzhaften Spagat zwischen gleich mehreren Stühlen machen: Spythriller, (weitere „Secret War“-)Ankündigung, Thronfolger in (zu) großen Fußstapfen, Aufgreifer einiger ungeliebter (loser) Enden aus der Vergangenheit („Eternals“, „Incredible Hulk“, Marvel-TV-Serien). Doch im Grunde und in seinen besten Momenten erzählt er von Sam Wilson und dessen Struggle in seiner neuen Rolle als Captain America - und wie er eine weitere amerikanische Regierungsverschwörung aufdecken muss, die den neuen, umstrittenen Präsidenten der USA, Thaddeus Ross, in Gefahr bringt und zur roten Weißglut treibt… 

Gleiches Schild, neue Spielregeln

Anstatt - wie der Titel es uns vorschnell bzw. fast warnend verkaufen will - wirklich ein neues Kapitel im MCU aufzuschlagen und neu anzufangen, schlägt sich „Cap 4“ eher lahm mit Altlasten rum. Und durch diese vielen Einflüsse, Nebenkriegsschauplätze und Ablenkungen kommt er nie richtig in den Tritt eines guten Films. Dabei ist das erste Drittel rund um Sam und den „vergessenen Captain“ (Isaiah Bradley) gar nicht übel. Das hat mir eigentlich ganz gut gefallen und an 70s-Paranoiakrimis erinnert - wenn auch verständlicherweise in einer sehr einsteigerfreundlichen, heruntergedampften und aktuell-mainstreamigen Version. Zudem ist Harrison Ford nur selten in seinem nun schon seit Ewigkeiten zu oft aufkommenden „Autopilot“. Die Action ist überhaupt nicht besonders oder bleibt im Kopf, aber immerhin übersichtlich, handfest und kompetent. Und der emotionale Kern und innere Konflikt Sams sitzt. Noch immer. „Red Hulk“ hätte ich lieber erst im Kino gesehen als Überraschung, aber sonst wäre das Marketing wohl zu dünn geworden. Und Esposito ist wohl das größte Talent, das Marvel je lieblos verbrannt hat. Und davon gab’s ja schon leider einige. Aber seine gefühlt unfassbar reingequetschte „Sidequest“ wirkt komplett überflüssig. Dafür hatten Score und Soundeffekte ein paar bombastische Momente und zumindest ein paar visuelle Wiedererkennungsmerkmale hat man versucht einzubauen (Kirschblütenbäume). Aber ich will und kann nicht zu viel loben. Dafür ist das alles gleichzeitig zu vollgestopft wie zu sicher heruntergekurbelt - um ja nichts zu vergessen, falsch zu machen oder kreativ-quer anzustoßen. Ja keinen falschen Schritt, kein falsches Wort, nicht zu sehr ausscheren. Und das wirkt dann insgesamt zögerlich und austauschbar. Immerhin sind mir die vielen Reshoots hier nicht allzu schlimm aufgefallen. 

Marvel Snaps

Fazit: nie auch nur ansatzweise so gut, wie „Cap“ zu seinen besten Zeiten mal war oder das MCU in seltenen Ausnahmen noch sein kann. Ein gutes Stück egal. Sehr safe. Für kompakte Berieselung reicht's aber. Das sollte aber nicht der Anspruch und das Zielbild sein. Vor allem die marketingtechnisch vorangestellten Thrillerelemente verlaufen zu oft im Sand und versprechen anfangs zu viel… Ein solider Flickenteppich?! Naja. 

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