KÖLN 75 erzählt die mitreißende und wahre Geschichte der rebellischen 18-jährigen Vera Brandes die selbstbewusst und leidenschaftlich alles aufs Spiel setzt, um ihren Traum zu verwirklichen. Gegen den Willen ihrer konservativen Eltern bucht sie auf eigenes Risiko das Kölner Opernhaus, um Keith Jarrett im Januar 1975 für ein Konzert nach Köln zu holen. Sie weiß es noch nicht, aber diese improvisierte Stunde am Klavier, die bis zuletzt zu scheitern droht, wird auf Schallplatte verewigt und von vielen als eines der populärsten Kunstwerke des 20. Jahrhunderts angesehen: Keith Jarretts „The Köln Concert“.
Man sollte schon eine gewissen Affinität zur Musik mitbringen, um KÖLN 75 vollständig nachvollziehen zu können, sonst kann man die Figur und die Handlungsweisen von Vera Brandes sicher nicht wirklich begreifen. Es muss auch nicht zwingend Jazz sein, denn auch ich höre eher elektronische Sachen und kann mit Jarretts Musik nur bedingt etwas anfangen.
Um dieses damalige Ereignis gab es ja vielerlei Gerüchte. Zuerst glaubte man, dass der Künstler das Konzert wirklich auf einem völlig verstimmten Schrotthaufen spielte – was dann später relativiert wurde. Auch dass das Konzert auf der Kippe stand und eigentlich schon abgesagt war, ist eine Mutmaßung gewesen, die im Film allerdings bestätigt wird.
Ich wusste vor Ansicht des Films gar nichts mit dem Namen Brandes anzufangen und dachte wirklich, dass es sich hier um eine frei erfundene Geschichte handelt, die einfach nur dieses Konzert zum Thema hat. Aber man erfährt in den spannenden Extras von der „echten“ Dame, dass sich eigentlich (fast) alles so zugetragen hat, wie im Film geschildert.
Dazu gibt es doch noch einige recht skurrile Nebenfiguren wie zum Beispiel den fiktiven (zumindest kann man das meinen, ich kann es nicht zu 100 % belegen) Charakter Michael Watts, der dem Zuschauer zwischendurch noch eine kleine Leerstunde in Sachen Jazz und Improvisation gibt – alles sehr schön in die Geschichte eingewoben.
Der Film ist bis in die Nebenrollen gut besetzt. Neben der charmanten Hauptdarstellerin sind in Nebenrollen Ulrich Tukur, Jördis Triebel und Alexander Scheer zu sehen – nicht gerade eine B-Besetzung.
Kommerziell war der Film recht erfolgreich, weil für so eine Produktion über 100.000 Zuschauer durchaus als Erfolg zu sehen sind - aber für einen Kinohit ist das Thema den meisten Menschen einfach zu sperrig (im Gegensatz zum filmischen Ergebnis), auch wenn es Jarrett mit diesem Konzert geschafft hat, den Jazz in Haushalte zu bringen, die mit dieser Musik sonst gar nichts anfangen konnten .
Er selbst steht dem ganzen sehr kritisch gegenüber und würde am liebsten die Aufnahme vernichten, da sich die Menschheit zu sehr auf dieses eine Werk von ihm konzentriert.
Fazit: Flott inszenierter und erstaunlich beschwingter Streifen, der (meiner Meinung nach) nicht alle Geschehnisse so ganz genau nimmt – das macht aber gar nichts, denn selbst wenn das ein oder andere nicht so passiert sein sollte, passt es im filmischen Kontext wunderbar ins Gesamtbild. Nicht nur für Jazz-Liebhaber interessant.