Review

Gesamtbesprechung

Hätte ich diese Serie vor 5 Jahren besprochen, wäre "Scrubs" wahrscheinlich mit der Höchstwertung davongekommen, doch nach 8 Staffeln und einem gefloppten Nachklapp mit neuen Figuren fällt das Fazit ein wenig ernüchternd aus (wobei ich die neunte Staffel aus der Besprechung rausnehme, denn durch sie wäre die Wertung noch weiter gefallen).

"Scrubs" ist ein typisches Beispiel dafür, wie man eine Serie am Leben erhält, weil die Quoten stimmen, wobei die Serie selbst ihren Höhepunkt nunmehr überschritten hat. Allerdings handelt es sich bei "Scrubs" um einen besseren Vertreter dieses Typus von Serien.

Als die Serie 2001 startete, war sie mehr als originell. In ihr verband Serienschöpfer Bill Lawrence die Tragik des Krankenhausalltages mit dem Witz und der Wärme des Lebens. Während andere Krankenhausserien wie "E.R." vor allem den Stress und das menschliche Leid hervorkitzelten, versuchte "Scrubs" zu unterhalten, und das auf eine humorige und durch und durch aberwitzige Art und Weise.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Jungärzte John "J.D" Dorian (Zach Braff), Elliot Reid  (Sarah Chalke) und Christopher Turk (Donald Faison) , die nach der Uni im Krankenhaus "Sacred Heart" anfangen, und schnell mit der Mühe, aber auch der Routine des Ärztelebens vertraut werden. Der zynische Oberarzt Perry Cox (John C. McGinley) macht vor allem J.D. das Leben schwer, obwohl er selbst von Dorian als Mentor auserkoren wird. J.D. und Elliot werden ein Paar, ebenso Turk und die Krankenschwester Carla (Judy Reyes). J.D. und Turk sind nebenbei langjährige beste Kumpels. Daneben versucht der grimmige Chef der Klinik, Bob Kelso (Ken Jenkins), eben diese am Laufen zu halten und kriegt sich regelmäßig mit Cox in die Wollte. Und der Hausmeister (Neil Flynn) scheint mit J.D. noch eine Rechung offen...

Dabei schafft die Serie den Balanceakt zwischen der Komik der handelnden Figuren und der Schicksale der Patienten gekonnt. "Scrubs" hat immer wieder Folgen, in denen durchaus die Traurigkeit bestimmend ist, wiederum andere Folgen sind schwarzhumorig, andere vollends lebensbejahend. Hoffnungsvoll sind sie allesamt.
"Scrubs" nimmt sich ungemein viel Zeit für das Leben seiner Figuren, inklusive Heirat und Kinderkriegen. J.D. ist ein sensibler Mensch mit brüllendkomischen Tagträumen, Turk dabei deutlich reifer, manchmal aber auch noch ein kleines Kind. Elliot ist von Selbstzweifeln geplagt, und auch die übrigen Figuren haben ihre Macken und Spleens, die sie allesamt originell, wenn auch nicht immer glaubhaft auszeichnen. Denn neben dem Hauptcast verfügt die Serie über immer wiederkehrende Nebenfiguren, die einfach nur skurill sind, wie der tollpatschige Anwalt Ted oder Krankenschwester Leverne, die ein besonders enges Verhältnis zu Jesus hat. Außerdem tauchen immer wieder tolle Gaststars in der Serie auf.
Ein Lob geht auch an die Schauspieler, die allesamt so wohl in der tragischen als auch in den lustigen Momenten überzeugen können. Man merkt einfach, dass sie mit viel Herzblut bei der Sache waren.

Der Humor in der Serie resultiert nicht nur aus den unterschiedlichen Figuren, sondern gliedert sich in pure Slapstickeinlagen, genialen Wortwitz und kulturelle Anspielungen und natürlich die Tagträume. Dabei ist es bemerkenswert, dass die Scherze so gut wie immer sitzen.

Doch irgendwann hat auch die Routine selbst die Serie ergriffen. Ab der 5. Staffel kann "Scrubs" nicht mehr überraschen, auch wenn man neue Figuren versucht einzuführen. Zwar gibt es immer noch Brüllerfolgen, aber es zeigt sich auch, dass die Machen zulasten der Stories immer mehr auf den Humor setzen, der dann doch zunehmend albern wird. So bleibt das Schicksal der Patienten immer öfters außen vor.
Genauso uninteressant gestaltet sich die Sache zwischen J.D. und Elliot, die sich gefühlte 100 Mal trennen und wieder zusammenkommen. Ob die beiden dann am Ende ein Paar werden und es bleiben, kann einem gestohlen bleiben. Wenn man solch eine Plotidee dermaßen strapaziert, dann ist es kein Wunder, dass sie irgendwann nur noch nervt.
Genauso nervend entwickelt sich die Figur des John Dorian selbst und seine "Beziehung" zu Turk. Hatte man in den ersten Staffeln schon so den Eindruck, deren Freundschaft sei ein wenig mehr, so wird dies in der Serie zunehmend auf die Spitze getrieben. Die latente Homoerotik zwischen den beiden nervt. Dazu kommt auch, dass J.D. mit seiner sensiblen und träumerischen Art ein sehr außergewöhnlicher Charakter ist, dessen Schlag bei Frauen man ihm aber nicht abkaufen kann. Wenn er wie in einer Folge in der Wanne von Elliot sitzt, dazu seichte Musik hört und das neue Pflegebad von ihr ausprobiert, dann schreit dessen Homosexualität förmlich nach außen. Nur ein paar Folgen später hat er dann wieder eine selbstbewusste und hübsche Frau aufgerissen. Das passt einfach nicht (es sei denn, die "Ich-bin-Arzt"-Methode zieht gewaltig bei Frauen).

"Scrubs" wird mit zunehmender Staffelanzahl seichter und vorhersehbarer, auch wenn es immer wieder kleine Überraschungen gibt und die Nebenfiguren überzeugen können. Zum Ende hin spendiert Bill Lawrence seinen Charakteren dann einige Happy-Ends, die auch den Zuschauer zufrieden stellen können.
"Scrubs" erreicht aber in den späteren Jahren nie mehr die Klasse der ersten Staffeln. Zu bekannt sind die Erzählmuster, die Anfälle von Dr. Cox, die Träumereien von Elliot oder die Aktionen des Hausmeisters. Für Lacher sorgt das zwar immer, aber enttäuschend angesichts des hohen Niveaus zu Beginn ist dies leider schon.

Bei dem Serien-Quark, denn man sonst so vorgesetzt bekommt, ist und bleibt "Scrubs" aber dennoch eine gute Serie. Sehr gut, wenn man nur die ersten Staffeln anschaut.

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