Eine schmerzfreie Offenbarung mit Herz, Humor und Hochspannung
Jack Quaid stolpert hier (und das ist wörtlich gemeint) durch ein Chaos aus Kugeln, Katastrophen und Kinnhaken – und das, ohne überhaupt Schmerz zu empfinden. Was klingt wie der Albtraum eines Arztes, entpuppt sich als das vielleicht originellste Actionfeuerwerk des Jahres. Der Titel „Novocaine“ sagt eigentlich schon alles: Es geht um Betäubung – aber nicht im metaphorischen Sinn. Jack Quaid spielt Nathan, einen Mann, der durch eine seltene medizinische Kondition keinen Schmerz verspürt. Keine Kopfschmerzen, keine Schnittwunden, kein Muskelkater – ein Traum? Weit gefehlt. Denn was als kuriose Superkraft klingt, ist im Alltag eher ein Fluch. Man kann sich den kleinen Zeh anstoßen und es einfach nicht merken. Und bevor man sich’s versieht, ist man blutig, zerschlagen und trotzdem grinsend auf dem Weg ins nächste Desaster.
Nathan wird unabsichtlich in eine Verschwörung hineingezogen, die ihn quer durch eine Stadt voller Gangster, schießwütiger Schergen und moralisch flexibler Behörden führt. Dass er dabei ständig verletzt, angeschossen, verprügelt oder angefahren wird, scheint ihn nur bedingt zu stören – denn, nun ja, er spürt es ja nicht. Was sich daraus entwickelt, ist eine irrwitzige Achterbahnfahrt, die irgendwo zwischen „Stirb Langsam“ und „Die nackte Kanone“ pendelt – nur mit einem Protagonisten, der auf Schmerzmittel schlicht verzichten kann.
Was „Mr. No Pain“ so erstaunlich macht, ist seine Konsequenz, den Antihelden wirklich anti zu lassen. Nathan ist kein Undercover-Agent im Zivilistenpelz, kein spät entdecktes Supergenie. Er ist ein Mensch, der auf Glück und Zufall angewiesen ist – und der genau dadurch zur Identifikationsfigur wird. Statt einen klassischen Actionhelden mit Waschbrettbauch und Macho-Attitüde zu servieren, bekommen wir einen ganz normalen Typen, der in eine völlig unnormale Situation geworfen wird. Und Jack Quaid ist die perfekte Verkörperung dieses „Normalos“. Sein Gesichtsausdruck schwankt irgendwo zwischen „Wie bin ich hier gelandet?“ und „Na gut, jetzt ziehen wir’s halt durch.“ – und genau das ist pures Comedy-Gold. Das Drehbuch ist voller spritziger Dialoge und pointierter Momente. Es gibt Running Gags, Situationskomik und clevere Meta-Kommentare auf das Genre selbst. Die Witze, die sich aus seiner Schmerzunempfindlichkeit ergeben, sind keine billigen Gags, sondern fein gesetzte Beobachtungen. Statt auf klassische Spannungskurven zu setzen, lässt der Film seine Figuren einfach ins Chaos laufen. Und das funktioniert verblüffend gut. „Novocaine“ weiß, dass Komik oft im Kontrollverlust liegt – und je weniger Nathan versteht, desto unterhaltsamer wird es.
Visuell ist der Film eine kleine Wundertüte: Neonlichter, kontrastreiche Nachtaufnahmen, ein Soundtrack, der irgendwo zwischen 80er-Synthwave und modernen Beats schwebt – das alles ergibt einen Mix, der so lebendig ist, dass man das Gefühl hat, mittendrin zu sein. Die Actionszenen sind erfrischend anders. Statt stylisher Hochglanzchoreografien gibt’s hier chaotische, aber unglaublich unterhaltsame Szenen, die zwischen Slapstick und Adrenalinkick pendeln. Wenn Nathan etwa durch eine Glasscheibe fliegt, sich aufrappelt, sich wundert, warum alle entsetzt schauen, und dann mit einem „Geht’s euch gut?“ reagiert – das ist absolute Präzisionskomik. Trotz aller Albernheit hat die Action Wumms. Die Kämpfe sind temporeich, die Stunts handfest, und die Inszenierung scheut sich nicht davor, auch mal richtig aufzudrehen. Gerade im letzten Drittel geht der Film so richtig ab, bis er endgültig im Delirium zwischen Adrenalin und Albernheit landet – und man sich fragt: Wie zur Hölle hat das alles funktioniert? Die Antwort ist einfach: Mit Stil, Timing und einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein. Jack Quaid ist hier in seinem Element – und übertrifft sich selbst. Nach The Boys und Scream zeigt er, dass er mehr kann als Sidekick oder „der nette Typ mit dem leichten Trauma“. Er ist das komödiantische Zentrum des Films, aber nie albern, nie aufgesetzt. Seine physische Präsenz, sein Timing, seine Fähigkeit, inmitten des Tumults eine emotionale Note zu finden – das ist großes Kino.
Fazit
„Mr. No Pain“ ist ein seltenes Vergnügen: ein Actionfilm, der lacht, weil er weiß, wie absurd er ist. Eine Komödie, die kracht, weil sie ihre Figuren ernst nimmt. Und ein Film, der zeigt, dass Schmerzfreiheit nicht Gleichgültigkeit bedeuten muss – sondern Mut, das Chaos einfach auszuhalten. Der Film kombiniert originelle Ideen mit großartigem Schauspiel, einer Prise Wahnsinn und jeder Menge Witz. Jack Quaid erweist sich als perfekter Antiheld für unsere Zeit: sensibel, hilflos, ironisch – und dabei sympathischer als jeder Supermann. Die Regie ist verspielt, das Drehbuch clever, die Action furios. Um es mit den Worten von Nathan zu sagen: „Tut nicht weh – macht aber höllisch Spaß.“