Review

Alt, neu, geliehen & blau…

(Achtung Mini-Spoiler)

…sind die vier Dinge, die eine jede anständige Braut zur Hochzeit mitbringen sollte, um damit die Ehe unter einen guten Stern zu stellen. Was Katrine, die Braut, zum Schluss des Filmes dann anschleppt macht eigentlich schon deutlich, was für eine abgefreakte Show man hier gesehen hat: Ein alter Hund, neue Rasterzöpfe, eine aus der Klapse geliehene bzw. entführte Schwester und ein blaues Handy, das ihr gar nicht gehört und natürlich während der Hochzeitszeremonie für einige Abweichungen vom Protokoll sorgt.
Was wir hier vorgesetzt bekommen haben, ist also ein bunter, schmackhafter Eintopf, eine Mischung aus Komödie und Drama, ausgeflippt, abgedreht und zugleich bitterernst. Denn ebenso wie die Protagonisten werden auch die Zuschauer durch eine Achterbahn der Gefühle gescheucht. Auf eine Zwei-Mann-Feier, mit Weib, Wodka und Gesang folgt die Offenbarung einer HIV Erkrankung, um dann von einem euphorischen Drogenrausch abgelöst zu werden, damit Katrine und ihr alter Freund Thomsen sich danach so richtig in die Haare kriegen, während Jonas, der Bräutigam, mit seinen Kumpels und die Brautjungfern ohne ihre Braut am Junggesellenabend die Sau rauslassen.
In diesem Zusammenhang ist mir vor allem die Geburt einer Bowlingkugel im Gedächtnis geblieben, eine Szene, die man auf jeden Fall gesehen haben sollte, wenn man abgedrehten Humor mag. Wobei auch die Spiele der Mädels mit einigem Unterhaltungswert aufwarten können.
Dabei bleibt die Handlung immer im Fluss und die Zeit vergeht für uns Zuschauer wie im Flug. Zu viel Spaß, Hoffnung, Trauer und Zorn dürfen wir miterleben, als dass es langweilig werden könnte.
Aber wie schon angeklungen, weist der Film auch einiges an erzieherischer Intension auf - Kernaussage soll meiner Meinung nach dabei wohl sein, dass man sich seinen Problemen und seiner Verantwortung stellen muss, sei es eine Schwester, die sich von ihren imaginären Freunden etwas vorsingen lässt (was bei mir ehrlichgesagt zu einer leichten Ohrwurminfektion geführt hat) oder einen als Ingeborg beschimpft, sei es die eigene Beziehung, in der doch ein paar Problemchen stecken oder seien es Freundschaften und die damit verbundenen Pflichten. Dabei wird auch nicht vergessen, dass es oft auch auf den richtigen Zeitpunkt ankommt, denn was jetzt hart sein kann, wäre später vielleicht umso verletzender oder gar unerträglich.
Außerdem wird uns auch gezeigt, dass es stets schwerer ist, selbst das Richtige zu tun, als andere dafür zu verurteilen, wenn diese es nicht tun. Denn obwohl z.B. Thomsen auf dem Weg dazu ist, wieder Ordnung in sein Leben zu bringen, so fällt es auch ihm schwer, eigene Schuld und eigenes Versagen einzugestehen und deshalb ist es nicht nur Katrine, bei der das Problem aufgrund der Handlung nur offener zur Schau gestellt wird, die hier wachsen und Fehler wieder geradebiegen muss.
Aber gerade solche Schwächen sind es auch die den Figuren ihre Authentizität geben, sie sympathisch machen und ihnen Leben einhauchen. Sie sind es, die uns dazu bringen, uns selbst wiederzufinden und die die Geschichte trotz der vielen Absonderlichkeiten glaubhaft machen.
Unterstützung findet diese Realitätsnähe dann auch durch die technische Umsetzung. Keine langen Kamerafahrten (bis auf den Abspann vielleicht, der zu den außergewöhnlichsten gehört, die ich je gesehen habe - denn augenscheinlich wurde dafür auf eine Straße die komplette Litanei aufgesprüht und dann abgefilmt), keine abgedrehten Einstellungen, keine Effekte. Auch wenn ich an sich kein Freund von absichtlichem technischen Understatement bin, dient hier die karge Aufmachung doch hervorragen, um immer den Menschen, seine Mimik und Gestik in den Mittelpunkt der Bilder zu stellen, was zur Folge hat, dass diese das ganz Alltägliche zeigen, das sich visuell bestenfalls unmerklich von unserem eigenen Leben unterscheidet.
All dies führt dazu, dass man als Zuschauer emotional beteiligt wird, mitleidet, sich mitfreut oder sich sogar in der ein oder anderen Situation über das unmögliche Verhalten der Personen aufregt.
Dennoch stellte sich bei mir zum Schluss nicht dieser Wow-Effekt ein, der nötig für 9 oder gar 10 Punkte ist. Denn irgendwie hat doch was gefehlt, auch wenn ich nicht genau sagen könnte was. Vielleicht war es ja aber auch genau andersherum und einfach an manchen Stellen zuviel. Ich kann es nicht genau erklären.

Wegen der gelungenen Kombination aus Unterhaltung und Anspruch und wegen der durchweg guten schauspielerischen Leistung gebe ich aber dennoch noch 8/10 Punkte.

Wem der Film gefallen hat, könnte auch Freude an den Folgenden haben:

- Human Traffic
- Kitchen Stories
- Beautiful People

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