Review

Mission Impossible: The Final Reckoning

Ethan Hunts vermeintlich letzte Mission verläuft holpriger als gewohnt. Eine nachträgliche serielle Klammer sowie eine zu elaborierte Hommage an Reihe und Star gehen auf Kosten lieb gewonnener DNA-Stränge. Aber wenn es zur MI- Kernkompetenz kommt, geben sich Cruise und Co keine Blöße. Spektakulärere Stunts in Ausführung, Choreographie und Unterhaltungswert wird es auf Jahre hinaus nicht mehr geben. 

Zu Land, zu Wasser und in der Luft. Agent Ethan Hunt hat auf all diesen Spielwiesen irrwitzige Dinge getan, die neben Zirkusakrobaten und Extremsportlern auch seinen britischen Kollegen mit der Doppelnull regelmäßig auf die Ersatzbank schickte. Wohl dem, der neben seinen regulären Streitkräften über eine solch ebenso effektive wie tollkühne Ein-Mann-Armee verfügt. Wobei das mit dem „verfügen“ so eine Sache ist. Denn trotz seiner aufopferungsvollen Weltrettungsmissionen im Dienst der ultrageheimen IMF-Behörde, standen Befehlsketten und hierarchische Strukturen nie auf Hunts Prioritätenliste. Seine Loyalität galt immer zuvorderst der Mission und seinem Team, dem er blind vertraute und ohne das er seine halsbrecherischen Aufträge weder logistisch noch emotional durchgestanden hätte. Das unterscheidet ihn auch diametral von James Bond, der nie ein Teamplaner war und sich stets zu allererst seinem Land verpflichtet fühlte.

Der nunmehr achte und vermeintlich letzte Mission Impossible-Film greift dieses ganz spezielle Persönlichkeitsprofil in seiner ungewöhnlich langen Exposition explizit auf. Die damit verfolgte Dreifach-Strategie aus Hommage, Franchise-Abrundung und Plotpoint wirkt etwas angestrengt, zumindest im Kontext einer Filmreihe, die spätestens mit dem Einstand von Autor und Regisseur Christopher McQuarrie wie Präzisionsuhrwerke arrangiert war. Andererseits ist McQ - wie Buddy Cruise ihn gerne nennt - ein Meister der parallelen Montage, nicht nur von Action-Sequenzen, sondern auch von Erzählsträngen. In dem er ikonische Szenen aus den vergangenen Abenteuern nicht einfach nur als Fanservice einstreut, sondern in einem Sicherheitsmeeting hochrangiger US-Führungskräfte kommentieren lässt, adressiert er simultan die Herzen der Zuschauer und den Verstand der Huntschen Vorgesetzten. Beide sollen ihm ein letztes Mal vertrauen und vor allem auf seiner bis dato existentiellsten Mission bedingungslos unterstützen.

Aber McQuarrie und Cruise - beide fungiere auch wieder als Produzenten- wollen noch mehr. Bei der letzten Abrechnung - so der Originaltitel - soll Cruise und seinem Alter Ego Ethan Hunt ein Denkmal gesetzt werden. Und so findet sich immer wieder messianisch oder sakral konnotiertes Vokabular wenn mit oder über Hunt gesprochen wird. Auch das hat in seiner expliziten Nachdrücklichkeit etwas Angestrengtes und zu Gewolltes, nicht nur weil der Denkmal-Job längst von den vorangegangen Filmen erledigt worden war.

Die zweite Mission innerhalb der Mission lautet Verknüpfung. Parallel zum Überhöhungs-Gedanken drängt sich als Motiv die Marvelisierungs-Idee auf. Die Idee, eine Serie von Filmen erzählerisch und personell in einem eigenen Kosmos zu verknüpfen, hat mit dem Megaerfolg des Marvel Cinematic Universe Filmgeschichte geschrieben. Seither versuchen diverse Filmreihen ihren Beiträgen nachträglich eine Kohärenz zu verpassen, die zuvor nie angedacht gewesen war. Zuletzt scheiterten die Bondfilme „Spectre“ und „No time to die“ an genau dieser Hürde. Auch in „Final Reckoning“ werden plötzlich Beziehungen und Verknüpfungen hergestellt, die praktisch aus dem Nichts kommen und dementsprechend die Grenzen der Plausibilität und filmimanenten Logik ordentlich strapazieren. Glücklicherweise sind McQuarrie und Tom Cruise ein bestens eingespieltes Team und kriegen im Unterschied zur Bondreihe mit Daniel Craig gerade noch so die Kurve. Aber sie müssen sich dennoch die Frage gefallen lassen, warum sie erstmals einem zeitgeistigen Virus nachgaben, der bereits ordentlich bei der Konkurrenz gewütet hatte. Darüber hinaus gehen die letztlich überflüssigen „Nach-Verknüpfungen“ auf Kosten einiger Kernstärken der MI-Filme, die entweder zu kurz kommen, oder in ihrem Fluss gestört werden.

So wird das obligatorische, trickreiche Täuschungsmanöver mit Gesichtsmasken nur bei einem kurzen Zwischenstopp in Wien abgehandelt. Von den halsbrecherischen Verfolgungsjagden auf vier oder zwei Rädern bekommt man auch nur einen kurzen Happen serviert. Und auf groß angelegte Action-Setpieces oder Einbruchs-Szenarien in altbekannten Orten wie Sidney, Rom, Moskau, Wien, Dubai oder Paris wartet man gar vollends vergebens. Das ist schade, da ausgerechnet im als Hommage und als Best of angelegten Finale ein Stück weit die lieb gewonnene MI-DNA fehlt. Aber, und das ist ein sehr großes Aber, im absoluten Kerngeschäft, im Signature-Bereich der Reihe, liefert auch Teil 8 ab als gäbe es kein Morgen.

Was das Stuntteam, vor allem aber Tom Cruise selbst an Tollkühnheit bietet, wird auch dieses Jahr wieder von nichts und niemanden zu toppen sein. Der Tauchgang zu dem in „Dead Reckoning“ (2023) havarierten russischen Atom-U-Boot ist ein Meisterstück an Spannung, Einfallsreichtum und körperlicher Höchstleistung. McQuarrie packt hier alles rein, was Hunts Mission zu einem Ding der Unmöglichkeit macht, zumindest fast, denn natürlich besteht der Tausendsassa unter den Agenten auch diesen Parforceritt. Eiskaltes Wasser, enormer Wasserdruck, der Sog von Schiffsschrauben, ein sich am Meeresboden wälzendes Wrack, in dem Torpedos und allerlei Metallstangen wild durcheinander fallen und eine enge Röhre, für die der Schutzanzug geopfert werden muss, virtuos arrangiert als tödliches Action-Ballett, das ist die eingangs von Cruise persönlich versprochene Kino-Magie.

Und als wäre das nicht schon genug, duelliert sich Hunt mit seinem Widersacher in einer Verfolgungsjagd mit Doppeldeckern aus dem 1. Weltkrieg. Dabei steigt Cruise von einem Flugzeug ins andere und turnt an den Tragflächen herum, während der Pilot die Grenzbereiche der Maschine durch Sturz-, Steilflüge und Loopings austestet. In jedem anderen Action- oder Superheldenfilm würde man als Zuschauer milde lächeln, aber hier sitzt man wie gebannt im Kinosessel und kann nicht fassen, was man da sieht. Denn jedem, der ein Kinoticket gelöst hat ist völlig klar: hier riskiert ein 62-jähriger Filmstar Leib und Leben, um seinem Publikum die größtmögliche Show zu bieten. Das ist es, wofür die Mission Impossible Filme stehen und wozu Tom Cruise sie geschmiedet hat. Ein Jahrmarkt der Attraktionen, bei dem Leidenschaft, Hingabe und Tollkühnheit ein Unterhaltungspaket schnüren, das mindestens innerhalb seines Mediums für lange Zeit unerreichbar bleiben wird.

Details
Ähnliche Filme