Review

ACHTUNG ! SPOILER !

Girls! Girls!! Girls!!!
Girls in Bikinis! Girls in Unterwäsche! Girls in Pyjamas! Abhängen am Strand, abhängen am Pool, Beachvolleyball spielen, Party machen, Watusi tanzen. Dazwischen ein paar männliche Hohlköpfe für ein wenig klinisch reines Petting. Damit ist die Handlung des Films eigentlich hinlänglich beschrieben.
Marsbewohner wollen mal wieder die Erde erobern. Dazu entsenden Sie einen Kundschafter namens Go Go (Tommy Kirk) auf unseren Planeten. Go Go landet im Garten der ein wenig schrulligen Tante Wendy (Elsa Lanchester) und trifft auch deren hübsche Nichte Connie (Annette Funicello), die den Sinn ihres Lebens vor allem darin sieht, mit ihren Freunden wilde Partys zu feiern. Schnell verliebt sich Go Go in Connie, und statt die Invasion der Marsianer vorzubereiten, beschließt Go Go, auf der Erde und bei Connie zu bleiben. Er befördert mit seinem Teleportationsapparat ein paar Bösewichte, die es auf das Geld von Tante Wendy abgesehen haben, nach einigem Hin und Her kurzerhand auf den Mars wo man nun von einer Invasion lieber Abstand nimmt. Zudem lehrt er der Rockerbande „The Rats“ und ihrem Anführer Eric von Zipper (Harvey Lembeck), die immer wieder als Party-Crasher auftreten, das Fürchten. Am Ende, nachdem sich alle Probleme in Wohlgefallen aufgelöst haben, wird eine ausgelassene Pyjama Party gefeiert.

PAJAMA PARTY ist ein Fantasy-Film, eine muntere, Bonbon bunte Nummernrevue aus Strand- und Partygetümmel, viel Musik, Arschgewackel, Slapstick und anderen ausgelassenen Albernheiten. Zwar ist der Film kaum weniger dümmlich als die meisten Teenager-Kommödien, doch aufgrund einiger schräger Zutaten und eines gewissen nostalgischen Charmes ist er stellenweise ganz amüsant. Dessen ungeachtet mag man kaum glauben, für welch langweiligen Firlefanz sich die amerikanischen Teens in den 60er Jahren begeistern konnten. PAJAMA PARTY ist Teil einer kurzlebigen Reihe von ziemlich erfolgreichen Beach-Party-Filmen, die zwischen 1963 und 1967 in die Kinos kamen, und die alle nach dem gleichen Schema inszeniert wurden. Auch die Akteure vor und hinter der Kamera sind bei den von American International Pictures produzierten Filmen weitgehend identisch.

In PAJAMA PARTY, dem vierten Film aus der Beach-Party-Reihe, ist erstmals der Ex-Disney-Star Tommy Kirk neben Annette Funicello (ebenfalls durch Disneys „Mickey Mouse Club“ bekannt geworden) zu sehen, ein Platz den bis dahin Frankie Avalon* besetzt hielt, und den er danach auch wieder einnahm. Hier absolviert Avalon nur einen Gastauftritt als Marsbewohner.
Der Stummfilmkomiker Buster Keaton stolpert als Indianer „Chief Rotten Eagle“ in vollem Ornat durch die Szenerie, ist dabei aber nicht besonders komisch. Seinen lustigsten Auftritt hat er während des Abspanns, wo er einen verunglückten Kriegstanz aufführt. Candy Johnson, die in mehreren Beach-Filmen dabei war, liefert auch hier wieder einige ihrer typischen, energiegeladenen, wilden Watusi-Tänze ab. Der „Watusi“ war ein hektischer Modetanz, der stark vom Twist inspiriert war.
Während die Musiknummern, gespielt von einer schrillen Combo namens „The Nooney Rickett 4“, insgesamt recht flott und erträglich sind, ist Funicellos schmalzige Solonummer „Stuffed Animals“ und ihr Duett „There Has To Be A Reason“ mit dem Nichtsänger Kirk eher eine Ohrenpein. Altstar Dorothy Lamour trägt mit einem gewissen Verve und Witz den Song „Where Did I Go Wrong“ vor und die mit einer guten Stimme gesegnete Donna Loren überzeugt mit dem Song „Among The Young“.

Im Übrigen kann man wohl davon ausgehen, dass den meisten Spaß an den Beach-Party-Filmen nicht die Zuschauer hatten, sondern die Schauspieler. So waren dann auch viele Darsteller in fast allen Filmen der Reihe zu sehen, neben den beiden Hauptdarstellern z.B. auch Jody McCrea, Harvey Lembeck oder Candy Johnson. Schauspielerische Leistungen wurden ihnen hier nicht abverlangt, statt dessen gehörten Sonne, viel Musik und gute Laune zu ihrem ganz gewöhnlichen Arbeitsalltag. Aber das ist natürlich nur die halbe Wahrheit... So wurden die Filme nicht nur im Sommer, sondern auch bei weniger angenehmen Temperaturen gedreht, die Darsteller mussten mit Ganzkörper-Make-up (Bräune!) herumlaufen und das Bad im Meer war wohl auch nicht immer behaglich.

PAJAMA PARTY ist ein harmloses Filmchen über harmlose „wohlerzogene, nette, saubere amerikanische Teenager“, die, ohne es zu wissen, an der Schwelle zu einer neuen Ära der Jugendkultur standen, in der Rauschgiftkonsum, lange Haare, wirklich wilde Partys, der Vietnamkrieg, Rassenunruhen, Womens-Lib und Anti-Establishment Demos den Alltag bestimmten. Dieser veränderte Zeitgeist schlug sich auch in Hollywood nieder, wo nun zahlreiche Rocker-, Biker- und Drogenfilme entstanden. Und auch hier mischten die „Erfinder“ der Beach-Party-Filme, das Studio American International Pictures, wieder kräftig mit. Auch einige Darsteller wie Jody McCrea oder Jim Mitchum fanden hier quasi übergangslos ein neues Betätigungsfeld.
Doch bis dahin war noch etwas Zeit. Zwar war PAJAMA PARTY schon nicht mehr so erfolgreich wie seine Vorgänger, doch es folgten noch weitere Filme in dieser Serie. Erst ca. 1967 brach die Begeisterung für diese Art von Eskapismus urplötzlich ab. Die US-Teens waren aus ihren schönen Träumen erwacht...

Unter dem Titel PYJAMA-PARTY wurde der Film erstmals deutsch Synchronisiert beim TV-Sender „Kabelkanal“ am 20.11.1993 aufgeführt. Am 25.07.2005 strahlte der Pay-TV Sender „Premiere“ den Film erneut aus. Die deutsche Fassung (PAL) hat eine Länge von 81:32 Minuten, die Originalfassung (NTSC) läuft 85“24 Minuten.
 
BEACH PARTY MOVIES
sind eine Erfindung von American International Pictures. Angefangen hat alles 1963, simpel genug, mit „Beach Party“. Es folgten in schneller Folge „Muscle Beach Party“ (1964), „Bikini Beach“ (1964), „Pajama Party“ (1964), „Beach Blanket Bingo“ (1965), „Ski Party“ (1965), „How to Stuff a Wild Bikini“ (1965) und „Ghost in the Invisible Bikini“ (1966). Neben den bekannten, regulären Darstellern, absolvierten auch diverse Altstars wie Vincent Price, Mickey Rooney, Boris Karloff oder Peter Lorre kurze Gastauftritte, und spätere Stars und Sternchen wie Linda Evans, Doug McClure, Troy Donahue, James Mitchum, Beau Bridges, Fabian oder Raquel Welch waren zu sehen.  
Weitere A.I.P. Produktionen die im Umfeld der Beach-Party-Filme entstanden und in denen Avalon und/oder Funicello mitwirkten sind „Dr. Goldfoot and his Bikini Machine“ (1965), „Sergeant Deadhead“ (1965), „Fireball 500“ (1965), „The Beach Girls and the Monster“ (1965), „Thunder Alley“ (1966) und „It's a Bikini World“ (1967).
Schließlich versuchten auch andere Produzenten vom Trend zu profitieren und es entstanden Filme wie „Beach Ball“ (1965),  „Daytona Beach Weekend“ (1965), „The Girls on the Beach“ (1965), „Wild on the Beach“ (1965) und „The Horror of Party Beach“ (1964).
1987 wurde mit „Back to the Beach“ sogar eine Neubelebung des Genres versucht, mit Frankie und Annette als Ehepaar.
Ein obskurer A.I.P. Film unter dem Titel „Operation Bikini“ entstand 1962. Es handelt sich dabei um einen eigentlich ernsthaften Kriegsfilm um eine U-Boot Mission am Bikini-Atoll. Frankie Avalon spielt darin einen der Soldaten und es wurden zwei total misslungene Gesangszenen mit ihm in die Handlung integriert. Diese beiden Song sind unerträglich schmalzige Balladen, die zudem in Farbe gedreht und dann mehr schlecht als recht in den s/w Film eingefügt wurden. Ebenfalls auf der Besetzungsliste: Jody McCrea. Regie führte Anthony Carras, Co-Produzent einiger Beach-Party-Filme.

TOMMY KIRK wurde 1941 in Louisville, Kentucky  geboren. Er trat 1954 erstmals in einem Bühnenstück auf. Nach einigen Engagements bei TV und Radio bekam Kirk Ende der 50er Jahre einen Exklusiv-Vertrag bei den Disney-Studios. Er drehte einen erfolgreichen Film nach dem anderen für das Studio und verdiente viel Geld. Zu den bekanntesten Filmen dieser Zeit gehören „The Shaggy Dog“ (1959), „Swiss Family Robinson“ (1960), „The Absent Minded Professor“ (1961), „Bon Voyage“ (1962), „Son of Flubber“ (1963) und „The Misadventures of Merlin Jones“ (1964).
Bald aber wurde bekannt, das Kirk homosexuell war und seine Karriere bei Disney war erst mal dahin. Nachdem Disney den Vertrag mit Kirk gelöst hatte, drehte er fast nur noch low budget Filme, darunter einige für den Z-Filmer Larry Buchanan. Zwar holte ihn Disney 1965 noch einmal für einen Film zurück, doch als es schon so aussah, als würde seine Karriere wieder Fahrt aufnehmen, wurde er wegen Drogenbesitzes verhaftet. Jetzt ging es mit seiner Karriere wirklich bergab, er entwickelte ein ernstes Drogenproblem und einige vielversprechende Rollenangebote wurden zurückgezogen. So sah man ihn von nun an nur noch in B-Filmen wie „Village of the Giants“ (1965), „The Ghost in the Invisible Bikini“ (1966), Mars Needs Women“ (1966), „It's Alive“ (1968) und „Bllod of Ghastly Horror“ (1970) von Al Adamson und in einigen anderen total obskuren Streifen. Ab Mitte der 70er Jahre bekam Tommy Kirk sein Drogenproblem aber in den Griff, machte sich mit einem Reinigungsunternehmen selbständig und zog sich weitgehend aus dem Entertainment-Business zurück. Tommy Kirk starb 2021.

ANNETTE FUNICELLO wurde 1942 geboren. Auch sie begann ihre Karriere als Teenager bei den Disney Studios und war eine beliebte Moderatorin des „Mickey Mouse Clubs“, „...not just because she was cute […] but because she was extremely developed for her age – she was the first real crush, and first sex object, of many TV-watching young boys.“** Sie war zwischen 1958 und 1967 auch als Sängerin sehr erfolgreich und veröffentlichte zahlreiche Singles. Nach den Beach-Party-Filmen wurde es längere Zeit ruhig um sie, doch in den 70er Jahren drehte sie etliche Werbespots und in 80er Jahren wieder einige Filme. 1995 entstand der TV-Film „A Dream is a Wish Your Heart Makes: The Annette Funicello Story“. Annette Funicello, die seit 1987 an Multipler Sklerose litt, starb 2013.

* mehr zu Frankie Avallon siehe mein Review zu „Blood Song“
** Peary, Danny: Cult Movie Stars, New York 1991

Details
Ähnliche Filme