Review

Die Musik von Lalo Schifrin ist auch nicht mehr das, was sie mal war: So bekommt man davon zu Beginn eine discomäßig aufbereitete Version mit allen effekthascherischen Tricks zu hören, und kurze Zeit später kommen dann auch noch Guns'n'Roses. Das kommt davon, wenn man ein Urgestein wie Dirty Harry sogar 1988 noch einmal auftreten lässt; da hat es schon einen Zug von Nostalgie, dass nach dem Vorspann auf einem Fernsehbildschirm die Nachricht vom Tod eines Jazzmusikers verlesen wird - als ich das hörte, hoffte ich noch auf einen "echten" Eastwood, zumal er hier auch schon mit Kameramann Jack N. Green zusammenarbeitet.
Aber stattdessen gibt es ein Medley aus den wohl bekanntesten Dirty-Harry- Versatzstücken der vergangenen Jahr(zehnte), das für den am interessantesten ist, der die Bestandteile wiedererkennt: die endlich einmal rechtmäßig verurteilte Mafia leitet das ganze Geschehen ein (Erinnerung an 2), dann werden mysteriöse Morde mit einem leichten Psychotouch verübt (4), dann erhält Harry wieder einen neuen Partner (3) und wird beinahe in eine andere Dienstabteilungen versetzt (so ziemlich alle Vorgänger), und schließlich verliebt er sich in eine Journalistin (Patricia Clarkson - war er mit der in Wirklichkeit etwa auch mal liiert?), die wie eine mütterlichere Version von Sondra Locke aussieht (4). Und wo sind die Anspielungen an Teil 1? Nun, die sind am geschicktesten variiert worden, vor allem, wenn man das Motiv des Bürgerschrecks über die 5 Teile hinweg verfolgt: Der grausame Psychopath vom ersten Teil wird im zweiten zu einer Bande polizeilicher Uniformträger, die zumindest harmlos aussehen, im dritten zu einer Hippiebande (wobei die Bande vordergründig mächtiger und gefährlicher wirken soll, es aber niemals tut, denn das "Böse" ist nur in individueller Form wirklich erschreckend). Im fünften und letzten Teil nun bleibt die Entscheidung, was aus dem Bösewicht geworden ist, ziemlich lange am Urteilsvermögen des Zuschauers hängen: der B-Filmregisseur (Liam Neeson) könnte es sein, interessanterweise tatsächlich eine Art Späthippie mit Pferdeschwanz, der andererseits keineswegs auf Love & Peace steht, sondern blutrünstige Horrorstreifen dreht (und dann heißt er auch noch "Swan" wie der Produzent in Brian De Palma's "Phantom of the paradise"). Aber er kommt doch nicht wirklich infrage - dazu wird er einfach zu aufdringlich als Verdächtiger angebildet. Also ist es ein anderer, und dessen Motiv ist das unglaubwürdigste Element dieses ganzen Films, noch abstruser, als man es aus den Eastwood - Filmen der Frühphase gewöhnt ist: der Killer ist ein fanatischer Fan mit SEHR schlechtem Benehmen, der glaubt, Swan stehle ihm seine Alpträume und mache daraus seine tollen Filme; und zur Rache stiehlt der Killer ihm nun dessen Idee des "Todesspiels" (die nichts anderes als eine Liste zukünftiger Mordopfer darstellt) und spielt dieses Spiel tatsächlich. Da frage ich mich, aus welchem populärwissenschaftlichen Psychohandbuch man so was ableiten kann...
Aber trotzdem: auch der letzte Film ist trotz aller Mängel sehr unterhaltsam und zeigt zudem eine wirklich originelle Verfolgungsjagd, in der Harrys Wagen von einem ferngesteuerten und sprengstoffbeladenen Miniaturauto verfolgt wird, dem wiederum das Auto des Killers folgt, der die Fernbedienung in der Hand hält. Ich weiß nicht, ob es für diese Idee ein filmisches Vorbild gibt, aber das ist wirklich nett anzuschauen.
Fazit: eigentlich ist die ganze Dirty - Harry - Reihe gar nicht mal so übel - man muss nur gelegentlich ab dem dritten Teil auch mal unfreiwilligen Humor ertragen können.

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