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Bei Marvel gehen die Lichter aus. Aus dem berühmten Logovorspann weichen die Farben, der Ton versumpft, es wird düster. Man könnte das als Omen für den Status Quo und die Zukunft des Studios interpretieren, bei dem es zuletzt nicht so rund lief. Gemeint ist es aber als „foreshadowing“ des kommenden Films, in dem ein Bösewicht namens „The Void“ die Welt (zumindest mal stellvertretend dafür einen Straßenzug in New York, vermutlich aus Budgetgründen) in depressiver Düsternis versinken lässt. 

Bevor (bzw. damit) es dazu kommt, muss CIA-Direktorin Valentina (Julia Louis-Dreyfus nach Jahren im MCU endlich in einer abendfüllenden Rolle) zunächst mal sämtliche natürlich illegalen Projekte einstampfen lassen, die ihre Abwahl durch den Kongress gefährden können. Dafür schickt sie ein paar in ihren Diensten stehende Supersöldner in ein Geheimlabor, auf dass diese sich selbst dezimieren mögen und das Labor gleich mit. 

So finden sich vor Ort Yelena Belova (Florence Pugh erneut mit schwerem Zungenschlag als abgeklärte „Black Widow“-Schwester), John Walker (Wyatt Russell, „Captain America" zweiter Wahl und Arschloch erster Güte), Ghost (erfrischend und die einzige mit wirklich brauchbarer Superkraft: Hannah John-Kamen) sowie – Bob, ein junger, etwas verpeilter Mann im Schlafanzug (Lewis Pullman). Später kommen noch Russlands Superman „Red Guardian“ (David Harbour, so nervig wie schon in BLACK WIDOW) und Bucky Barnes (Sebastian Stan als stoischer „Winter Soldier“ weitab von seinen schauspielerischen Möglichkeiten) hinzu. Und Zack, da haben wir die „Thunderbolts*“. 

*(In einer ungewöhnlichen Marketing-Kampagne enthüllte Marvel bereits drei Tage nach Start des Films, was hinter dem affektierten Sternchen des Titels steckt – nämlich (tataa!) „THE NEW AVENGERS“. Diese zusätzliche Promotion wird der Film nach seinem „soliden“ (sprich: enttäuschenden) Start nötig haben.)

Dem Film wird die Verbindung mit der „Avengers“-Marke jedoch nicht gerecht. Was die mäßigen Trailer bereits befürchten ließen, stellt sich schließlich auch auf Spielfilmlänge ein: Ein Haufen offensiv schlecht gelaunter Superhelden aus der Ersatzteilschublade (was der Abspann in verzweifelter Selbstironie u. a. mit dem Titel „B-Vengers“ aufgreift) ohne wirkliche Sympathieträger, die nicht müde werden, in jeder Szene zu betonen, was für Loser sie doch allesamt sind, raufen sich zu einem Team zusammen und stellen die berühmte „Battle of New York“ aus dem ersten AVENGERS Film in der Low Budget-Variante nach. 

Zwar bleibt der Film durch sein gerade noch so überschaubares Personal und seine wenigen Handlungsorte konzentrierter als manche Marvel-Vorgänger, doch hätte man für die zahlreichen Dialogszenen einfach auch gute und witzige Dialoge gebraucht, während das Skript hier ebenfalls aus  ausrangierten Ideen und Onelinern zweiter bis dritter Wahl zu bestehen scheint. 

Dass der große Showdown dann zum Teil im Innenleben eines der Protagonisten stattfindet, mag als Metapher für mentale Erkrankungen gedacht sein, wirkt aber letztlich nur wie eine Verharmlosung tatsächlicher psychischer Krankheiten und Persönlichkeitsstörungen. 

Fazit: Nicht ganz so schlimm wie (der erste) SUICIDE SQUAD, aber trotzdem kein wirklicher Lacher, kein echter Wow-Moment, nicht mal ein überraschender Post-Credit-Sting – was hier ganz unspektakulär angeteast wird, ist die große Marvelsause in 2026, wenn in AVENGERS: DOOMSDAY konkurrierende Avengers-Teams mit den X-Men und den Fantastic Four gegen Robert Downey jr.s Dr. Doom antreten. Das wird dann bestimmt wieder sehr unübersichtlich.

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