Den Geiern zum Fraß (1968) von Paolo Moffa
...Der sogenannte "Billy Gunn" (Giovanni Cianfriglia aka Ken Wood) und seine Bande überfallen eine Postkutsche. Doch nicht der Inhalt ist das eigentliche Ziel, sondern die Kutsche selber sowie die Kleidung des Kutschers und seiner Wache. Damit kommen die Gauner unerkannt nach Culver City und in dessen Bank. Hier wird nämlich in Kürze ein gepanzerter Goldtransport der US-Armee im Wert von $500.000 erwartet! Jetzt müssen sich Gunns Leute nur noch als das echte Bankpersonal ausgeben und so die Soldaten der Goldeskorte täuschen.
Nach diesem gelungenen Coup erhält Capt. Clive Norton (Craig Hill) den offiziellen Auftrag das gestohlene Gold wieder herbeizuschaffen. Norton besteht aber darauf Ted Hunter (Ettore Manni) an seiner Seite zu haben, der von den Mexikanern wegen seiner goldverzierten Weste auch "El Chaleco" genannt wird. Dieser "El Chaleco" ist aber ein Mörder und Deserteur, der bereits zum Tode durch den Strang verurteilt ist. Er hat jedoch auch selber ein persönliches Interesse Norton zu helfen, denn "Billy Gunn" ist Hunters Bruder, mit dem er noch eine alte Rechnung zu begleichen hat! Doch nicht nur die Bande um Billy Gunn will das Gold, sondern auch Jefe Cordero (Franceso Santovetti) mit seinen mexikanischen Banditen, nachdem dieser es von seinem stotternden Kontaktmann Sateras erfahren hat. Eine kleine Hilfe könnte "Opa Whiskey" (Giuseppe Sorrentino) für Norton darstellen, da dieser angeblich weiß, wo sich Billy Gunn aufhält. Aber selbst wenn sie Gunn finden - können es Norton und Hunter tatsächlich alleine mit zwei Banden aufnehmen, die beide an dem Gold interessiert sind? Und kann sich Norton auf die Aussage von Opa Whiskey und insbesondere auf Ted Hunter verlassen???
Ja, da hätten wir mal wieder eine etwas komplexere Banditenstory in einem recht gut ausgestatteten Italowestern...
...wären da nicht einige Schwächen, mit denen ich diesmal beginnen möchte:
- Die Filmmusik beinhaltet zwar 1, 2 nette Stücke, ist ansonsten aber ziemlicher Schrott! Nicht nur, dass es schon rein klanglich überhaupt nicht zu diesem rauhen und stellenweise sehr harten Western passt, nein manchmal hört es sich an wie bei einem "Kasperle-Theater"!
- Manche Außenaufnahmen zeigen eine interessante und staubige Hügellandschaft, die eigentlich gut zu dieser Thematik passt, zumal auch Höhlenaufnahmen drin vorkommen, aber dann wird der schon durch die Musik gestresste Zuschauer mit äußerst unansehnlichen Baugruben geschockt. Das Filmteam machte sich nicht mal die Mühe mit einem Rechen o.ä. die sandigen/lehmigen Abdrücke von Baggern und Planierraupen grob zu beseitigen!
- Manche Schnitte sind so hart, bzw. zu früh, dass sie nicht nur einzelne Szenen verstümmeln, sondern auch den ganzen Handlungsstrang abwürgen. So sieht man bspw. nicht den Ausgang des Überfalls auf das Gold und auch ein Angriff der Mexikaner endet ganz überstürzt nach einer Explosion! Schnitt- und kameratechnisch teils sehr dilettantische Arbeit!
- Grober Bildsequenzfehler auch gleich am Anfang beim Postkutschenüberfall: Nachdem die reguläre Wache mit Gewehr auf dem Kutschendach erschossen wurde, krabbelt an dessen Stelle ein Mitreisender aufs Dach - dieser hat eine Weste über einem weißen(!) Hemd. Plötzlich sieht man oben aber einen anderen Fahrgast mit Weste und dunklem(!) Hemd, der anschließend auch getroffen wird. Im nächsten Schritt klettert aber genau dieser 3. Schütze erst auf das Dach hoch!
- Auch der Ton-/Synchrobereich hat Makel. So rauben Gunns Männer die KLEIDUNG des Kutschers und seiner Wache und nicht UNIFORMEN, wie später berichtet wird. Statt Dialog und Soundeffekte hört man beim Betreten der Soldaten in der Bank nur Musik, während sich die Lippen ohne Text bewegen - gilt auch für die ital. Originalspur!
- Dass dann noch die Aufnäher mit den gekreuzten Säbeln auf den Hüten der Kavalleristen teils versetzt oder falschherum aufgenäht wurden, fällt kaum noch ins Gewicht!
- Manche Schießereien bspw. in der Höhle sind recht oberflächlich und nicht besonders spannend inszeniert. Da dieser Western aber extrem bleihaltig ist, sind dennoch ausreichend gelungene Schusswechsel zu sehen.
Leider sind die Italowestern insgesamt deutlich schlampiger ausgestattet, inszeniert und gefilmt als die US-Western, finde ich. Wenn man dies akzeptiert, kann aber auch "Den Geiern zum Fraß" große Freude bereiten. Wobei ich nun zu den Highlights komme, ohne jedoch zuviel verraten zu wollen.
- Langeweile kommt auch dank der vielen Actionszenen praktisch keine auf und aufgrund der intensiven Schießereien gehört dieser Streifen zu den leichenreichsten Spaghetti-Western!
- Craig Hill und Ettore Manni geben hier eine wirklich lobenswerte Leistung ab. Rainer Brandt, der in der dt. Synchro "Clive Norton" seine Stimme lieh, setzt seine amüsanten Dialoge diesmal ganz dezent ein. Sympathisch wirkt auch "Opa Whiskey", der von Gerd Duwner synchronisiert wird, den die meisten wohl noch gut als "Ernie" aus der Sesamstraße in Erinnerung haben! ^^
- Witzig anzusehen auch ein total geschienter und verbundener Sheriff sowie der Tabledance des "alten Suppenhuhns"!
- Auf jeden Fall spektakulär sind die zahlreichen Stürze von Dächern, aber auch die anfängliche Postkutschenfahrt, dank mehrerer Kameras wie bspw. auf dem Dach und über dem Kutschbock. Sie vermitteln gut die rucklige Fahrt über die holprige Straße.
- Auch simuliert eine drehende Kamera und Unschärfe beeindruckend die Trunkenheit eines Messerwerfers.
- Spannende Einlagen wie die Schlangenszene, die Befreiung aus der Flammenhölle und das Messerduell im Schlamm runden diesen Western ab.
Einige Kritik geht aber diesmal auch an KOCH MEDIA: Das Bild und der Ton ist wie gewohnt in sehr guter Qualität. "Den Geiern zum Fraß" ist der 4. Titel aus der Reihe "Westenhelden", die es aber ALLE NUR als Paket aus DVD + Blu-Ray für rund 20,- € gibt. Der Verlag hat dadurch weniger Aufwand - der Kunde trägt dafür die Kosten! Der DVD-Fritze braucht die Blu-Ray nicht, der Blu-Ray-Fritze die DVD nicht, aber beide zahlen doppelt - schöne Abzocke!!!
Außerdem sollte KOCH MEDIA mal bei der Redaktion über personelle Änderungen nachdenken. Wenn man sich bspw. auf dem Coverdruck in EINEM Satz gleich DREIMAL verschreibt, zeugt das von Unprofessionalität und mangelnder Kontrolle (s. Rückseite: "Gianfriglia", "Kenwood", Graig Hill"). Leider sind auch keine dt. Untertitel verfügbar, falls man mal die dt. Synchro akustisch nicht verstanden hat. Die eingefügten Passagen in ausländischer Sprache sind jedoch dt. untertitelt, aber auch hier hat der oder die Übersetzer(in) von der Materie keine Ahnung, wenn "Capitano" mit "Kapitän", anstatt mit "Captain" übersetzt wird! ^^
Naja, keiner ist perfekt auch nicht KOCH MEDIA...
Diese Fassung hat übrigens eine Laufzeit von 94:17 Minuten.
Nachdem man sich nun auf die besprochenen Schwächen und handwerklichen Fehler einstellen kann, steht dem äußerst bleihaltigen Vergnügen, dass dieser Film zweifelsfrei bietet ja nix mehr im Wege. Von mir gibt's dafür 7 von 10 Punkte!
Viel Spaß und gute Unterhaltung!