Review

Rabenmutter sucht Pferdeschwanz

Viele frühere Tabuthemen sind mittlerweile (zum Glück!) deutlich offener, transparenter und akzeptabler für uns als Gesellschaft. Depressionen, Charakter- und Lebensveränderungen nach einer Schwangerschaft gehören definitiv dazu. Und auch filmisch fallen einem ein paar Beiträge aus jüngerer Vergangenheit dazu ein - z.B. "Tully", "Huesera", "Nightbitch" oder im weiteren Sinne gar "Der Babadook". Aber Lynne Ramsays "Die My Love" könnte man fast schon als radikales Schlusswort dazu sehen, über eine wilde, junge Mutter, deren Verhalten und Beziehung (!) sich nach der Geburt ihres Kindes drastisch und verstörend ändert...

Everybody goes a lil' loopy the first year...

Was Frauen dafür aufgeben Mütter zu sein, ist gigantisch. Eine der größten und selbstlosesten Leistungen, die ich in meinem Leben je gesehen habe. Ja, sie bekommen auch viel zurück. Ja, auch wir Männer und Väter tun das heutzutage mehr denn je. Trotzdem sind diese "Leistungen" und lebensverändernden Einschnitte, körperlich, zeitlich wie seelisch, so mit das Beeindruckendste für mich überhaupt, da spreche ich aus frischster Erfahrung. Und Ramsays "Die My Love" steigert das zu einem künstlerisch intensiven Alptraum, der kaum weiter vom Mainstream entfernt sein könnte. Kantig, aggressiv, bitter. Weiblich und wuchtig. JLaw geht einem mit ihrer ins Gesicht springenden Rebelligkeit und Nacktheit mittlerweile etwas auf die Nerven. Aber hier passt es immerhin komplett zum Thema. "Die My Love" ist sehr hart, trocken und theoretisch. Es geht eher um Konzepte und Vibes als Figuren und reales Leben. Der wahre Kern bleibt jedoch. Und das Ding kann einen absolut überrollen wie eine fette Tsunamiwelle. Ob alles jedoch bei den Richtigen oder gar überhaupt ankommt, bleibt für mich fraglich... Neue Erkenntnisse zu dem Topic gibt's nicht. Sie werden nur bissiger und brutaler und stylischer denn je erzählt. Gutes (aber anstrengendes!) Doppel mit "Mother!". Ein "Hauruckfilm" und etwas gewollt alles aber doch irgendwie. Früher wirkte Ramsay leichtfüßiger trotz schwerer Themen, JLaw echter trotz ähnlicher Aggressivität. Nur Pattinson mag ich uneingeschränkt.

Da brennt das Holz vor der Hütte

Fazit: Lynne Ramsay bleibt Lynne Ramsay. Jennifer Lawrence bleibt nackt. Und postpartale Depressionen bleiben eine Bitch!

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