Review

Kreative Unbefangenheit führt manchmal zu den besten Ergebnissen, weshalb der Roman „Todesmarsch“ von Richard Bachman, alias Stephen King, den er als 19jähriger zu Papier brachte zu jenen zählt, den Kassettenkinder Ende der Achtziger regelrecht verschlungen haben. 

Ray Garraty (Cooper Hoffman) ist einer von 50 Teilnehmern beim diesjährigen Long Walk unter der Leitung des Majors (Mark Hamill). Noch vor dem Start freundet er sich mit Pete McVries (David Jonsson) an, was ihm im Zuge nachfolgender Strapazen zugute kommt: Zwei Panzerfahrzeuge kontrollieren die Geher, wer sich zu langsam bewegt oder von der Straße abweicht, wird nach dreimaliger Verwarnung erschossen. Bis nach mehreren hundert Meilen nur noch ein Teilnehmer übrig bleibt und für den Rest seines Lebens ausgesorgt hat…

Über Jahrzehnte gab es Bemühungen, Planungen und entsprechende Verwerfungen eines vermeintlich unverfilmbaren Stoffes, bis sich mit Regisseur Francis Lawrence jemand fand, der mit knallharten Dystopien („Die Tribute von Panem“) bereits einschlägige Erfahrungen sammeln konnte.

Was sogleich in Beschlag nimmt, ist die düstere Atmosphäre und die weitgehend treffende Besetzung. Zwar wurde die Anzahl der Teilnehmer gegenüber der literarischen Vorlage halbiert und man sieht zu fast keiner Zeit anfeuerndes Publikum am Straßenrand, doch die Beweggründe der wesentlichen Figuren kommen rasch auf den Punkt. Garraty erweist sich früh als Teamplayer, gleiches gilt für einige Jungs in seiner unmittelbaren Umgebung, welche eine Art Allianz der Musketiere bilden.

Stebbins (Garrett Wareing), der im Buch fast wie ein dünnes Gespenst am Ende der Truppe beschrieben wird, scheint in sich noch die Figur des Rednecks Scramm zu vereinen, welche hier komplett rausgestrichen wurde. Auch der interne Antagonist Barkovitch (Charlie Plummer) sorgt nur in Ansätzen für Konfliktpotenzial. Folgerichtig schleichen sich, nachdem bei den Teilnehmern die Spreu vom Weizen getrennt wurde, kleinere Längen ein.

Zwar gibt es regelmäßig kurze Gewalteinlagen, die beim Erschießen (oder Überfahren) der Teilnehmer nicht ausbleiben und ein Problem mit der Verdauung kann einem schon mal den Rest des Lebens vermiesen, doch Zustände der Erschöpfung, die zuweilen mit mentalen Aussetzern einhergehen, werden selten vollends ausgereizt. Abgesehen von zwei kurzen Flashbacks bleibt man komplett auf den einsam gelegenen Landstraßen.

Das stets in Bewegung befindliche Kammerspiel lebt infolgedessen von seiner starken und mehrheitlich charismatischen Besetzung, jedoch auch vom angenehm zurückhaltend eingesetzten Score. Hoffman und Jonsson bilden einen recht präsenten Kern, wobei der Charakter des Letztgenannten sogar noch mehr hergibt, als von der eigentlichen Hauptfigur. Demgegenüber verkommt der Major zu einer fast comichaften Gestalt, welcher Hamill darstellerisch nichts entgegensetzen kann. 

In den wesentlichen Belangen ist Lawrence recht nah an der Literaturvorlage dran und obgleich sein Ende vom Original abweicht, fällt es in sich schlüssig aus.
Die Erzählung weist durchaus Spannung und Atmosphäre auf und doch hätte es sich angeboten, den Kreis der wesentlichen Figuren ein wenig zu erweitern und im Zuge des Marsches auf mehr Reibereien und Erschöpfungszustände zu setzen.
Am Ende bleibt ein handwerklich kompetent inszenierter Streifen, der sein Potenzial leider nicht gänzlich ausschöpft.
6,5 von 10

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