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Die Philosophie-Professorin Alma Imhoff arbeitet seit Jahren zielstrebig auf eine Festanstellung an der Elite-Uni Yale hin, wobei ihr einziger Konkurrent auf den offenen Posten ihr jüngerer Kollege und Freund Hank Gibson ist. Nach einer Dinner- und Cocktail-Party, die Alma für ihre Muster-Studenten bei sich daheim schmeisst, lässt sich ihre Schülerin und Assistentin Maggie von Hank nach Hause begleiten. Am nächsten Tag taucht Maggie völlig verstört im Treppenhaus vor Almas Wohnung auf und behauptet, dass Hank ihr gegenüber am Abend zuvor sexuell übergriffig geworden sei. Als Alma Hank auf die Vorwürfe anspricht, streitet dieser die Vorwürfe ab und kontert, dass er dahintergekommen ist, dass es sich bei Maggies Dissertation um ein Plagiat handelt und diese ihm nun vorsorglich einen Schuss vor den Bug verpassen will... Ihr "Pretty Woman"-Image umweht Julia Roberts in "After the Hunt" keinesfall mehr, einem formal wie auch inhaltlich (bewusst) hässlichen Film, in dem Luca Guadagnino vermeintlich die gesellschaftlichen Implikationen von MeToo und Cancel Culture in dem dafür nur allzu passenden Hochschul-Setting verhandelt... und dabei (ebenfalls bewusst) zu keinem befriedigenden Ergebnis kommt, sondern dem Zuschauer zur Selbstreflexion zwingt, indem er ihm - nach einer kurzen Anlaufphase - nicht beim Händchen nimmt, sondern ihn stattdessen recht orientierungslos durch der Spiegelkabinett der eigenen moralischen Grundsätze und Werte laufen lässt. Als echte Identifikationsfigur taugt dabei zudem niemand wirklich und Guadagnino - als Filmemacher sowieso nicht jedermanns cup of tea (und nach seinen völlig misslungenen Horror-Streifen "Suspiria" und "Bones and All" garantiert auch kein Fave von mir!) - ist es dabei hoch anzurechnen, dass er sich tatsächlich konsequent weigert, innerhalb der Erzählung irgendeine Position zu beziehen, sondern das Publikum stattdessen dazu anhält, aufmerksam am Ball zu bleiben und eigene Schlüsse zu ziehen. Julia Roberts, die vermeintliche Achillesferse der Angelegenheit, entpuppt sich schnell als die größte Trumpfkarte von "After the Hunt", denn die agiert hier statt im Hollywood-Modus doch gänzlich unglamourös und liefert ob der Vielschichtigkeit ihrer Rolle die beste Performance ihrer Karriere ab... und ein Goldjunge zur Belohnung wäre hier durchaus angebrachter als er es damals für "Erin Brockovich" gewesen ist. Die Hauptdarstellerin ist dabei allerdings zur ein einziges Zahnrädchen innerhalb eines Schauspieler-Ensembles, dessen Leistungen hier generell ohne Fehl und Tadel is, wobei die Akteure in ihren mehr als ambivalenten Parts sichtlich aufgehen. So kommt man zum Schluss, nachdem sämtliche Figuren ihre Masken abgelegt und sich damit als die Arschlöcher zu erkennen gegeben haben, die sie nun mal sind, dahinter, dass hier das zeitgeistige MeToo-Deckmäntelchen nur zu Tarnung übergeworfen wurde, es in diesem superioren Schauspiel-Kino in Wahrheit um etwas ganz anderes ging und man dem Streifen damit gnadenlos auf den Leim gegangen ist (was übrigens auch erklärt, warum die Meinungen hierzu querbeet durch alle Kritiker- und Publikums-Schichte so rigoros auseinandergehen). The joke's on the audience, sozusagen... Hut ab dafür! Dass "After the Hunt", anders als so einige explizite Message-Movies jüngeren Datums, die da etwas zu vordergründig nach ihren Oscars gefischt und sich dabei auf die Schnauze gelegt haben (*husthustSheSaidhust*), dennoch eine ideale Moment-Aufnahme seiner Entstehungszeit ist, die mit ziemlicher Sicherheit hervorragend altern wird, ist da nur das Tüpfelchen auf dem I. Für mich tatsächlich die (positivste) Überraschung des Kino-Jahres, auch wenn ich ihn auf Prime gestreamt habe. Also, Luca: In Zukunft bitte keinen Genre-Scheissdreck mehr, sondern lieber nur noch fordernde Dramen wie dieses hier... dankeschön...

9/10

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