Ursprünglich sollte „Afterburn“ mit Gerard Butler in der Hauptrolle an den Start gehen, doch nachdem dieser absprang, wurde er durch Dave Bautista ersetzt, mit dem Regisseur J.J. Perry bereits „The Killer’s Game“ gedreht hatte.
Es handelt sich um ein Endzeit-Vehikel, dessen Apokalypse durch einen weltweiten Stromausfall nach einer Sonneneruption verursacht wurde. Zwar gibt es die Möglichkeit zur langsamen Wiederherstellung der Energieversorgung, doch zu lange Zeit ohne Strom ließ die Menschheit in die Barbarei zurückfallen. Zu den Leuten, die besser für das Überleben in der Postapokalypse geeignet waren, gehört der Ex-Soldat, Schatzsucher und Off-Erzähler Jake (Dave Bautista), der sein Auskommen dadurch sichert, dass er Kunstgegenstände und andere Relikte der Vergangenheit birgt. Das ist im London der Endzeit etwas schwieriger als zuvor, aber Jake erledigt diese Jobs dennoch souverän, wie man direkt während des Auftakts feststellen darf, in dem Jake erst eine Geige birgt (und in einem Anflug von Ironie das wertlos gewordene Papiergeld stapelweise im Safe versauern lässt) und anschließend noch eine Räubergang zu Klump haut.
Hauptauftraggeber Jakes ist König August (Samuel L. Jackson), der über England herrscht, dieses langsam wieder aufbauen möchte und ein großes Interesse an Kunst besitzt. Jakes Interesse hingegen gilt einem Segelboot, mit dem er ganzen Trubel entkommen möchte. Damit lockt ihn August auch für einen ganz besonderen, aber auch ganz besonders schwierigen Job: Jake soll die Mona Lisa aus Frankreich besorgen, wo allerdings der brutale Warlord Volkov (Kristofer Hivju) zu den bestimmenden Kräften zählt. Das europäische Festland wird als besonders gefährlicher Ort in „Afterburn“ verkauft. Die Wahl der europäischen Schauplätze weicht von der Comicvorlage von Scott Chitwood, Paul Ens und Wayne Nichols ab und dürfte wohl Steuervergünstigungen sowie günstiger Crew-Bezahlung geschuldet sein, denn gedreht wurde in erster Linie in der Slowakei.
Bei seiner Mission soll Jake von einheimischen Rebellen unterstützt werden, allen voran der Freiheitskämpferin Drea (Olga Kurylenko), auf die er kurz nach seiner Ankunft trifft. Allerdings kriegt auch Volkov spitz, dass Jake offensichtlich nach wertvollen Gütern sucht…
Obwohl „Afterburn“ das (überraschend teure) Preisschild von knapp 57 Millionen Dollar trägt und damit fast doppelt so teuer ist wie „The Killer’s Game“, fühlt sich J.J. Perrys dritte Regiearbeit ein wenig an, als sei sie im Niemandsland gefangen: Zu wertig für eine Videopremiere, aber nicht poliert genug für ein Kino-Release. Immerhin wurde sichtlich vor Ort gedreht, mit alten Fabrikanlagen, Steinbrüchen und Waldlandschaften eine durchaus stimmige Endzeit-Atmosphäre geschaffen, aber eben auch sichtlich kostengünstig gedreht, sodass man manchmal eher die B-Movies aus Italien und den Philippinen vor Augen hat als Vorbilder wie „Die Klapperschlange“ und „Mad Max“ – da holte Neil Marshall anno 2008 mit „Doomsday“ wesentlich mehr aus merklich weniger Geld heraus. Trotz einiger Parallelen zu Bautistas vorigem Endzeitvehikel (schlagkräftiger weiblicher Kompagnon, ein Zug als Reisemittel der Schurken usw.) sieht „Afterburn“ allerdings wesentlich besser aus als dessen CGI-Pampe-Look, das muss man Perry lassen.
Ansonsten liefert das Drehbuch aus der Feder von Nimród Antal und Matt Johnson Endzeit-Standards, mit einigen Elementen des Kriegsfilms. So erinnert Volkov durch seinen Namen und sein Auftreten eher an osteuropäische Diktatoren und Warlords, der Kampf zwischen uniformierten Gewaltherrschern und Widerstandskämpfern in (Ex-)Frankreich beschwört aber auch Assoziationen zur Nazi-Besetzung während des Zweiten Weltkriegs. Wieder einmal muss sich ein einsilbiger, mit allen Wassern gewaschener Held zwischen eigennützigem Handeln und dem Dienst für die gute Sache entscheiden, wobei Widerstandskämpferin Drea durchaus Einfluss auf seine Entscheidung hat. Die Romanze der beiden scheint allerdings selten glaubwürdig, eher ein Standard des Drehbuchs und jener Filme, die es kopiert – von echter Anziehung zwischen den Leads ist da wenig zu spüren. Ein, zwei kleine Überraschungen zur Mona Lisa gibt es in der Geschichte, sonst läuft das alles nach bekannten Mustern ab, vom Selbstopfer einiger Rebellen über die Schnitzeljagd zum Objekt der Begierde bis hin zur Gewissensentscheidung des Helden.
Auch viele Situationen und Einzelideen kennt man aus zig anderen Endzeit- und Kriegsfilmen, darunter die Sabotageaktion an einer Brücke, die öffentliche Hinrichtung von Verrätern durch Volkovs Horden und die Kannibalenhorde in dem Territorium, in das sich sonst niemand hineintraut. Leider wird wenig aus vielen dieser Reisestationen gemacht. So rasen die besagten Kannibalen zwar wie Parkour-Läufer der Postapokalypse durch die Gegend, bekommen aber keine ordentliche Actionsequenz, sondern werden sang- und klanglos via Sprengfalle entsorgt. Das urbane London-Setting taugt nur für die Auftaktsequenz, das Wordbuilding ist oft nur rudimentär: August residiert mit Leibwache in einem Schloss, hat eine beeindruckende Kunstsammlung und redet vom Wiederaufbau seines Reichs, aber die Details bleiben unklar. Über wen er genau herrscht, wie viele Einfluss er in Großbritannien hat, inwieweit er eine öffentliche Ordnung wiederherstellen kann, das bleibt nebulös. Er und Volkov werden als rivalisierende Herrscher dargestellt, August als etwas besser, aber auch nicht vertrauenswürdig, aber insgesamt wirkt das Szenario viel zu rudimentär, um einen wirklich zu involvieren. Es bleibt ein reines Vehikel für die Endzeit-Action.
Doch ausgerechnet bei der Action schwächelt der Film etwas, was angesichts von J.J. Perrys Vergangenheit als Fight Choreographer, Stunt Coordinator und Second-Unit-Regisseur enttäuschend ist. Am besten kommt der erste große Clash mit Volkovs Schergen daher, in dem Jake und Drea sich erst kurz mit ihnen prügeln, danach mit einem sprungfähigen Buggy durch die Stadt rasen, während sie von Motorrädern, Autos und Panzern attackiert werden, während im Hintergrund rockige Klänge laufen. Die meisten anderen Actionszenen sind vergleichsweise kurz, selbst Jakes Ausschalten der Plünderer zu Beginn (immerhin mit pfiffiger Schlusspointe) oder sein Weg durch den Schurkenzug im Finale könnten ausladender sein. Zumal der patente Söldner ein wenig wendiger Schlagetot ist, der seine Gegner wie eine menschliche Dampfwalze plattmacht. Perry und seine Fight Coordinator Felix Betancourt und Balász Lengyel machen in der Choreographie das Beste daraus, aber wesentlich dynamischer ist die kurze Fight-Einlage, die sie Drea kurz vor der Verfolgungsjagd zugestehen. Das Ganze ist nicht ohne Härten (etwa wenn eine Truppe Widerstandskämpfer von Geschossen regelrecht zersiebt wird), doch gerade im Vergleich zu Perrys vorigen Regiearbeiten wirkt „Afterburn“ teilweise so, als sei er mit angezogener Handbremse unterwegs, sowohl was Menge als auch Kinetik der Actionszenen angeht
Den Part des wortkargen Einzelkämpfers, der ein paar semi-gelungene Oneliner absondert, absolviert Dave Bautista ebenso sympathisch wie routiniert, liefert aber auch nicht mehr als Pflichterfüllung ab. Ähnlich sieht es bei Olga Kurylenko als wehrhafte Widerstandsamazone aus, die am Abzug des Granatwerfers und am Steuer des Buggys ihrem Kollegen in Nichts nachsteht. Samuel L. Jackson als prominenter Gaststar gibt in dem Arroganter-König-Part dem Affen ordentlich Zucker, Kristofer Hivju gibt einen ordentlichen Oberbösewicht ab, stößt aber zu spät aktiv auf die Helden. An seiner Seite sieht man – wie jüngst in „Ballerina“ und „Nobody 2“ – Daniel Bernhardt als Henchman, dem man ein gut choreographiertes, aber leider etwas kurzes Duell gegen den Helden im Finale zugesteht.
Letzten Endes ist „Afterburn“ nicht groß missraten, sondern einfach nur viel zu unaufregend, um etwas zu reißen. Der Look ist okay, sieht aber kaum nach seiner Budgethöhe aus, der Plot ist okay, aber wenig spannend aus bekannten Versatzstücken zusammengekleistert und die Action ist recht kompetent gemacht, aber oft enttäuschend schnell vorbei, sieht man von der Verfolgungsjagd in der Mitte ab. Dabei wäre der Krawall-Faktor aber das Hauptargument für diesen Endzeitfilm, sodass „Afterburn“ leider weniger gut zieht als Perrys vorige Regiearbeiten „Day Shift“ und „The Killer’s Game“.