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In gewisser Weise ist dies ein Film über typisch amerikanischen, aber nicht unsympathischen Egoismus: Ein Mann muss tun, was ein Mann eben tun muss. Clint Eastwood spielt einen alternden Agenten des Secret Service, der - so will es die Story - zu den Bodyguards um Kennedy gehörte und der - so will es die History - seinen Präsidenten nicht retten konnte. Nun war Kennedy ein enormer Sympathieträger; der fiktive Präsident dagegen, der zur Zeit der Story regiert, ist ein lächerlicher, karrierebesessener, feiger, ständig winkender und grinsender Showstar, der kein Ziel außer seiner Wiederwahl zu haben scheint und der in Redeausschnitten dermaßen leere Worte von sich gibt, wie es selbst in Politikerkreisen schon peinlich sein dürfte. Und so wird Clint auch von seinem Dienstchef (John Mahoney) gefragt, wieso er sein Leben "für so einen Mann" riskiere. Seine Antwort darauf bringt das nicht so auf den Punkt, was der Zuschauer aus zahlreichern alten Filmen längst weiß; dass ein Mann eben tun muss, was ein Mann tun muss. Also zeigt der Protagonist hier eine interessante Form des Egoismus: Er setzt sich mit allen geistigen und körperlichen Kräften ein, aber nicht für den Präsidenten, sondern für sich selbst, weil er die zweite Chance in seinem Job braucht. Und vielleicht auch, weil das Spiel ihn reizt, das der Killer (John Malkovich) mit ihm spielt.
Woran merken wir, dass dieser Film nicht von Eastwood gedreht wurde, sondern ausgerechnet von Wolfgang Petersen? Vielleicht daran, dass die Szene, in der Clint das Zimmer des Killers von dessen Vermieterin gezeigt bekommt, so nach "Tatort" aussieht? Vielleicht auch an der stringenten Regieführung, die statt Ruhe satte Action bietet, ohne dass die Spannung zu kurz kommt, die sich aus dem psychologischen Duell zwischen Killer und Agent entwickelt: "nicht zu kurz kommen" ist ein zu schwacher Ausdruck, denn der Film ist durchgehend spannend, und die schnörkellose Drehbuchumsetzung erinnert an die positivsten Beispiele alter schwarzweiß - Thrillerkunst. Es kommen auch gut dosierte Hitchcockelemente vor, einerseits die Art, wie die Charaktere der Kontrahenten aufeinander zu komponiert sind, aber bildlich auch und vor allem in einer "Vertigo" - artigen Verfolgungsjagd zu Fuß über die Dächer von Washington (natürlich mit den Nationalmonumenten im Hintergrund!) mit waghalsigen Sprüngen und anschließendem Abhängen. Petersen peitscht uns geradezu über den Spannungsbogen, Eastwood selbst hätte sich da mehr Zeit gelassen.
Dennoch scheint er auf diesen Film in manchen Einzelheiten (der Clint steckt im Detail) ziemlich viel Einfluss gehabt zu haben: so "spielt" er auch hier wieder einmal einen Musikfan, der kurzerhand aus einer Hotelbar heraus der hinreißenden Rene Russo ein spielerisch-aufdringliches "As time goes by" hinterherklimpert (das ohne die folgende Liebesszene überzeugender auf mich wirken würde), und deutlicher als in jedem von Eastwood selbst gedrehten Film nennt John Mahoney das Thema beim Namen, wenn er zu Clint sagt: "Wozu brauchst du hier noch das Geld? Du gibst es ja doch nur für Jazzplatten aus".

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