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Es ist sehr wahrscheinlich, dass so ähnlich die Welt enden wird: 

Noch 20 Minuten, dann erreicht eine Langstreckenrakete mit Nuklearsprengkopf eine amerikanische Großstadt. Herkunft: unbekannt. Wird der Flugkörper anfangs noch für einen Test oder eine Fehlfunktion gehalten, erhärtet sich schnell der Verdacht, es hier mit dem Ernstfall zu tun zu haben. Nun läuft alles nur noch auf zwei Fragen hinaus: Kann die Katastrophe noch aufgehalten werden? Und, wenn nicht, wie lautet die angemessene Reaktion auf diesen mutmaßlichen „Erstschlag“? 

Für dieses apokalyptische Szenario bestehen zahlreiche Protokolle und der Film begleitet einige zentrale Figuren aus Politik und Militär dabei, diese auszuführen. Olivia Walker (Rebecca Ferguson) ist leitende Beamte des White House Situation Rooms, Jake Baerington (Gabriel Basso) ist der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater (sein Chef ist leider gerade unpässlich), Reid Baker (Jared Harris) ist der US-Verteidigungsminister. Sie alle gehen mit der Situation hochprofessionell um, sind aber neben ihrer Funktion immer auch Menschen, haben Kinder und Partner und der Film legt großen Wert darauf, dies auch zu zeigen, ohne dabei in Rührseligkeiten abzugleiten. 

Was macht man, wenn man befürchtet, dass das Ende der Welt bevorstehen könnte? Jede Perspektive läuft auf eine im wahrsten Sinne des Wortes entscheidende Situation zu: Der US Präsident (Idris Elba) steht vor der im Grunde unlösbaren Aufgabe, die „richtige“ Wahl zu treffen. Ist der einzelne Sprengkopf der Beginn einer Großoffensive? Ist der Angriff eine Provokation aus Russland oder ein strategischer Schachzug aus Nordkorea? Kann mit einem groß angelegten Vergeltungsschlag ein Weltkrieg präventiv verhindert werden? Oder wird er dadurch erst ausgelöst? Ist es eine Option, gar nicht zu reagieren, wenn mehrere Millionen Amerikaner zu Tode kommen? Die politischen Gegner der USA haben ihre Armeen bereits in Stellung gebracht. 

Der Katastrophenfilm von heute findet per Telefon und Videokonferenz statt, in Büros, Besprechungsräumen, Limousinen und Hubschraubern. Dass A HOUSE OF DYNAMITE dennoch spannender ist als alle Action-, Superhelden- und Agentenfilme der letzten Jahre, bei denen es um die Rettung der Welt geht, liegt vor allem an zwei Aspekten. 

Zum einen an Kathryn Bigelow. Ganz unaufgeregt und fast dokumentarisch inszeniert sie das Abarbeiten der Protokolle, fängt dabei aber auch die Unruhe der Protagonisten ein. Der Stil erinnert an Paul Greengrass’ ungeheuer beunruhigenden UNITED 93 über den 9/11-Terrorakt. Nur, dass dieser auf echten Geschehnissen beruhte. Was zum zweiten entscheidenden Aspekt führt: Der Film ist so sorgfältig recherchiert und in seiner Darstellung von Hierarchien und Protokollen so absurd unmenschlich, dass man keine Sekunde lang daran zweifelt, dass sich alles genau so zutragen würde. 

A HOUSE OF DYNAMITE ist die Dokumentation eines angekündigten Weltuntergangs. Sollte es tatsächlich einmal so weit kommen, dann gnade uns Gott, wenn der falsche Präsident am Drücker ist. 

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