Nein, hinter der '1‘ wurde keine '0‘ vergessen.
Dieser Film ist tatsächlich der Schlechteste, den ich jemals zwischen ca. 1980 und 2025 im Kino gesehen habe, obwohl da noch 6 weiter Filme mit 1er Bewertung in meiner Historie zu finden sind. Die müssten nun eigentlich auf eine 2 angehoben werden.
Bewusst mit minimalen Vorabinformationen stand der Kinobesuch an: Leonardio DiCaprio als Protagonist, Paul Thomas Anderson im Regiestuhl und eine Veröffentlichung, die zusätzlich als IMAX-DMR und 70mm-Blow-Up realisiert wurde – das in Verbindung mit PT Andersons audiovisuellem Talent ließ einen Hochgenuss der Sinne erwarten.
Es beginnt allerdings erstmal damit, dass es keine einzige Person gibt, die in irgendeiner Form positiv oder sympathisch wäre.
Die Gruppe, die für eine vermeintlich gute linke Gutmenschpolitik eintritt, entpuppt sich alsbald als rücksichtsloses RAF-Pack, das die generelle Gesellschaft als auszulöschendes, faschistisches Problem ansieht und man deshalb auch Todesopfer in Kauf nimmt, denn im Zweifel trifft es eh die Richtigen.
Mit diesem Abschaum soll man sich also identifizieren?
Ebenfalls nach ein paar Minuten erscheint dann, eher passiv, ein älterer Military Officer.
Aufgrund seines erbärmlichen, grimassierenden Overactings, weiß man gar nicht, ob man lachen oder weinen soll.
In absoluter Fremdschämsequenz zwingt die Protagonistin Perfidia (wow, für eine Terroristin, deren Pläne aus Lärm und Krawall bestehen, ist dieser Name doch recht weit daneben ...) den Officer mit vorgehaltener Waffe, sich eine Latte in die Hose zu zaubern.
In knisternder Sado-Maso-Atmosphäre würde sowas ja gerade noch durchgehen, aber während eines Überfalls in der Knappe der Zeit, ist das absolut und vollkommen lächerlich.
Das zugehörige Schauspiel ist so daneben, dass man sich ernsthaft fragt, was das Ganze soll.
In Großaufnahme baut sich ein völlig übertriebenes Zelt im Schritt auf - der Officer scheint die absolut jede Unterwäsche sprengenden Schwellkörper eines Dirk Diggler zu haben, die ihn selbst als Bauchschläfer morgens noch vom Bett an die Decke heben könnten.
In den überwiegend durch Senioren mäßig besetzten Reihen der Spätnachmittagsvorstellung war jedenfalls peinlich betretenes Schweigen deutlich hörbar.
Keine Szene dieses Charakters ohne Grimassen, selbst das „Ausgangsgesicht“, wenn es mal für 2 Sekunden ruhig bleibt, besteht aus künstlich und krampfhaft zusammengekniffenen Lippen – mehr Karikatur oder wie Tom, wenn Jerry ihn gerade zur Weißglut gebracht hat.
Erst nach dem Film in den Credits habe ich überhaupt gelesen, dass Sean Penn mitwirkte. Wie sich nach kurzer Recherche herausstellte, hat ER den Officer gespielt, absoluter Wahnsinn, dass ich ihn als langjähriger Fan nichtmal erkannt hatte.
Auch andere Schauspieler agieren, als sei es ein reines Improvisiationstheater.
Und Theater ist auch genau das Stichwort: Diese übertriebenen Mimiken passen durchaus zu Theaterstücken, bei denen auch weit entfernt sitzende Zuschauer etwas erkennen sollen. Wurden die Schauspieler angewiesen, genauso zu agieren, obwohl die Kamera sie gerade als Close-Up aufnimmt?
Insbesondere bei Sean Penn musste ich die ganze Zeit daran denken, dass er eher in ein schlechtes Remake von Police Academy passen würde.
Hier aber sollte er den Ehrfurcht gebietenden, knallharten Terrier darstellen, der nicht locker lässt, bis er seine Beute zerfetzt hat.
Im Gegenteil aber fragt man sich, wie es selbst seine Untergebenen schaffen, nicht in permanentes Lachen auszubrechen.
Diese Militärprofis bieten auch ein solches in-your-face-Schauspiel, so wird in aufdringlichster Art und Weise ein Kippen deren Waffen beim Durchsuchen von Gebäuden in Situationen gezeigt, in denen es unmöglich einem Zweck dienen kann.
Dazu wird zigmal von Rechtshänder- zu Linkshändergriff gewechselt. Mag sein, dass das mal gemacht wird, wenn man irgendwo in statischer Deckung ist und leider zur falschen Seite schießen muss, aber beim Durchsuchen einer Wohnung, wo man jederzeit zur anderen Seite des Türrahmens springen kann, ist das so unrealistisch wie nur was – wer häufig Bodycamvideos schaut, wird sowas selten gesehen haben.
Ganz merkwürdig auch, dass, sobald mal die Kugeln fliegen, fast alles im Off passiert. Selbst, wenn es plottechnisch von ganz entscheidender Bedeutung wäre - nüschte.
Der technische Teil – Eine Folter für die Sinne
Kamera:
75% des Filmes sind mit wackeliger Handkamera gedreht, sei es bei Actionszenen oder bei simplen Dialogen.
Ich dachte, diese Unart gebe es in diesem Ausmaß nur im Fernsehen, leider weit gefehlt.
Bei der Hälfte der verbleibenden 25%, in denen die Kamera nicht rumwackelt, ist die Bildkomposition so schlecht, dass man meinen könnte, irgendein Praktikant sei immer kurz an das Stativ gestoßen und niemand hat’s bemerkt.
Da ragen Gegenstände völlig unmotiviert ins Bild oder Köpfe sind bei Profilaufnahmen auf der falschen Seite des Bildausschnittes relativ zu ihrer Blickrichtung. Garniert dann noch durch Köpfe oder Körper, die bei Dialogen von hinten zu sehen sind, die bis über das Bild hinausragen, einfach nur schwarz sind und damit das halbe Bild absaufen lassen.
Selbst gegen Ende, wenn mal ein Bild trotz des schmalen Bildformates halbwegs symmetrisch horizontal aufgeteilt ist, stimmen die Helligkeitsverteilungen überhaupt nicht – da sitzen auf einer Seite nur Leute mit dunkler Kleidung, auf der anderen nur welche mit Hellerer, was das Bild wieder in eine Richtung kippen lässt. Und nein, das hat keinerlei Metabedeutung; die Figuren sind inhaltlich alle gleichberechtigte Statisten, da gibt es keine tiefere Message, sondern es ist einfach nur miserables Handwerk.
Wer sich mal auch nur einen Nachmittag ernsthafter mit Fotografie und Bildaufteilung beschäftigt hat, wird diese Fehler selber niemals machen, absolutes Einmaleins.
Musik:
Etwa der gesamte Mittelteil wird begleitet von irritierenden, chaotischen Tönen unterschiedlicher Instrumente. Klavierklimpern, als würde eine Katze über die Tasten mal latschen, mal Schrittchen für Schrittchen, dann wieder wild umherhüpfend. Ein reines Chaos, vermutlich um den Zuschauer zu verwirren, nicht zur Ruhe kommen zu lassen.
Ärgerlich aber, wenn das, vollkommen losgelöst von dem, was gerade passiert, einfach für 30 Minuten am Stück läuft und gefühlt, sobald es einem erstmal aufgefallen ist, noch immer lauter und penetranter zu werden scheint.
Abschlussgedanken
War das Ganze vielleicht in großen Teilen als Hommage an The Big Lebowski gedacht?
Der Protagonist als dauerbekifft und später mit so etwas wie einem Bademantel und Sonnenbrille bekleidet deutet darauf hin, ebenso wie manche absurden Dialoge und eben das merkwürdige Overacting vieler Figuren.
Kleiner Unterschied allerdings: Beim Werk der Coens wirkt Overacting nicht wie Solches, sondern es passt zu den Charakteren, wirkt nicht aufgesetzt, nicht gespielt.
Die Kameraführung und -Komposition der Coens, egal ob mit Barry Sonnenfeld oder Roger Deakins, ist in fast allen Filmen würdig für komplettes Auseinandernehmen in Filmhochschulen und ganz große Kunst – handwerklich wie im Kontext der Geschichte. Im totalen Kontrast allerdings zu dem, was uns Anderson hier präsentiert.
Hier mal ein paar Basics kurz und knapp:
Kurzum:
Ein filmisch wie schauspielerisch absolutes Desaster, storytechnisch beschämend und überlang für eine Geschichte, die auf einen Bierdeckel passt.
Kein Fest für die Sinne.