Eine Maschine, die durch hochfrequente Schwingungen im Stande ist, dingfeste Materie zu schaffen - ein uralter Menschheitstraum - bei Star Trek schon präsentiert als Holodeck oder Replikator. Technisch zwar hoch-komplex, aber sicher nicht unmöglich. Der Trailer ließ hohe Erwartungen sprießen, jagte er dem Zuschauer ein Stück weit den kalten Schauer über den Rücken bei der Vorstellung wie eine KI aus einem virtuellen Raum in unsere Wirklichkeit eindringt und diese übermächtig übernimmt - mit einem Destructor, der durch die Grosstadt schwebt. Die Bildeffekte sind hochwertig, der Soundtrack mit seinen stampfigen Tönen tron-typisch atmosphärisch, auch die Neon-Leuchteffekte klassisch. Leider gelingt der Brückenschlag in die 90er nicht, als noch der Encom Grid-Programmierer Kevin Flynn (Jeff Bridges) im Mittelpunkt stand. Dieser hat zwar ein Art Gastauftritt, das alte Arcadespielhaus, seine Portraits und Zeitungsartikel über ihn erscheinen - doch nur um etwas Nostalgie zu versprühen und die Fans zu befriedigen. Wirklich relevant oder notwendig ist er im Ares-Plot nicht mehr. Evan Peters miemt gekonnt den Bösewicht Dillinger Jr., der seine Technologie aus dem 3D-Drucker Militär zaubern zu können, gewinnbringend vermarkten will. Das wichtigste Programm seines Grids genannt Ares, wird abtrünnig, boykottiert seinen Master und meutert. Warum dieser plötzlich Moral und das Verlangen nach Unabhängigkeit entwickelt, bleibt unbeantwortet. Auf der Lichtseite steht Encom, welches von zwei asiatischen Damen sowie einigen Nebendarstellern repräsentiert wird. Gillian "Scully" Anderson hat nur eine Handvoll Dialoge und eine verzichtbare Rolle. Der Film ist audio-visuell sowie schauspielerisch weitgehend tadellos, jedoch hat die Story unfassbar wenig zu bieten. Positiv empfinde ich die Reduzierung der Kampf- und Killszenen, beinahe jeder Film heutzutage ist mit sinnfreiem Gemetzel und Scharmützeln überladen. Unverzeihlich hingegen ist die holprig, bis unlogisch, seicht gestrickte Story. Es gibt kaum Schocks, Überraschungen oder Spannung. Imposant tritt Tron:Ares auf, aber geliefert wird wenig Substanz. Witz und Humor gibt es keinen - alles bier-ernst. Die Dialoge sind teils völlig bescheuert: So unterhält sich doch kein Kriegs- und Wächterprogramm über Musik, Gefühle oder den Job. Das Programm Athena wird von Jodie Turner-Smith verkörpert - welche ich als Fehlbesetzung empfinde - zu peinlich, eine Afro-Darstellerin mit starrem Blick, kurz-geschorenem, grau gefärbtem Haar und Liedschatten - es fehlte nur die rote Clownsnase. Eingearbeitet, aber zu kurz kamen die philosphischen Botschaften. Was ist der Mensch? Definiert er sich selbst oder wird er wie ein Programm fremd bestimmt? Folgen wir nur unserer Programmierung? Wie frei sind wir? Wagen wir uns gegen Vorgaben, Regeln, Befehle, alte gewohnte Muster usw. aufzulehnen und neue Wege zu gehen? Hier hätte der Film für meinen Geschmack noch viel deutlichere Akzente setzen können, um den Zuschauer zum Nachdenken anzuregen. Das Verwirrspiel um die Identitätssuche und Selbstfindung des Menschen geht im KI-Zeitalter in die entscheidende Runde. Etwas nicht beseeltes, künstlich geschaffenes - kann Gefühle simulieren, aber niemals echte haben oder eine Anbindung an die mystische Urquelle. In Filmen und Serien wird leider immer wieder gezeigt, wie Menschen in Teile zerlegt und wieder zusammengesetzt werden können (Beamen, Grid-Übertragung etc.) - etwas Derartiges ist aufgrund der wahren menschlichen Natur nicht möglich - kein Mensch kann auf einen Computer übertragen und dort gespeichert werden - Gott sei Dank bleibt das so.
Fazit: Es gibt viel zu sehen und zu hören, aber wenig Staunen, Inspiration oder Mitfiebern. Macht auf dicke Hose, aber enthüllt kommt leider nicht viel zum Vorschein. Passabel, aber keineswegs herausragend oder außergewöhnlich. Der Film reißt einen leider nicht vom Hocker und bleibt weit hinter seinen angeteaserten Werbeversprechen zurück. (4/10)