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Nach „Im Westen Nichts Neues“ und „Konklave“ sind die Erwartungen an den gebürtigen Wolfsburger Regisseur Edward Berger entsprechend hoch. Doch sein Glücksspieldrama entpuppt sich im Endergebnis wie das Sinnbild eines Casinos: Mehr Schein als Sein.

Macau, China: Lord Doyle (Colin Farrell) geht in der Glücksspielmetropole in den Hotels und Casinos ein und aus. Doch seit geraumer Zeit hat er eine Pechsträhne, hohe Schulden und zu allem Überfluss ist ihm neuerdings eine Privatermittlerin (Tilda Swinton) auf den Versen. Im Spiel gegen die Zeit muss eine neue Glückssträhne her…

Man kann sich von den einnehmenden Neonfarben Macaus durchaus blenden lassen, doch mit einem Blick auf den Protagonisten wird ebenso schnell klar: Wer hier tiefer eintaucht, hat bereits verloren. Doyle, der zunächst ein wenig aus seiner eigenen Perspektive berichtet, entpuppt sich alsbald als Lebemann und Hochstapler, gefangen in einem Sog, der ihn momentan unweigerlich ins Bodenlose zieht. Da hilft auch die flüchtige Bekanntschaft mit der Kreditvermittlerin Dao Ming (Fala Chen) nur bedingt.

Der Stoff ist klar auf die Hauptfigur und seine Umgebung abgestimmt, auf Oberflächenreize und genauso oberflächliches Verhalten, weshalb der Zugang zu Doyle nicht unbedingt erleichtert wird. Der Typ gerät regelmäßig ins Schwitzen, benutzt genauso häufig seine gelben Glücksbringerhandschuhe beim Spielen und fällt hin und wieder einem Gelage in seiner Suite anheim. Etwas intimer wird es erst, als er bei Dao Ming kurz durchatmen kann, doch als dies etwa im Mittelteil geschieht, ist das Interesse am Geschehen bereits abgeflacht.

Dabei gibt es mit der überzeichneten Figur von Swinton durchaus Punkte seichten Humors, auf der anderen Seite streift man kurz Mysterien chinesischer Folklore, die aber im Verlauf nahezu keine Rolle mehr spielen. Obgleich der Trip zunehmend in Gefilde eines Fiebertraums abdriftet und man deutliche Parallelen zu „Leaving Las Vegas“ ausmachen kann, steuert die Geschichte kaum auf eine griffige Pointe hinaus und man sollte erst recht keinen doppelten Boden oder gar einen Twist erwarten.

Dies bestätigt der finale Part in mehreren Belangen, der trotz einer tragischen Komponente in seiner Wirkung verpufft. Farrell, der bisweilen die Grenze des Overactings streift und der galoppierende Score von Volker Bertelmann können nicht kaschieren, dass unzureichend Substanz und Spannung gegeben sind, um 101 Minuten in Neonfarben ansprechend genug zu gestalten.
4,5 von 10
  

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