Review

Sonderzug ohne Manko

In Netflix' womöglich nächstem Oscargewinner „Train Dreams“ folgen wir einem Holzfäller und Eisenbahnarbeiter in einem sich schnell wandelnden Amerika zu Beginn des 20. Jahrhunderts - und seiner eindringlichen, intimen und unfassbar schön gefilmten Reise zwischen Schienen, Verlust und dem schmerzhaften sowie heilenden Vergehen der Zeit… 

Nicht nach Fahrplan

Poetisch, lyrisch, wunderhübsch. Und (der ohnehin fast immer sehenswerte!) Edgerton in seinem bisher besten Karrieremoment. „Train Dreams“ is a sight to behold, wie die englischsprachigen Kollegen sagen würden. Und das auf Netflix. Auch da geht großes, klassisches Kino. Obwohl ich solche prachtvollen Bilder selbstredend gerne auf der Leinwand gesehen hätte. Aber Topfilm bleibt Topfilm, egal ob in IMAX oder auf dem Handy. Und nichts Geringeres ist diese cineastische Lebensreise. Weise und intuitiv. Zutiefst amerikanisch, aber auch universell as heck. Eine grandiose Literaturverfilmung voller Kinomagie. Mächtig und erhaben. Männlichkeit mystifiziert und entmystifiziert in einem Rutsch. Natürlich und künstlerisch wertvoll ohne Ende. Bilder wie von einem anderen Stern. Ein wirklich berührender, tragender und episch-sensibler Score. Der Anti-„Forrest Gump“?! Tragisch, traurig, toll. Überragend wie eine Nordmanntanne. Und teils echt überwältigend. Gerade für Väter. Wie ein Kinogedicht. Wie eine Ansage von Netflix. Wie eine Dampflock, die sich durch meinen Körper bahnt und qualmt und schiebt. Brütend, brodelnd, berauschend. Tropfen für Tropfen. Sägespan für Sägespan. Träne für Träne. Verlorener Traum für verlorener Traum. Verbindung für Verbindung. Unaufhaltsam fortschreitend und doch zeitlos elegant. Besänftigend. Beruhigend. Brutal gut. 

Schallende Schienen

Fazit: Der kurzweiligste „Arthouse“-Film des Jahres? Der beste Netflixfilm des Jahres? Einer der besten „Roadmovies“ (des Schicksals) aller Zeiten? Gutes Double Feature mit „The Brutalist“? Joa, könnte alles hinkommen. „Train Dreams“ ist in jedem Fall des Cineasten feuchtes Träumchen - und hat mich tief berührt, fast schon verändert!  

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