Hawkeys New Phonemare
Eigentlich war „The Black Phone“ eine wirklich schöne runde Sache. Spannend, kompakt, knackig. Abgeschlossen. Trotz „Ich spreche mit den Toten“-Aspekt relativ bodenständig und dreckig. Aber im Horror-/Thriller-/Slashergenre bleibt bekanntlich nichts und niemand tot - zumindest wenn das Box Office auffällig positiv stimmt! Und hier passte die filmische Qualität ja zusätzlich obendrauf. Deshalb kommt nun vier Jahre später pünktlich zu Halloween „Black Phone 2“ vom nahezu deckungsgleichen Team des Originals. Und das musste sich anstrengen, strecken und auf den Hosenboden des Drehbuchs setzen, damit Ethan Hawke als „Grabber“ bzw. „Greifer“ auch nach seinem eindeutigen Schicksal hier weiter kleine Jungs belästigen, kidnappen und umbringen kann… Aber der Tod konnte echten Psychopathen dauerhaft ja noch nie etwas, nicht wahr, Herr Krueger?!
Heisskalte Grüße von der and'ren Seite
Um den Gedanken von oben zum Antagonisten und Plot allgemein nochmal aufzugreifen: Eine solche Situation macht mich immer gleichzeitig neugierig wie skeptisch. Selbst wenn durchaus eine übernatürliche Materie oder zumindest Ansätze vorliegen wie hier. Und ich muss sagen, dass „The Black Phone 2“ das ziemlich stark ummünzt, diese eventuelle „Not“ sogar zu seiner größten Tugend macht. Und ich spreche natürlich von Ethan Hawke, der hier zu nicht weniger als seinem eigenen inneren Freddy Krueger ansetzt. Und das furios macht! Habe ich beim ersten Teil noch kaum Angst vor ihm gehabt und das für mich ganz persönlich als einen der größeren Mängel des Originals abgespeichert, geht es und er in „Black Phone 2“ schon ganz anders zur Sache. Viel dämonischer, viel ungehemmter, viel unmenschlicher. Selbst wenn man diesmal fast nie sein menschliches Antlitz sieht. Oder vielleicht ja gerade deswegen. Aber „Black Phone 2“ hat noch weitere zielsichere Pfeile im Horrorköcher. Sein winterliches Campsetting hat mich sofort gekriegt. Die jugendlichen Darsteller nerven nur selten und haben sich im Vergleich zum Vorgänger deutlich weiterentwickelt und gesteigert. Die 80er als Epoche mag ich persönlich lieber als die 70er. Es gibt etliche Szenen, Momente, Ideen bei denen jeder sofort an „Nightmare on Elm Street“ denken wird, ohne dass „Black Phone 2“ zu einem Derivat dessen oder seines Vorgängers wird. Der surrealere und genreaffinere Winkel steht dem Sequel vortrefflich. Hawke hat wie gesagt endlich die benötigte Präsenz und Boshaftigkeit. Es gibt am Ende des ersten Drittels eine ganz, ganz feine Version von „Another Brick In The Wall“. Und Derricksons (spätestens seit „Sinister“) berühmt-berüchtigten grobkörnigeren Einschübe nutzt er hier nahezu perfekt für die Traumebene. Alles sehr creepy, das „Kindermörderthema“ bleibt unangenehm, alles atmosphärisch höllisch dicht, audiovisuell versiert und durchdacht, nie gehetzt oder sich aktuellen Trends (z.B. zu vieler Jumpscares) allzu sehr beugend. Derrickson war nie zuvor selbstbewusster. Hier kommt sehr viel von dem, was er bisher für sich entdeckt und allgemein gelernt hat, zusammen. Und deshalb ist „Black Phone 2“ einer der besten Horrorfilme der spooky Saison. Er ehrt die Klassiker (Freddy, Jason, „Shining“), entwickelt seinen Vorgänger mutig und wild weiter, macht neue Ebenen auf, einfach Spaß sowie Angst und bringt auf den Punkt wofür Scott Derrickson steht. Selbst wenn das Ding sich für mich sogar noch mehr in kreativen Alptraumangriffen hätte marinieren können und man sich mit etwas dick auftragenden Kitschdialogen gegen Ende ins Bein schießt. Aber das bleibt ein Streifschuss. „Black Phone 2“ ist insgesamt ein Erfolg und sehr gut. Wahrscheinlich sogar ein kleiner, direkter „Schneehorrorfilmklassiker“. Dermaßen griffig und effektiv muss man einen zweiten Teil eines so runden Thrillers erstmal hinbekommen. Das hat bei mir viele richtige Knöpfe gedrückt. Und das hätte ich so weder erwartet noch vor Kurzem gebraucht. Aber was weiß ich schon, was ich brauche…
Fazit: in nahezu allen Belangen (noch) besser und böser und bissiger als der Vorgänger. Eines der erfolgreicheren Horrorsequels seit Ewigkeiten. Fast näher an der Elm Street, dem Overlook und dem gefrorenen Crystal Lake als an seinem Vorgänger. Stylisch, stabil und stark. Ein Winterwondernightmareland!