Was kann James Cameron uns noch bieten, was wir noch nicht kennen?
Offenbar nichts vollständig neues mehr. Er hat uns den mechanischen Killer aus der Zukunft geschickt, Ridley Scotts "Alien" zu einem funktionierenden Franchise erweitert, die "Titanic" spektakulär und dramatisch sinken lassen und der Welt den Planeten Pandora präsentiert, auf dem er sich nunmehr seit über 15 Jahren aufhält und uns die teuerste, technisch innovativste und erfolgreichste Kino-Saga aller Zeiten präsentiert(e).
Natürlich ist alles was Cameron anpackt, perfekte Kinounterhaltung, da muss man glücklicherweise auch bei seinem neuen Film keine Abstriche machen. Es begeistern tolle Schauplätze, tiefe Emotionen und schicksalshafte Entscheidungen über 192 Minuten. Die Optik setzt gegenüber den beiden Vorgängern tatsächlich noch einen drauf und in 3D und HFR macht "Fire and Ash" die Mischung aus Effekten und realen Szenen (sofern man diese noch als solche erkennt) zu einem visuell atemberaubenden Erlebnis.
Lässt man die ganze technische und visuelle Mühe einmal außen vor und konzentriert sich nur auf das, was man an Handlung präsentiert bekommt, ist Teil 3 der Avatar-Saga leider wirklich das, was man erwartet: Eine Fortsetzung und zwar mit allen Konsequenzen.
Das, was Kritiker dem Erstling bereits 2009 vorgeworfen haben, nämlich die Geschichte von "Pocahontas" lediglich etwas aufgepeppt in eine Science-Fiction-Welt überführt zu haben, kann man in Teil 3 definitiv nicht mehr übersehen.
Bitte nicht falsch verstehen, Cameron hat sich mit jedem seiner neuen Filme klar zugunsten des technischen filmischen Fortschritts positioniert und das genau sieht, fühlt und hört man auch. Mit dieser Erwartung schaut sich "Fire and Ash" wie ein befristeter Aufenthalt im Wunderland - ebenso wie der Vorgänger. Der neue Teil kann sogar in Sachen Unterhaltung wieder mehr punkten, fehlen ihm doch die minimalen Durchhänger im Mittelteil, die "The Way of Water" noch hatte.
Über die immense Laufzeit (im Kino ohne Pause gesehen) war ich als Zuschauer immer voll dabei, es geht zu jedem Zeitpunkt mitreißend zu, die etablierten Charaktere erhalten ein schärferes Profil, die neuen erleiden das Schicksal einer Randfigur (auch das hat man bereits im Vorgänger gemerkt). Es gibt spektakuläre Action, mitreißende Verfolgungen, Flüge, Unterwasserjagden und Luftangriffe. Ein Wiedersehen mit so gut wie allen Figuren aus der bisherigen Saga lässt die Nostalgie nicht zu kurz kommen und bei Beginn des Abspanns hat man genau das bekommen, was man erwarten kann. Aber nicht mehr als das.
Kann man das tatsächlich noch erwarten?
Hat sich doch die Welt des Kinos in den vergangenen 10 Jahren mehr und rasanter denn je verändert, die Ideenlosigkeit der sich selbst konsolidierenden großen Player im Business ist beinahe schon akzeptierte Gewohnheit geworden, der Film endgültig in die Welt des reinen Konsumproduktes gerutscht.
Selbstverständlich macht der Gang ins Kino als Erlebnis noch Spaß, man erlebt etwas zusammen mit anderen, kann in Resonanz treten mit den Absichten der Filmemacher aber wenn das Produkt nur noch ein sich endlos selbst zitierendes Konglomerat wiederholter Ideen ist, bleibt leider etwas auf der Strecke: Die Phantasie.
Dieser ist man stets voll Spannung auf das Neue gefolgt, wollte sich anschauen und anhören, welche Ideen da neu zusammengesetzt und mit neuen kombiniert wurden.
Aber in einer Zeit, in der der Markt mit immer höheren Budgets arbeitet, die es nur auf einer ganz sicheren Bank schaffen, die Gewinnzone zu erreichen, bleiben Kreativität und Innovation immer häufiger auf der Strecke. Wir als Zuschauer sind daran leider nicht unschuldig. Lehnt man sich doch lieber in seiner filmischen Komfortzone zurück als sich auf etwas einzulassen, von dem man zunächst überzeugt werden muss.
Aus diesem Grund lobe ich mir persönlich Filmemacher, die ihren Visionen treu ergeben sind. Die sich Neues trauen, die dem Publikum ein visuelles, erzählerisches oder gar anderes Risiko zumuten wollen.
James Cameron war in meinen Augen immer ein solcher Filmemacher. Der Erfolg gab ihm Recht und die spektakulären Budgets hat er natürlich auch als Hollywoods "Goldjunge" erhalten, den finanzierenden Studios war der Name immer mehr ein Garant für garantierten Erfolg geworden.
Mit "Avatar" und seinen beiden Fortsetzungen hat Cameron bewiesen, dass das in ihn gesetzte Vertrauen sich ausgezahlt hat. Auch das von mir in ihn gesetzte Vertrauen hat er mit "Avatar: Fire and Ash" nicht enttäuscht. Man kann den Film als visuellen Höhepunkt seiner andauernden Reise in die Welt der technischen Innovationen betrachten, von mir aus auch als Abwandlung der "Pocahontas"-Geschichte, auf jeden Fall aber als ein mutiges Statement zu Stärke, Durchsetzungskraft, erzählerischer Konsequenz und totaler filmischer Brillianz. Dafür müssen nicht alle einzelnen Bereiche für sich überzeugen sondern ihr Zusammenspiel muss stimmen. Und das tut sie bei James Cameron immer und besonders in seinem 3. "Avatar".
Wenn die komplette Saga eines beweist, dann ist es, wie sich ein Volk (die Na'vi), ein Mann (James Cameron) und ein Publikum (die Kinogänger) gemeinsam verbünden, um der Welt zu zeigen, wofür Kino gemacht ist und wofür es sich lohnt, es zu unterstützen.
Fazit: Ein "Avatar" erreicht seine Ziele nicht durch erzählerische doppelte Böden oder verschachtelte Twists in der Handlung, er präsentiert dem Zuschauer neue und fantasievolle Welten, mitreißende Unterhaltung und spektakuläre Schauwerte. Wer genau dies erwartet, bekommt mit "Fire and Ash" einen Höhepunkt des Kinojahres 2025. Dramatisch, voller emotionaler Höhepunkte und audiovisueller Spitzenwerte. Die Innovation beschränkt sich auf die Technik aber das reicht aus, um Regisseur und Autor bei seiner Reise in die Zukunft des Kinos treu zu bleiben.
Ob es für "Avatar" erzählerisch weitergeht oder nicht, bleibt offen aber schon lange nicht mehr wurde ich nach der Vorführung in das Licht des Tages entlassen und war filmisch so sehr zufrieden gestellt. Es war und ist die Reise wert!