Der eigentlich auf erotische Vampirfilme spezialisierte französische Regisseur Jean Rollin hier mit seinem in Horrorkreisen wohl bekanntesten Werk namens… ähm, und das führt uns gleich zur ersten Schwierigkeit bzw. zum ersten Kuriosum. Der vorliegende Film ist nämlich unter dermaßen vielen Titel vertrieben worden, dass immer noch etwas Verwirrung herrscht. Der deutsche Titel FOLTERMÜHLE DER GEFANGENEN FRAUEN führt jedenfalls komplett in die Irre, so handelt der Film doch keineswegs von in einer Mühle gezüchtigten Frauen. Schon deutlich treffender ist da der Titel PESTIZIDE – STADT DER ZOMBIES, obwohl im Film eigentlich keine Zombies auftauchen, zumindest keine im konventionellen Sinne. Wohl am ärgsten über die Stränge und am Kern des Geschehens vorbei schlägt die Titelsetzung ZOMBIS GESCHÄNDETE FRAUEN und das aus folgenden Gründen: 1.) Es werden hier keine Frauen geschändet, 2.) es kommen keine Zombies vor, und 3.) What the Hack!? Zombi, nur mit „i“ geschrieben, nicht mit „ie“ wie eigentlich korrekt – Was soll denn das bitte!? Es kommt im ganzen Film auch niemand vor, der Zombi heißt, wie etwa ein „Dr. Zombi“ oder ein „Karl Heinz Zombi“ oder weiß der Geier, der diese obskure Schreibweise rechtfertigen würde. Laut diesem Titel geht’s doch um die „geschändeten Frauen“ eines gewissen „Herrn Zombie“ oder versteh’ ich da jetzt was falsch? Was in aller Welt hat also bloß die Übersetzer und Marketing-Strategen Anfang der 80er dazu veranlasst…, aber ich schweife vom Thema ab.
Die treffendste Titelsetzung findet man in GRAPES OF DEATH, was den Inhalt wohl am sinnigsten wiedergibt, welcher da wäre:
Zwei junge Frauen, Claudine und ihre Freundin, fahren mit dem Zug in die französische Pampa, um Urlaub zu machen. Bei einem Zwischenhalt steigt ein sich merkwürdig verhaltender Mann, der bald anfängt zu röcheln, aus der Backe zu eitern und die Mädels zu attackieren. Claudine gelingt die Flucht. Sie zieht die Notbremse und hastet in die karge Berglandschaft davon. Dort findet sie erst keine Hilfe, bis sie auf ein uriges Bauernanwesen stößt. Der ältere Herr, der dort mit seiner Tochter haust, scheint jedoch ebenso merkwürdig im Verhalten wie der Fremde im Zug. Auf ihrer weiteren Flucht durch die Berge (keine Ahnung ob es sich um die Pyrenäen, die Vogesen oder sonst ein Gestein handelt) begegnet Claudine immer mehr dieser seltsamen Gestalten. Sie wirken allesamt verwirrt, haben Eiterpusteln oder Ekzeme an Gesicht oder Händen und neigen zu gewaltsamen Übergriffen. Schließlich erreicht Claudine ein Bauerndorf. Die Rettung oder eine tödliche Falle?
Und Schuld hat mal wieder der böse Alkohol. Auslöser der Seuche, die unbescholtene Bürger in rasende Bestien verwandelt, ist nämlich ein Pestizid, das die Weinbauern dieser Region auf ihre Reben gesprüht und sich anschließend mit dem aus den Trauben gewonnenen Wein einverleibt haben. Die Moral von der Geschicht’ also: Obst vor dem Essen abwaschen! Könnte ja ein gefährlicher, wahnsinnig machender Erreger drauf sein…
Umweltgifte als Auslöser für Amok und Wahnsinn – mit dieser Thematik schlägt GRAPES OF DEATH (oh ja, den Titel mag ich am liebsten) zwar nicht in dieselbe, aber zumindest in eine sehr ähnliche Kerbe wie LEICHENHAUS DER LEBENDEN TOTEN, EIN KIND ZU TÖTEN oder Romeros CRAZIES und lässt sich somit in die Kategorie Öko-Horror einsortieren. Die mordenden Biester in GRAPES OF DEATH sind nämlich keine Zombies oder Mutanten, sondern einfach nur Menschen, die den Verstand verloren haben.
Der Handlungsverlauf von GRAPES gestaltet sich nicht sonderlich spannend. Claudine stolpert fortwährend durch die bergige Prärie, begegnet mal hier, mal dort ein paar Infizierten. Die Handlung besteht im Grunde also nur aus ihrer endlos scheinenden Bergtour. Gegen Ende trifft sie mitten im Nirgendwo auf eine Blinde, die stark an die Bleichäugige aus GEISTERSTADT DER ZOMBIES erinnert. Gemeinsam gelangen sie in ein ausgestorbenes Bergdorf, in dem eine Horde wild gewordener Weinsäufer haust. Kurz bevor es Claudine an den Kragen geht, tauchen zwei Kerle mit Schrotflinten auf, die die Irren niederballern, was ein bisschen an das Finale von NIGHT OF THE LIVING DEAD erinnert, aber sei’s drum.
In Punkto Gore tut sich zwar nicht sonderlich viel, wenn es kracht, dann aber gewaltig. Eine Tussi wird mit einer Mistgabel aufgespießt, es hagelt blutige Einschüsse, am meisten im Gedächtnis bleibt aber die Szene, in der ein Weib an eine Tür genagelt und dann mit einer Axt enthauptet wird. Sehr blutig und brutal diese Szene.
Die sonstigen FX kann man getrost als lächerlich abtun. Besonders die Abszesse der Wahnsinnigen sorgen für Lacher. Die Akteure sehen nämlich aus, als hätte man ihnen Haferbrei mit Senf ins Gesicht geschmiert. Die Betreffenden kratzen dann meist an ihren Furunkeln rum, dass diese platzen und sich der schleimige Eitersud über die Bildfläche ergießt. Das ist in der Tat recht eklig, sieht aber gleichzeitig ungemein komisch aus.
Die Schauspieler sind alle nicht sonderlich herausragend bis auf den blonden Erotikstar Brigitte Lahaie (NIGHT OF THE HAUNTED, I WIE IKARUS). Sie ist einfach eine Augenweide, mehr gibt’s da nicht zu sagen.
„Ich bin wie du, ich bin auch Bauer. Nur dass ich den Durchblick habe. Mit dem Atomkraftwerk auf der einen Seite und dem Truppenübungsplatz auf der anderen fühlst du dich gut, hä!?“
Ja, wie jetzt: Kaum spannend, miese FX und Handlung auch nicht so doll – und der Streifen ist dennoch eine Empfehlung? In der Tat. GRAPES OF DEATH zieht nämlich mit seiner lückenlos düsteren Atmosphäre in seinen Bann und lässt einen nicht mehr los. Der hypnotische Synthesizer- Soundtrack, der einem beinahe das Trommelfell wegömmelt, trägt sein Übriges dazu bei.
Bei manchen Filmen kann man irgendwie nicht sagen, warum man sie mag bzw. gut findet. Oft ist es, wie bei RÜCKKEHR DER ZOMBIES oder den „reitenden Leichen“, dieses schrullige, schmuddelige Flair, dieses Aroma, das eben nur alte Filme versprühen. So verhält es sich auch hier, obgleich man definitiv feststellen muss, dass Rollins Machwerk deutlich aus der Masse aller Eurotrash-Erzeugnisse herausragt.
Action / Spannung: (+)(+)(-)(-)(-)
Atmosphäre: (+)(+)(+)(+)(-)
Schmodder im Gesicht: (+)(+)(+)(+)(+)
„Aber wenn es wirklich an dem neuen Wein liegt…“
– „Ach, halt jetzt endlich die Klappe und trink was!
Fazit:
Die Eurotrash-Version von THE CRAZIES. Ebenso schrullig, wie sozialkritisch. Ebenso lächerlich, wie atmosphärisch. Klare Empfehlung.