Review

Trübe Trauben des trägen Terrors

Der Name von Jean Rollins wohl „normalstem“ Werk trügt mal wieder - weder Foltermühlen noch (wortwörtlich) gefangene Frauen wird man finden. Dafür gibt es infizierte Dörfler und den üblichen, trügerischen, rollin‘schen Schlafwandel. Nach einem Weinfest spielen die Bewohner eines französischen Bergdorfs verrückt und laufen Amok, mittendrin eine hübsche Besucherin, die von den pestizidischen Rotweinkillern mit Pizzahaut flüchtet und die „Nacht ihres Lebens“ durchschlürft... Auf Jean Rollin-Filme muss man sich einlassen. Ihre lyrische Langsamkeit ist nicht jedermanns Sache. Hab‘ ich verstanden. Aber, dass „The Grapes of Death“ fast durchgängig im Kino ausgelacht wurde, das kann ich nicht nachvollziehen. Jedem das seine, aber da erwartet man von den erfahrenen Bahnhofskinofans der 42nd Street in Düsseldorf mehr. Über Geschmack, lässt sich... ach, lassen wir das. Zurück zum Film, der ist nämlich sehr brauchbar.

„Die Foltermühle der gefangenen Frauen“ ist irgendwo zwischen Jorge Graus „Let The Corpses Lie“ und einem Softporno angesiedelt. Erotisch aufgeladen, nicht zuletzt dank einer Brigitte Lahaie, einer vollkommen Zehn. Doch auch in Sachen Grusel, Gore und „Gründen“ lässt sich Rollin hier nicht lumpen. Einige der siffenden Wunden sind wirklich gelungen, die Enthauptungsszene samt Fake-Kopf, der danach noch eine ganze Weile herumgetragen wird, ist ein Highlight und die kaum versteckte Message gegen Pestizide und Co. kann man nur gut heißen und ist aktueller denn je. Außerdem fängt Rollin das isolierte Dorfvolk und die ausgestoßene Aura der immer gern gefürchteten Landbevölkerung creepy ein. Um die ein oder andere Länge und, ja ich gebe es zu, unfreiwillige Komik, kommt man aus heutiger Sicht nicht herum, erst recht mit einer wieder mal lachhaften deutschen Synchro, doch insgesamt muss man das ernst nehmen und kann man das ernsthaft fein finden. Noch immer kein Mainstream, aber näher kam Rollin ihm nie.

Fazit: Jean Rollins zugänglichstes Werk?! Giftiger Rotwein, alptraumgleiche Atmosphäre, feine Frauen und eitrige Haut. Ökologischer Zombieschocker aus der französischen Provinz. Romantisch und rattenscharf. Träge aber toll!

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