Schwerverbrecher, coole Action, Riesengeballer, Mörder-Staraufgebot - reichlich Power für einen Popcorn-Actioner der schweren Geschütz-Art. Regie-Novize Simon West setzt hier die Augen und die Ohren unter Dauerfeuer mittels superschneller Schnitttechnik und rasantem Sound. Das rettet den Film aber nicht vor dem Ausverkauf an der Ideenfront, denn trotz oder gerade wegen der großen Namen wirkt die Story arg bemüht.
Der Reihe nach: erst mal wird ja unser Held Cameron Poe (ein Rollenname bestehend aus einem Actionregisseur und einem Dichter, wir ahnen schon, was folgt...) als harter Kampfspezialist wegen Totschlags eines besoffenen Arschlochs für sieben lange Jahre eingeknastet. Die juristische Grundlage ist an den Haaren herbeigezogen, das Urteil klischeehaft und durch Nicholas Cages erprobten Hundeblick muß man erst mal durchkommen.
Und nach sieben Jahren innigen Briefen ans nie gesehene Töchterlein und einer Frau, die tatsächlich auf ihn wartet (ja, sicher...), darf er dann auf Bewährung raus und wird mitten in den unlogischsten Gefangenentransport aller Zeiten gesteckt, wo die gefährlichsten Kriminellen der Welt alle unter einem Dächle sitzen (mit knappen vier Bewachern plus/minus einem, wie sinnig) und natürlich mittels genialem Plan den Ausbruch planen.
Es ist vom Zeitpunkt des Ausbruchs ständig was los in "Con Air". Die Verbrechervisagen erfreuen sich am genialen Plan oder sind kurz vor dem Abrasten, die Marshalls (ein wie immer knuffiger John Cusack und ein knurriger Klischee-Colm Meaney) hacken auf sich ein und Nickie-Boy bleibt heroisch an Bord, um "die Frau" und den (ja klar, der fehlte uns ja noch) insulinbedürftigen Zellennachbarn zu schützen.
Wer von nun an auf Action steht, ja der wird hier voll bedient. Es ist brutal, es ist heftig, es hat auch bisweilen das nötige Augenzwinkern (für das sorgt meistens Cusack) und da wir den Schauplatz in die Wüste verlegt haben, können wir auch jede Menge Bruch machen.
Mit einigermaßen vernünftigen Einfällen kann der Film aber nicht mehr dienen, die Logik und Realitätsnähe bleibt nunmehr ganz auf der Strecke, wenn die Nationalgarde wie die dümmsten Soldaten von Welt mitten in eine Falle laufen, die jeder Sechsjährige erkannt hätte und die heftigen Explosionen natürlich jeden ansengen, bis auf Cages ekelhaft ölige Langhaarfrisur.
Versöhnen tut dabei Malkovichs Cyrus, ein wahrhaft wunderbar fieser Part, gegen den sogar Ving Rhames Diamond Dog ein wenig an Profil verliert. Vollkommen unnötig, aber als Gag sehr nett Steve Buscemis Hannibal Lecter-Verschnitt Garland Green.
Natürlich gibt's dann die Einzelkämpfertour verdeckt und uns fliegen die Schrapnelle um die Ohren, nur den "echt betroffen"-Blick von Cage bekommen wir in keiner Szene weg.
Der Schluß schließlich ist schön lächerlich, wenn die Maschine auf dem Strip in Vegas landet und Poe dabei mitmacht, obwohl er damit vermutlich Dutzende von Menschen zum Tode verurteilt (die natürlich alle nicht sterben...zumindest sehen wir nichts davon...). Auch die Extra-Verfolgungsjagd am Schluß ist so dick aufgetragen, daß es bereits ermüdet, weil die Daueraction nicht enden will.
"Con Air" ist sicherlich heißer und aufregender als "The Rock", er ist jedoch auch dümmer und kann nicht halb so viel Atmosphäre, Hintergrund und Tiefe schaffen. Schadet nichts, wenn man sich dem Dauerfeuer hier aussetzt, aber satt machen tut der Film nicht, denn dafür ist er an sich schon zu hohl. (6/10)