Review
von Leimbacher-Mario
Die sechste Welle
Kurz bevor Peter Weir mit "Picnic At Hanging Rock" sein Meisterwerk geschaffen hat, ging er es ähnlich mysteriös und entschleunigt in "The Last Wave" an. Einem hypnotischen Genremix aus Kriminalfilm und Mysterygrusel, Endzeitdrama und Atmosphärebollwerk. Ein australischer Anwalt vertritt in einem mysteriösen Mordfall mehrere Aborigines, die in einer stürmischen Nacht einen der Ihren in einer Pfütze ertränkt haben sollen. Langsam verstrickt sich der weiße Anwalt in eine Welt von Träumen und Ahnungen, von Schwarz und Weiß, von Regen ohne Wolken, vielleicht dem Anfang vom Ende, da Australien von noch nie dagewesene Regenfällen (inklusive Hagel, Öl und Fröschen!) geplagt wird. Paul Thomas Anderson und Jeff Nichols lassen grüßen.
"The Last Wave" ist ein Gefühlsfilm, voller Langsamkeit und Fragezeichen, voller seltsamer Vibes und schauerlicher Umgewissheit. Zu sphärischen Klängen irgendwo zwischen Outback und U-Boot schafft Regisseur Weir einige Bildkompositionen und Gefühlslagen, für die eine schriftliche Beschreibung nie ausreichen kann. Kraftvolles Kino! Die Beziehung der weißen Besatzer zu den Ureinwohnern Australiens wird sehr interessant skizziert und der riesige Respekt vor deren Geschichte und Kultur wirkt nie aufgesetzt oder erzwungen. Die Eingeborenen liefern eindringliche Performances ab und stehen nicht weit hinter dem starken Richard Chamberlain. Gegen Ende verlor mich das wässrige Spiel der Schatten und Schamanen zwar minimal und manch ein Highlight hätte die oft vor sich hin plätschernde Geschichte noch brauchen können, doch insgesamt bleibt ein Kinoerlebnis, fast von spiritueller Schönheit und kostbarer Kraft. Land unter in Down Under.
Fazit: australisches Moodpiece voller Schwere und Vorahnung, Völkerverständigung und Apokalypse. Weir ist atmosphärisch kaum zu toppen! Phasenweise meisterhaft, phasenweise langatmig. Jeden Blick wert!