Aus heutiger Sicht, also der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts, sind Filme über korrupte Polizisten filmischer Alltag. Sei es, dass in DAS GESETZ DER EHRE ein paar Cops mit den schweren Jungs gute Geschäfte machen, oder dass in BLACK AND BLUE fast ein ganzes Revier Drogen vertickt, um nur zwei Beispiele zu nennen. 1958 war die (cineastische) Welt noch ein wenig anders gestrickt, da reichte es aus, illegale Buchmacher unter den Schutz einiger weniger(?) Polizisten zu stellen, um eine spannende Handlung zu generieren: In den Hinterhöfen Brooklyns halten die Buchmacher Hof, und wer seine Wettschulden nicht zahlen kann, muss damit rechnen, sein Leben zu verlieren. Und obwohl die Geschäfte quasi überall stattfinden, kann die Staatsanwaltschaft nicht einschreiten, da keine polizeilichen Ermittlungen stattfinden: Die Polizei selber beschützt die Buchmacher! Dem Oberstaatsanwalt Norris reicht es, und um das Problem zu umgehen, dass er nicht weiß, welchen Polizisten er trauen kann und welchen nicht, setzt er Neulinge direkt von der Polizeiakademie unter der Leitung von Sergeant Pete Harris ein, der nach dem Krieg nachrichtendienstliche Erfahrungen gesammelt hat, und darum für so einen Undercoverjob geradezu geeignet zu sein scheint. Harris macht sich an die Witwe des letzten Todesopfers ran und kann sich in Windeseile in den Wettbüros etablieren. Dadurch gerät er auch sehr schnell in die Schusslinie der Gangster, die alles andere als dumm sind, und darauf bauen, dass ihnen die Polizei helfen wird. So wird ein eigentlich nüchterner und übel zusammengeschlagener Harris im Revier auch mal eben als stockbesoffener Rowdy in die Zelle gesteckt und darf dort schmoren, während gleichzeitig andere Menschen ihm eigentlich nur helfen wollen, ihn durch ihre Zuneigung und ihre Hilfe aber erst so richtig in die Scheiße reiten.
ASPHALTGEIER ist rein prinzipiell erstmal ein 08/15-Krimi von der Stange, der seine Ausgangsbasis als trockenes Fernsehinterview platziert und gleichzeitig den Helden als gutbürgerlichen Familienmenschen präsentiert. Soweit nichts Aufregendes, aber die Stimmung schlägt schnell um. Dass der Freund des Helden den klassischen Freund-des-Helden-Tod erleidet ist auch noch gang und gäbe, aber alles was nach diesem Tod passiert, ist in Sachen Brutalität und Magenschwinger ein permanentes Auftrumpfen mit einigen unangenehmen Überraschungen für den Zuschauer. Das Showdown in einer Wäscherei, noiresk-stilecht mit viel eindrucksvollen Schatten und düster-eindringlicher Atmosphäre, packt den Betrachter ebenso bei den Eiern wie das Nicht-wirklich-Happy End. Auch scheint es, als ob der Pete Harris-Darsteller und All-American-Guy Darren McGavin, der sein Berufsleben zu großen Teilen in Fernsehserien zubrachte, im Lauf des Films immer verrohter wird, immer mehr zu dem wird, was er eigentlich bekämpfen wollte. Seine Methoden werden proportional zu seinem Hass brachialer, und sein Gesichtsausdruck ist am Ende der eines gehetzten Killers auf dem letzten Kreuzzug, zu dem er seine Mission ja letzten Endes auch gemacht hat. Inklusive aller Opfer die er dabei zu bringen hat.
Und dann ist da auch noch die Sache mit dem Hitchcock: Der hat bekanntlich mal die Definition des Begriffs Suspense erläutert: "Wenn eine versteckte Bombe unter einem Tisch, an dem mehrere Leute frühstücken, plötzlich explodiert, ist dies ein Schreck und unterhält 20 Sekunden lang; wenn der Zuschauer die Lunte jedoch lange brennen sieht und die Figuren nichts davon ahnen, ist dies Suspense und fesselt fünf oder zehn Minuten lang." ASPHALTGEIER gefällt sich vor allem im letzten Drittel darin, dem Zuschauer eine Bombe zu präsentieren, ihn aber genüsslich auf die Folter zu spannen bezüglich deren Explosion. Regisseur Paul Wendkos dehnt die Spannung bis zum Allerletzten und zeigt die Richtigkeit dieses Zitats, vor allem aber kann er damit eine unglaubliche Spannung erzeugen, die das düstere Showdown intensiv und mit einem wahren Knalleffekt einläutet.
Und so ergibt sich in der Summe dann doch ein kleiner und feiner Thriller der härteren Gangart, der mit den standardisierten Formeln geschickt spielt und letzten Endes genau weiß, wann diese Routinen über Bord zu werfen sind und die grobe Kelle auszupacken ist. Und damit viel mehr Spaß macht als man zu Beginn annimmt.