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Ángela (Ana Torrent) studiert in Madrid Kommunikationswissenschaft. Ihre abschließende Diplomarbeit soll von Gewalt in den Medien handeln. Ihr Betreuer Prof. Figueroa (Miguel Picazo) will ihr aus dem Archiv entsprechendes Material besorgen, doch beim Ansehen erleidet der Gute einen Herzinfakt. Aus Neugier lässt Ángela den Film mitgehen. Mit dem Student Chema (Fele Martinez) sieht sie sich den Snuff Film an. Dort wird eine ehemalige Studentin der Uni, welche vor zwei Jahren spurlos verschwand, grausam zu Tode geprügelt. Ángela und Chema stoßen bei ihren Ermittlungen auf den seltsamen Studenten Bosco (Eduardo Noriega). Ángela ist fest davon überzeugt, dass Bosco der Täter ist. Doch sie haben es mit einer ganzen Gruppe zu tun, auch der neue Prof. Castro (Xabier Elorriaga) scheint involviert. Chema und Ángela schweben bald in Lebensgefahr.

Es ist und bleibt völlig zu Recht ein heikles, sowie verbotenes Thema. In einem Snuff Film wird die Gewalt nicht nachgestellt, sondern sie ist echt. "Tesis" greift dieses Thema sehr realistisch auf und kann locker vor Joel Schumachers "8MM" bestehen. Das spanische Regietalent Alejandro Amenábar ist für diesen hochspannenden Thriller verantwortlich, dies ist gleichzeitig sein Regiedebüt. Er drehte fünf Jahre später mit Nicole Kidmann den Gruselfilm "The Others". Seitdem war leider nicht mehr viel von ihm zu hören, da er viel für das spanische Fernsehen drehte. Bei "Tesis" war er gleichzeitig Drehbuchautor.
Hier sieht man was wir Menschen für ein gewaltliebendes Volk sind, was uns nicht mal richtig bewusst ist. Gerade am Anfang, als sich ein Mann vor die U-Bahn wirft, ich denke Viele von uns würden versuchen einen Blick auf die blutigen Überreste zu erhaschen. Nicht mal richtig bewusst, aus reiner Neugier. Genau dieses brisante Thema macht "Tesis" so faszinierend und es ist so ziemlich der einzige Film, welcher sich auf realistischer Ebene damit befasst. Wenn in den spanischen Nachrichten Teile eines Snufffilms gezeigt werden und die Leute mit offenen Mündern vor der Glotze hocken, seien wir mal ehrlich, keiner von uns würde abschalten. Genauso geht es Ángela. Eigentlich findet sie Gewalt total abstoßend, doch auf irgendeine Weise auch faszinierend. Und Amenábar nimmt hier kein Blatt vor den Mund. Man sieht hier schon einige harte Einstellungen, die ein unangenehmes Gefühl in der Magengrube hervorrufen können. Nur finde ich, stehen die Täter zu schnell fest. Man erlebt nicht mehr sonderlich viele Überraschungen diesbezüglich, jedoch hat auch Ángelas Freund Chema noch ein paar Leichen im Keller. Trotz seiner hohen Laufzeit von knapp zwei Stunden, bleibt "Tesis" hochspannend nur ab und an ein wenig geschwätzig, aber nie uninteressant.
Zudem hat man wirklich gute Darsteller verpflichtet. Ana Torrent ist in Spanien eine Berühmtheit, doch ansonsten völlig unbekannt. Wirklich toll verkörpert sie die wissbegierige und immer natürliche Ángela, die einer Verschwörung auf die Spur kommt. Fele Martinez ist hingegen in seiner ersten Hauptrolle zu sehen und schlägt sich dafür hervorragend. Wirklich schon unheimlich gut ist Eduardo Noriega als Bosco.
Hinzu kommt die stets beklemmende und altmodische Kulisse Spaniens. Wir befinden uns hier nicht im auf Hochglanz polierten Amerika. Die Madrider Uni ist durchweg alt, erinnert teils ein wenig an Heidelberg. Viele dunkle Gänge, karges Licht, ein bisschen schmuddelig, einfach nostalgisch. Eine perfekte Kulisse, welche durch ihre Unheimlichkeit, viel zur Spannung beiträgt. Ein wenig mehr hätte man sich der Musikuntermalung widmen können, für den übrigens auch Amenábar zuständig war.

Ein sehr spannender und realistischer Beitrag zu einem Tabuthema. Die Story lässt gegen Ende ein wenig nach, auch ein paar Dialoge hätte man weg lassen können, doch das sind wirklich die einzigen richtigen Kritikpunkte. Auf jeden Fall ist "Tesis" vor "8MM" die wesentlich bessere Wahl. Auch wenn Spanien selten gute Beiträge liefern kann, hier muss man einfach mal einen Blick riskieren.

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